Die meisten Firmen wollen von Lohnungleichheit nichts wissen
Der Bund zieht Bilanz: Nur wenige Firmen nehmen bisher an der Untersuchung zu den Lohnunterschieden zwischen Männern und Frauen teil. Vielerorts ist man der Meinung, man handle bereits gerecht.

Seit zwei Jahren versuchen die Sozialpartner dem Verfassungsgrundsatz «gleicher Lohn für Frauen und Männer bei gleichwertiger Arbeit» mit dem sogenannten Lohngleichheitsdialog zum Durchbruch zu verhelfen. Die Zwischenbilanz ist jedoch ernüchternd.
Insgesamt zeigten sich bislang nur gerade 16 Unternehmen bereit, die Löhne ihrer Angestellten unter dem Blickwinkel der Gleichstellung von Frauen und Männern unter die Lupe zu nehmen, wie die Sozialpartner am Montag vor den Medien bekanntgaben. Ziel des im März 2009 vorgestellten Programms war es jedoch, jährlich in mindestens 20 Firmen diese freiwillige Überprüfung vorzunehmen.
Arbeitgeberdirektor Thomas Daum bezeichnete diese Zwischenbilanz als ernüchternd. Gründe dafür sieht er unter anderem im harzigen organisatorischen Start des Projekts. Dass viele Unternehmen ihre Löhne nicht untersuchen lassen wollten, habe aber auch damit zu tun, dass die Firmenchefs oft der Überzeugung seien, in ihren Firmen dem Gleichheitsgrundsatz bereits nachzuleben.
Nach wie vor Lohnunterschiede
«Es ist aber leider ein Fakt, dass zwischen Mann und Frau nach wie vor Lohnunterschiede bestehen, die in der Lohnstrukturerhebung seit längerem mit etwa 20 Prozent ausgewiesen werden», sagte Daum. Der Generalverdacht, dass Frauen bei den Löhnen diskriminiert würden, müsse nun ein für allemal beseitigt werden.
Denn für Daum ist klar: Ohne die Frauen geht es in der Schweizer Wirtschaft nicht. Die Frauen bildeten ein Arbeitskräftepotenzial, das angesichts der demografischen Entwicklung immer wichtiger werde, sagte er. Deshalb müsse den Frauen auch über den Lohn zu spüren gegeben werden, dass sie gebraucht würden und willkommen seien.
Bundesrätin Simonetta Sommaruga, die in der Lohngleichheit eine Chefaufgabe sieht, zeigte sich ebenfalls enttäuscht über die ungenügende Zwischenbilanz des Projekts. Der Dialog habe trotzdem eine Chance verdient.
Sommaruga will nicht mit Gesetzen drohen
In letzter Zeit hätten diverse Unternehmen Interesse gezeigt, sagte sie und gab ihrer Hoffnung Ausdruck, dass der Dialog nun so richtig in Fahrt kommt. Sie wolle deshalb zum jetzigen Zeitpunkt nicht über das mögliche Scheitern des Projekts reden und mit der Gesetzeskeule drohen, sagte sie.
Falls keine Fortschritte erzielt werden, müssen nach Ansicht von Paul Rechsteiner, dem Präsidenten des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes, ernsthaft gesetzliche Massnahmen ins Auge gefasst werden, um den seit 30 Jahren in der Verfassung verankerten Grundsatz durchzusetzen.
Ginge es nach den SP Frauen, braucht es beispielsweise eine Behörde, die die Lohngleichheit über Klagen durchsetzen kann. Sie fordern auch eine Verpflichtung zur Offenlegung der betriebsinternen Lohnstrukturen.
Da gesetzliche Massnahmen zur Durchsetzung der Lohngleichheit bislang im Parlament nicht mehrheitsfähig waren, setzen die Gewerkschaften aber weiterhin auf den Dialog. Dieser biete den Firmen die Möglichkeit, glaubwürdig und sichtbar zu zeigen, dass sie bei Frauen und Männern gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit praktizierten, sagte Rechsteiner.
Dialog vorläufig bis 2014 weiterführen
Mit den Arbeitgeberverbänden haben sich die Gewerkschaften darauf geeinigt, den Lohngleichheitsdialog vorläufig bis 2014 weiterzuführen. Sollten sich aber keine Fortschritte abzeichnen, könnte das Projekt früher abgebrochen werden.
Die Bilanz bei den sieben Firmen, die den Lohngleichheitsdialog bereits abgeschlossen haben - darunter die Post, die Swisscom und die zwei Basler Konzerne Novartis und Syngenta -, fiel positiv aus. Bei ihnen wurden nur vereinzelt Fälle von Ungleichbehandlung identifiziert. Der grösste Teil davon betraf zudem gerechtfertigte Lohnunterschiede.
Zurzeit läuft der Dialog in weiteren 9 Unternehmen – darunter McDonald's Schweiz, die SBB und die Bundesverwaltung. Bislang nicht vom Sinn des Dialogs überzeugt werden konnten die grossen Detailhändler sowie die Banken.
SDA/rub
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