Die Leiden des jungen Hausbichlers
Österreichs Männer fühlen sich von den etablierten Parteien zunehmend benachteiligt.

Österreichs Regierungsparteien haben einander satt. SPÖ und ÖVP wollen nicht mehr mit einander regieren. Sie quälen sich durch die letzten Wochen ihrer Koalition. Am 15. Oktober wählen die Österreicher ein neues Parlament. Es sind «vorzeitige Wahlen zum Nationalrat». Beide Parteien streiten seit Monaten miteinander, ohne politisch etwas voranzubringen. Sie frustrieren sich selbst und die Bürger.
Als Bündnis schon zerrissen und gedrängt von der Opposition, beschlossen SPÖ und ÖVP Mitte Mai, Neuwahlen auszurufen. Nun hoffen beide, dass sie gewinnen und nicht mehr miteinander arbeiten müssen.
Nationalratswahl im Überblick
Nach Umfragen führt die ÖVP mit ihrem Spitzenkandidaten Sebastian Kurz. Der 30-jährige Politiker ist (noch) amtierender Aussenminister und wird von den ÖVP-lern als «Wunderkind der Politik» gefeiert. Kurz ist Studien-Abbrecher und hat noch nie irgendetwas anderes als Politik gemacht. Das freilich mit Parolen, die bei vielen ankommen. So vertritt er eine restriktive Politik gegenüber Zuwanderern und erobert für die ÖVP neue Klientel bis hin zum rechten Rand des politischen Spektrums. Wirtschaftspolitisch hat er bisher noch kein Profil gewonnen.
Die SPÖ, die mit Christian Kern bisher den Kanzler stellt, rangiert laut Umfragen an zweiter Stelle. Sie wird hart bedrängt von der Freiheitlichen Partei, die strikt national orientiert ist und sich als «Kanzler-Macher-Partei» in Position bringt. Denkbar ist für sie sowohl ein Bündnis mit der ÖVP als auch mit der SPÖ. Eine Koalition zwischen ÖVP und FPÖ gab es schon einmal (von 2000 bis 2006). Die SPÖ tut sich mit der FPÖ allerdings schwer. Die sogenannten Freiheitlichen sind ihr zu rechtslastig. SPÖ-Spitzenkandidat Christian Kern und die Mehrheit seiner Partei würden eher eine Koalition mit den Grünen bevorzugen. Fraglich ist jedoch, ob die beiden Parteien dafür genügend Stimmen bekommen könnten.
Als Regierungs-Helfer könnten auch die NEOS auftreten. Wie die Grünen sind sie bereits im Parlament vertreten. Sie versuchen, sich als liberale, wirtschafts-orientierte Partei, als Alternative zu den Gross-Parteien ÖVP, FPÖ und SPÖ, darzustellen. Neben den Parlamentsparteien treten in diesem Jahr ebenfalls sechs sogenannte Kleinstparteien an. Eine dieser Kleinstparteien ist die Männerpartei. Besonders beliebt ist sie freilich nicht. In den Augen dieser monothematischen Partei sind die Etablierten – SPÖ, ÖVP, FPÖ, die Grünen und NEOS – vorwiegend «Frauenorientiert» und nehmen nicht die Themen auf, die Männer interessieren.
«Männer bekommen im Leben wesentlich schlechter Chancen als Frauen.» Davon ist der 46-Jährige Techniker Hannes Hausbichler überzeugt. Wenn es nach ihm ginge, müssten den Frauen endlich strikte Grenzen gesetzt werden. Sie würden zu viele Rechte beanspruchen und sich in der Gesellschaft Ungeheures herausnehmen.
Hausbichler ist seit fünf Jahren Bundesvorsitzender der Männerpartei Österreichs. Hier kämpft er fortlaufend für sein angeblich so unterdrücktes Geschlecht.
Die Männerpartei behauptet, sie strebe grundlegende politische und gesellschaftliche Reformen zum Wohl der Menschen an. Gegründet wurde sie 2008. Bei der Nationalratswahl 2013 kandierte die Männerpartei nur in Vorarlberg – wo sie 0.28 Prozent der Wahlstimmen gewann.
Hausbichler und seine Parteifreunde sind nicht allein: Immer mehr Männerrechtsaktivisten in Österreich halten die im Nationalrat vertretenen Parteien für «nicht wählbar», weil sie sich nicht angemessen für Männerrechte einsetzen. Dazu kommt eine radikalere, betont «maskulinistische» Strömung. Diese Antifeministen, wie auch Hausbichler, predigen, dass die Frauen bereits genug gefördert worden seien und im beruflichen Leben oft schon bevorzugt würden. Daher seien jetzt die Männer endlich mal dran.
Was sind das für Männer, die das Gefühl haben, von Frauen unterdrückt zu werden?
Männerfeindlicher Feminismus
Als ihre Zielgruppe nennt die Männerpartei Österreichs «Menschen mit Gerechtigkeitssinn», die sich gegen den «männerfeindlichen» Feminismus und Rechtsextremismus aussprechen. Beide Strömungen bedienten nämlich ein Freund-Feind-Schema und seien gleichermassen eine Gefahr für die Gesellschaft. Sie behauptet, sich für ein faires Miteinander einzusetzen und gibt an, bei männerspezifischen Benachteiligungen Betroffene zu unterstützen.
