Die «Kriegspornos» der US-Spezialeinheit
Eine aufwendige Recherche belastet die legendären Navy Seals schwer. Es geht um Folter und Unstimmigkeiten bei der Tötung Bin Ladens.
Sie gelten als die Härtesten, die Bösesten, die Besten: Die US Navy Seals. Die Elite-Einheit, deren Name ein Akronym aus den Wörtern Sea, Air und Land darstellt, wird für besonders brenzlige Missionen eingesetzt – unter anderem ist sie für die Tötung von Osama Bin Laden verantwortlich.
Jedoch kursierten immer wieder Gerüchte über wenig ehrenvolle Handlungen der Seals, denen nun die Journalisten der US-Website The Intercept nachgingen. Daraus entstand ein ausführliches Protokoll des Grauens, unter dem Titel: «Die Verbrechen des Seal Team 6».
Das «Hochzeitsfest-Massaker»
Der Anfang geht auf den 4. März 2002 zurück. Nachdem Navy Seal Neil Roberts von Al-Qaida-Kämpfern erschossen wurde, filmte eine Drohne, wie ein Mitglied der Terrorgruppe versuchte, Roberts mit einem Messer zu köpfen. Ein Video, das im US-Militär ein Trauma auslöste und die Seals dann selber zu Gräueltaten verleitet haben soll.
48 Stunden später sollte mittels der Operation «Objective Bull» Bin Laden geschnappt oder getötet werden. Ein Konvoi in den Bergen Afghanistans wurde bombardiert – es konnte nie nachgewiesen werden, dass die getöteten Personen tatsächlich «irgendwie im Zusammenhang mit al-Qaida standen», wie ein Sprecher der US-Regierung später der Welt erklären sollte. