Aktion gegen Tierquälerei«Die meisten vernachlässigen ihre Tiere nicht aus bösem Willen»
Mit einem Flashmob auf der Mittleren Brücke macht die Stiftung Tierschutz beider Basel auf Tiere in Not aufmerksam. Tierquälerei passiere oft aus Unwissenheit, sagt die Geschäftsleiterin.
«Tierleid mindern», «Tieren in Not helfen», «Tierquälereien verhindern» – auf der Mittleren Brücke halten am Montag 120 Leute bunte Schilder in den Himmel und bringen etwas Farbe in den grauen, regnerischen Montag. Verantwortlich für die Aktion ist das Tierheim an der Birs. Es möchte mit dem Flashmob auf die Tierschutzmeldungen hinweisen, die jedes Jahr beim Tierheim gemeldet werden.
«Letztes Jahr sind 246 Tierschutzmeldungen bei uns eingegangen», sagt Béatrice Kirn, Geschäftsleiterin der Stiftung Tierschutz beider Basel TBB Schweiz. Hinter dem abstrakten Wort verbergen sich bewegende Schicksale. «Aufmerksame Menschen aus der Bevölkerung melden Hunde, die den ganzen Tag in einem Käfig in der Wohnung gehalten werden, Katzen, die verletzt sind und nicht behandelt werden, oder Kühe, die bei praller Hitze ohne Schatten auf einer Weide stehen», so Kirn.
Über die Anzahl der Meldungen ist auch eine der Teilnehmerinnen des Flashmobs erstaunt: «Ich war schockiert, als ich erfahren habe, wie viele Tiere letztes Jahr vom Tierheim aus prekären Situationen gerettet werden mussten, und finde es deshalb toll, dass das Tierheim mit dieser Aktion darauf aufmerksam machen möchte.»
Enge Zusammenarbeit mit Veterinärämtern
Wenn eine Tierschutzmeldung beim Tierheim eingeht, wird damit ein Prozess gestartet: Je nach Meldung nehmen die Tierschutzbeauftragten dann Kontakt mit dem zuständigen Veterinäramt in Basel-Stadt, Baselland, Solothurn oder im Aargau auf. Eine kurze Absprache ist nötig, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden.

In einem zweiten Schritt bilden sich Tierheim-Mitarbeiter eine eigene Meinung vor Ort. «Wenn wir zu den gemeldeten Tierhaltern nach Hause oder auf den Hof gehen, ist das eine riskante Situation, die viel Feingefühl erfordert», sagt Kirn. Denn falls tatsächlich ein Missstand vorliegt, bringt es nichts, den Tierhalter direkt damit zu konfrontieren.
«Wenn es sich zum Beispiel um einen Hofhund handelt, der von morgens bis abends an einer viel zu kurzen Kette angeleint ist, machen wir den Tierhalter auf die Bedürfnisse des Tieres und darauf, warum es durch die momentane Situation leidet, aufmerksam», so Kirn. «Die meisten vernachlässigen ihre Tiere nicht aus bösem Willen, sondern aus Unwissenheit.»
Dem Tierhalter werden dann Verbesserungsvorschläge nahegelegt, und es wird ihm eine Frist gesetzt, bis wann er die Massnahmen umzusetzen hat. Nach Ablauf der Frist folgt eine weitere Kontrolle der Mitarbeiter des Tierheims. Falls sich nichts geändert hat, wird das Veterinäramt eingeschaltet. Als Behörde ist es dazu befugt, die Tiere zu beschlagnahmen.
Gemäss Kirn gibt es natürlich auch Tierhalter, die von Anfang an aggressiv reagieren und nicht mit sich reden lassen. In einem solchen Fall wird das Veterinäramt sofort eingeschaltet.
179 Tiere im Tierheim
Im Jahr 2021 sind bisher 181 Tierschutzmeldungen im Tierheim eingegangen. Es klingt zwar widersprüchlich, aber mit der Aktion auf der Mittleren Brücke erhofft sich das Tierheim, dass in Zukunft noch mehr Meldungen dazukommen. «Viele Baslerinnen und Basler denken, dass bei uns in der Region alles in Ordnung ist und Tierschutz hier kein Problem darstellt», so Kirn. «Mit der Aktion möchten wir darauf aufmerksam machen, dass das Gegenteil der Fall ist, und die Bevölkerung dazu aufrufen, Augen und Ohren offen zu halten, um Tieren, denen es schlecht geht, eine Stimme zu geben.»
Der Beweis dafür, dass in der Region nicht alles in Ordnung ist, sind die 179 Tiere, die sich momentan im Tierheim befinden.
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