Was damit gemeint ist? «Die inakzeptablen Fortsetzungen von gesetzlichem Sexismus». Zum Beispiel: eine ungerechte Regelung von Scheidungen – zugunsten der Frauen. Laut Männerpartei lädt solches Fehlverhalten zum Missbrauch des gesamten Eherechts ein und verursacht Machtverschiebungen zugunsten der Unterhaltsberechtigten.
Trotz Angela Merkel, Theresa May oder Christine Lagarde – in Politik, Wirtschaft und in vielen gesellschaftlichen Bereichen nehmen Männer nach wie vor mit grosser Mehrheit Spitzenpositionen ein. Wie kann es sein, dass sie grundlegend benachteiligt sind? Benachteiligen sie sich etwa selbst? Weshalb sollten sie das tun? Was gibt es da für Männer zu jammern?
Genau dieser Reflex, über die «jammernden Männer» zu lachen, ist für Hausbichler aber ein Bestätigung, dass es für Männer in unsere Gesellschaft keinen natürlichen Schutzinstinkt so wie bei Frauen gebe. Damit beginnt für Hausbichler der Sexismus. Und dann kommt für ihn auch noch «der Feminismus». Dessen allgemeiner Tenor laute: «Frau gut, Mann schlecht!».
Ausserdem ist Hausbichler «der Überzeugung, dass es eigentlich immer nur zwischen unten und oben, nicht zwischen Frauen und Männern, ein Problem gab».
Hausbichlers Benachteiligungs-Liste ist lang: Väter werden im Sorgerechtsstreit von der Gesetzgebung benachteiligt, Männer müssen wegen eines höheren Rentenantrittsalters fünf Jahre länger arbeiten als Frauen, Knaben bekämen bei gleicher Leistung die schlechteren Schulnoten als Mädchen, Frauen müssen sich mit Männern noch immer nicht die Wehrpflicht und den Zivildienst teilen. Und das Ganze sei «nur ein Abriss» der Alltags-Probleme der Männer.
Auch «die scheiss Frauenquote», wonach Frauen «immer nur auf Grund ihres Geschlechts, nicht wegen einer tatsächlichen Qualifikationen angestellt werden», sollte abgeschafft werden. Daran, dass sie ein Mittel sein könnte, die Benachteiligung von Frauen einzudämmen, verschwendet die Männerpartei keinen Gedanken.
Damit hat Hausbichler für seine These der «täglichen Herabwürdigung von Männern» durchaus Beispiele, die nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen sind. Das Problem dabei bleibt: Seine womöglich testosterongesteuerte Tendenz zu übertreiben. Auch wenn er noch so oft betont, «Wir sind nicht gegen Frauen, sondern für Männer», ist das weibliche Geschlecht in seinen Augen an allen Übeln dieser Welt schuld.
Die Frauen haben Schuld
In einem Gespräch mit der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung erklärte Männerrechtler Arne Hoffmann dieses Phänomen. In der Biografie der «verbal aggressivsten Vertreter» der anti-feministischen Bewegung zeige sich «häufig eine Lebenssituation, die zu einer posttraumatischen Verbitterungsverstörung führen kann. Beispielsweise jahrelanger sexueller Missbrauch, eine besonders schmerzhaft verlaufene Scheidung, häusliche Gewalt oder das Unterschieben eines Kuckuckskindes.»
Hausbichler selbst ist geschieden. Ob die Scheidung für ihn eine traumatische Erfahrung war und ob sie dazu beigetragen hat, dass er der Partei beigetreten ist, darüber lässt er sich nicht aus.
Unter der in den letzten Jahren fortgeschrittenen Emanzipation der Frauen, das will er vermitteln, würden alle Männer leiden. Wahr ist: Sie können nicht mehr so selbstverständlich Vorrang und Vorherrschaft reklamieren. Diejenigen, die nicht besser qualifiziert sind als Frauen, die den Konkurrenzkampf aufnehmen, geraten immer stärker in Rücklage. Die Männerpartei trete jedenfalls nicht für Frauenrechte ein. Frauenparteien gebe es genug. Denn «jede Partei, die ein Frauenprogramm hat und kein Männerprogramm, ist de facto inhaltlich eine Frauenpartei». Und Feministen sind es sowieso.
In der Wahl im Oktober, so Hausbichler, soll es vor allem darum gehen, den Menschen die Ziele der Männerpartei näher zu bringen und damit ihren «Wohlstand zu sichern oder wenn möglich zu verbessern». Was die Männerpartei verlange, sei eigentlich ganz simpel: «Statt den hundert Dummheiten, die die anderen Partei propagieren, müsst man einfach die Menschen gleich behandeln». Oder kurz gesagt: «Weniger Blödsinn». Alles klar?
Für die Feministen zumindest ganz sicher nicht.
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