Die lange Reise der Bin Ladens
Osama Bin Ladens Gattin Amal berichtet erstmals detailliert über die jahrelange Flucht ihrer Familie. Für die Geburt ihrer Kinder hatte sie nur ein paar Stunden Zeit. Der Bericht wirft auch neue Fragen zur Rolle Pakistans auf.

Neun Jahre verbrachten Osama Bin Laden und seine Familie nach dem Anschlag vom 11. September 2001 auf der Flucht. Während dieser Zeit wechselten der damalige Al-Qaida-Chef und seine Frauen und Kinder fünfmal den Aufenthaltsort. Dies geht aus den Aussagen hervor, welche Bin Ladens jüngste Gattin gegenüber der pakistanischen Polizei machte.
In einem Bericht der pakistanischen Behörden, welcher der «New York Times» vorliegt, schildert Amal Ahmad Abdul Fateh in der bisher detailliertesten Darstellung das jahrelange Versteckspiel der Bin Ladens. Die 30-jährige Amal, die anderen beiden Ehefrauen des Terrorfürsten und zwei seiner Kinder befinden sich seit der US-Kommandoaktion im Mai 2011, bei welcher Bin Laden getötet wurde, in pakistanischer Haft.
Vier Kinder und mehrere Häuser
Amal heiratete Osama Bin Laden im Jahr 2000, laut eigener Aussage, weil sie «den Wunsch verspürte, einen Mujahed zum Mann zu haben». Das erste Jahr ihrer Ehe mit dem Al-Qaida-Chef verbrachte sie in der Nähe von Kandahar. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York brach für die Familie eine Zeit der Flucht an. Die Bin-Laden-Frauen zogen ohne Osama in die pakistanische Stadt Karachi. Während neun Monaten blieben sie in der Hafenmetropole und wechselten siebenmal ihre Unterkunft. Unterstützt wurden sie dabei stets durch Bin Ladens Sohn Saad und durch einheimische Familien.
2002 ging es weiter nach Peshawar, wo sich die Frauen wieder Osama anschlossen. Dieser führte seine Familie in die ländliche Gebirgsregion Swat. Dort lebten die Bin Ladens während rund neun Monaten in zwei verschiedenen Häusern. Danach zogen sie weiter nach Haripur, in der Nähe von Islamabad. Zwei Jahre lang lebte die Familie in einem Mietshaus. Amal brachte im Spital des Ortes zwei Kinder zur Welt. Für die Geburten verbrachte sie aber nur jeweils zwei bis drei Stunden und mit gefälschten Dokumenten in der Klinik.
Mitte 2005 zogen Osama, seine drei Frauen und die Kinder schliesslich nach Abbottabad. Dort brachte Amal erneut zwei Kinder zur Welt.
Fragen zu Pakistans Rolle
Laut «New York Times» wird der Bericht von Bin Ladens Witwe von der US-Regierung als glaubhaft eingestuft. Behördenvertreter sagten gegenüber der Zeitung, man könne noch nicht alle Details bestätigen, aber im Grossen und Ganzen passe der Ablauf der Reise in das Bild, welches man bisher von Bin Ladens Bewegungen hatte.
Dennoch wirft der Bericht offenbar neue Fragen zur Rolle Pakistans bei Osama Bin Ladens Flucht auf. Die durch pakistanische Polizisten verfasste schriftliche Version von Amals Äusserungen enthält verdächtig wenige Details zu Personen, welche den Bin Ladens beim Versteckspiel beistanden. Die Familie bereiste Pakistan der Länge und Breite nach, ohne ein einziges Mal den Verdacht des wegen seiner Effizienz gefürchteten Geheimdienstes zu wecken. Währenddessen wurde Pakistans Staatsoberhaupt und Bush-Alliierter Pervez Musharraf nicht müde, zu betonen, Bin Laden befinde sich jenseits der Grenze tief in Afghanistan.
Keine Auslieferung
Amal und die anderen beiden Witwen Bin Ladens befinden sich gegenwärtig in Islamabad unter Hausarrest. Die jüngste der drei war bisher auch die Einzige, welche sich gegenüber den Behörden kooperativ zeigte. Wie die Nachrichtenplattform CBS News berichtete, soll unter den Frauen starkes Misstrauen vorherrschen.
Kommenden Montag werden sie vermutlich wegen Verstössen gegen das Immigrationsgesetz angeklagt. Ihnen droht bis zu fünf Jahre Haft. Eine ursprüngliche Empfehlung der pakistanischen Polizei, die drei ihn ihre Heimatländer Saudiarabien und Jemen zu überführen, wurde von der Regierung demnach offenbar in den Wind geschlagen. Der pakistanische Analyst Riffat Hussain äusserte gegenüber der «New York Times» den Verdacht, dass der Geheimdienst seine Interessen daran haben könnte, die Frauen im Land zu behalten. «Man darf auch nicht vergessen, dass die USA erpicht darauf sind, den Zugang zu Osamas Witwen zu erhalten.»
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