Die Parkhäuser am falschen Ort
Astra-Direktor Jürg Röthlisberger beklagt am ersten Verkehrsforum des ACS im Bottminger Weiherschloss eine falsche räumliche Verteilung der Parkhäuser und fehlende Abflusskapazitäten von der Autobahn aufs untergeordnete Netz.

Die Verkehrsanliegen müssten von bürgerlicher Seite gebündelt und besser vertreten werden, vor allem gegenüber Rot-Grün, findet der Automobilclub Schweiz (ACS). Darum hat die Sektion beider Basel erlesene Beamte und Verkehrspolitiker im Weiherschloss Bottmingen zum ersten ACS-Verkehrsforum zusammengerufen. Das Ziel: Die Teilnehmer sollen mit Fakten ausgerüstet werden, um einen «Gegenpol zur Verkehrspolitik der Linken» bilden zu können, wie es ACS-beider-Basel-Präsident Andreas Dürr ausdrückte.
Im Zentrum des Anlasses stand Referent Jürg Röthlisberger, Direktor des Bundesamts für Strassen (Astra). Er schälte Widersinniges in der Verkehrspolitik heraus, das auch in unserer Region sichtbar wird.
Einseitige Betrachtungen
Röthlisberger wehrte sich zunächst gegen eine einseitige Betrachtung des motorisierten Individualverkehrs (MIV): Immer würde über dessen Kosten gesprochen, nie über den Nutzen und schon gar nicht über die Finanzierung. «In der Schweiz reden wir lieber über Einsprachen und Differenzen.» Leider würde der MIV negativ wahrgenommen werden, unter Beanspruchung von V-Wörtern: verhindern – vermeiden – verlagern. Das Astra arbeite hingegen zugunsten aller Verkehrsträger diskriminierungsfrei unter der Prämisse «ermöglichen, erreichen, erzielen», erklärte Röthlisberger.
Vor dem Hintergrund bekannter Zahlen – zur überlasteten Infrastruktur, zur Verdoppelung der Staustunden in den letzten Jahren – rief Röthlisberger den Nutzen von Autobahnen in Erinnerung. Sie transportieren 80 Prozent des regionalen MIV. Es sei der Verkehr, der sonst auf Kantons- oder Gemeindestrassen unterwegs wäre. Statistisch gesehen seien die Autobahnen die sichersten Strassen, und es gelte zu bemerken, dass die Zahl der Verkehrstoten von rund 1700 um das Jahr 1971 bis heute auf rund 200 frappant abgenommen habe, dies bei gleichzeitigem Verkehrswachstum.
Aber Autobahnen stossen indessen an ihre Leistungsgrenzen. Es gelte, sie auszubauen, aufzubohren und vor allem ihre Schnittstellen zu verbessern, sagte Röthlisberger. Der Astra-Direktor sprach den schlechten Verkehrsabfluss bei Autobahnausfahrten an und sprach von einer «organisierten roten Welle», welche zu Rückstau führe und verhindere, dass Menschen zeitnah zum Ziel kommen.
Gegen die Verbreiterung von Autobahnen, etwa die Umnutzung von Pannenstreifen, formiert sich allerdings Widerstand: Umnutzungen müssten aufgelegt werden und sämtliche Stationen durchlaufen, an denen Verbände Einsprache einlegen können, sagte Röthlisberger.
Unnötiger Suchverkehr
«Grottenschlecht» seien im Besondern die Standorte der Parkhäuser in Basel und anderen Städten. Diese seien falsch platziert. «Es ist so, als ob der Zug an einem Ort anhält, wo es gar keinen Bahnhof gibt. Der Autofahrer muss durch die halbe Stadt fahren, bevor er ein Parkhaus findet.»
Nicht abgeneigt zeigt sich Röthlisberger gegenüber Velobahnen, und er ermunterte die Region, solche für schnelle E-Bikes zu bauen. Man solle den Mut aufbringen, diese zu errichten, mit dem Risiko, dass sie nicht die Lösung der Verkehrsprobleme bedeuten und dass sie in den Wintermonaten in der Schweiz weniger benutzt würden. Generell erlebe das E-Bike einen Boom und mache dann Sinn, wenn Autofahrer zum Umsteigen gebracht werden können. Er warnte aber auch vor anderen Nebenwirkungen – etwa, wenn Schüler ihr Velo aus Bequemlichkeit gegen ein E-Bike tauschen würden.
Unter den Gästen befand sich auch der Basler Regierungsrat Hans-Peter Wessels (SP), der Röthlisbergers Referat selektiv rezipierte. «Ich nehme die Idee von Velobahnen gerne mit», erklärte Wessels. Zum Thema «organisierte Rotlichtwelle» und zur Schnittstellenanbindung der Autobahn an das untergeordnete Strassennetz äusserte er sich nicht. Aber er forderte den Astra-Chef dazu auf, «etwas zum Westring» zu sagen, den Wessels selber befürwortet.
ACS-Initiative erfolgreich
Wessels verabschiedete sich auch vorzeitig vom Anlass und verpasste den eigentlichen Primeur des Abends: dass die ACS-Initiative für tiefere Parkgebühren mit 3500 Unterschriften zustande gekommen ist. Es wird also zur Volksabstimmung kommen. Die Initiative verlangt, dass die Gebühren für die Nutzung von Parkplätzen auf öffentlichem Grund nicht erhöht werden dürfen. Die bereits eingeleitete Erhöhung muss rückgängig gemacht werden. Bei Annahme der Initiative würde die Stadt zudem dazu verpflichtet, die seit dem 1. Januar 2019 zu viel erhobenen Gebühren zurückzuerstatten.
Der neue Baselbieter Baudirektor Isaac Reber (Grüne) gab am Abend ein Bekenntnis für eine verbesserte Mobilität in der Agglomeration ab: «Ich möchte im Baselbiet Strassen bauen, ich möchte Tramgeleise und Velobahnen bauen.»
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