«Die Rechte von Opfern wurden mit Füssen getreten»
Ein deutscher Kardinal fordert die katholische Kirche auf, Zahlen zu Missbrauchsfällen zu veröffentlichen. Der Verwaltung macht er schwere Vorwürfe.

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, hat beim Anti-Missbrauchsgipfel im Vatikan mehr Transparenz und Offenheit der Kirche im Umgang mit Missbrauchsfällen gefordert. Dazu zähle die Veröffentlichung von Zahlen und Einzelheiten, sagte er in seiner Rede im Vatikan. Taten und deren Vertuschung fügten der Kirche Schaden zu.
«Der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen ist zu einem nicht geringen Teil auf den Machtmissbrauch im Bereich der Verwaltung zurückzuführen», sagte Marx. Die Verwaltung habe nicht dazu beigetragen, dass der Sendungsauftrag der Kirche erfüllt werde, sondern dass dieser «verdunkelt» und unmöglich gemacht wurde: Akten, die die furchtbaren Taten dokumentieren und Verantwortliche hätten nennen können, seien vernichtet oder gar nicht erst erstellt worden. «Die Rechte von Opfern wurden gleichsam mit Füssen getreten und sie der Willkür Einzelner ausgeliefert.» Dies seien alles Geschehnisse, die zutiefst dem widersprächen, wofür die Kirche stehen sollte, so Marx.
Geheimhaltung angeprangert
In seiner Rede stellte der Kardinal auch die Anwendung des «Päpstlichen Geheimnisses» bei kirchlichen Prozessen gegen Missbrauchstäter infrage. Damit sind strenge Geheimhaltungsnormen für bestimmte Rechts- und Verwaltungsvorgänge in der katholischen Kirche gemeint. Kritiker hatten diese Normen wiederholt als Ursache für Vertuschungen von Missbrauchsfällen benannt. Marx sagte, er sehe keine «zwingenden Gründe», warum diese Geheimhaltungsnormen bei der Verfolgung von Missbrauchs-Straftaten Anwendung finden sollten.
Thomas Sternberg, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, hatte von Marx im Vorfeld eine klare Botschaft gefordert. Weltweit müssten sich nun alle dem Problem Missbrauch stellen, sagte er der Passauer Neuen Presse. «Keine Bischofskonferenz kann sich da mehr herausstehlen.» Trotz der Bemühungen der Kirche sehe er noch Defizite, so Sternberg.
Entschädigungen für die Opfer
Zwar gebe es Bistümer, die sich um Aufarbeitung bemühten, doch dies sei nicht überall der Fall. «Es gibt verschiedene Ansätze, und es fehlt ein einheitliches Konzept für Aufarbeitung und Prävention.» Die Missbrauchskonferenz im Vatikan könne nur ein Anfang sein. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen, den Opfern müsse geholfen werden, auch durch Entschädigungen. «Und das weltweit», sagte Sternberg der Zeitung.
Seit Donnerstag tagen im Vatikan zahlreiche Kirchenvertreter aus aller Welt, um zu diskutieren, wie sie auf Missbrauchsfälle besser reagieren und sie verhindern können. Auch Papst Franziskus nimmt daran teil. Er will am Sonntag eine Rede halten.
sz.de/afp
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