«Die Prozeduren sind unzuverlässig und die Folgen schrecklich»
Nach der dritten Hinrichtung mit langem Todeskampf binnen weniger Monate wird in den USA wieder über Exekutionsmethoden diskutiert - und damit auch über die Todesstrafe.
Wie lange sollte eine Hinrichtung dauern - zehn Minuten oder können es auch Stunden sein? Nach dem fast zweistündigen Todeskampf des in Arizona wegen zweifachen Mordes hingerichteten Joseph Rudolph Wood ist in den USA die Diskussion über die Art, wie Todesurteile vollstreckt werden sollten, wieder entbrannt. Denn es war die dritte ungewöhnlich lange Exekution in diesem Jahr.
- Eine Hinrichtung in Ohio dauerte am 16. Januar 26 Minuten. Dennis McGuire keuchte und rang nach Luft ähnlich wie Wood am Mittwoch; beiden war eine Injektion mit den beiden Wirkstoffen Midazolam und Hydropmorphon verabreicht worden. Die Strafvollzugsbehörde liess die Hinrichtung untersuchen; das Ergebnis: McGuire habe weder gelitten noch Atemnot gehabt, nachdem ihm der Giftcocktail verabreicht worden sei.
- In Oklahoma wurde am 29. April die Hinrichtung von Clayton Lockett gestoppt, nachdem dieser auf die Injektion mit Krämpfen reagiert, die Zähne zusammengebissen und versucht hatte, aufzustehen. Ihm wurde ein neuer Cocktail aus drei Drogen verabreicht. Als die Exekution gestoppt wurde, war Lockett bereits nach Feststellung eines Arztes ohnmächtig. Die Strafvollzugsbehörde teilte mit, er sei schliesslich einem Herzinfarkt erlegen.
Das Oberste Gericht der USA hat es den einzelnen Staaten freigestellt, ob sie die Todesstrafe für schwere Verbrechen anwenden oder nicht. Konsens in den USA ist, dass eine Hinrichtung nicht zu einem grausamen Tod führen sollte. Nach den langen Todeskämpfen von Wood, McGuire und Lockett bringen Gegner der Todesstrafe genau dieses Argument vor.
«Wood sei auf gesetzmässige Art gestorben»
Die Gouverneurin von Arizona, Jan Brewer, ordnete eine vollständige Überprüfung der Hinrichtungsprozedur an - wegen des langen Todeskampfes von Wood. Sie glaube aber, dass Wood «auf gesetzmässige Art gestorben ist, und nach Berichten von Augenzeugen und Medizinern hat er nicht gelitten». Woods Opfer seien dagegen grausam und teuflisch umgebracht worden, fügte sie hinzu. Die Familie der Opfer sah das genauso.
Eine AP-Reporterin, die die Hinrichtung beobachtete, notierte, dass Wood kurz nach der Injektion nach Luft gerungen habe. Über 600 mal schnappte er eineinhalb Stunden lang nach Luft, hielt sie fest. Der Aufseher überprüfte Woods Zustand mehrmals. Der Direktor der Strafvollzugsbehörde, Charles Ryan, erklärte: «Während der Hinrichtung habe ich mit den Mitgliedern unseres IV-Teams konferiert und mir wurde eindeutig versichert, dass der Häftling in tiefer Bewusstlosigkeit war und nie Schmerz oder Leid empfand.»
Änderungen gefordert
Rechtswissenschaftler sehen das anders. «Die Prozeduren sind unzuverlässig und die Folgen schrecklich», sagt Megan McCracken, Professorin an der Klinik für Todesstrafe der Universität von Berkeley. Juraprofessorin Deborah Denno zufolge ist es jetzt wohl Aufgabe der Parlamente und der Öffentlichkeit, etwas zu ändern.
«Ich denke, jedes Mal, wenn diese Fehler passieren, stellt das die Todesstrafe noch mehr in Frage. Es wird an einen Punkt kommen, an dem die Öffentlichkeit den Nutzen dieser Hinrichtungsprozeduren grundsätzlich in Frage stellen wird, und vielleicht auch die Todesstrafe selbst.»
Europa liefert keine Substanzen mehr
Die US-Staaten, die die Todesstrafe anwenden, haben seit etwa einem Jahr Probleme mit der Beschaffung der Substanzen für die Giftcocktails der Todesspritzen. Europäische Pharmakonzerne haben aus Ablehnung der Todesstrafe die Lieferung der dafür verwendeten Mittel eingestellt.
So änderte beispielsweise Missouri den Giftcocktail, nachdem die dafür nötigen drei Medikamente nicht mehr zu beschaffen waren. 2012 wurde stattdessen der Einsatz von Propofol eingeführt, jenem Betäubungsmittel, an dem Popstar Michael Jackson 2009 nach einer Überdosis starb. Die EU drohte daraufhin mit Exportbeschränkungen für Propofol, sollte das Mittel für Hinrichtungen verwendet werden. Doch auch Krankenhäuser in den USA sind auf dieses gängige Anästhetikum angewiesen.
Seitdem rücken die Staatsbehörden nicht mehr Informationen darüber hinaus, woher die Substanzen für ihre Giftinjektionen stammen. Anwälte von Todeskandidaten haben seither immer wieder versucht, diese Informationen einzuklagen. Bislang erfolglos:Im Fall Wood gab zwar das 9.Bezirksberufungsgericht des Bundes der Forderung nach Transparenz nach, das Oberste Gericht in Washington schmetterte das Begehren aber letztinstanzlich ab.
AP/jge
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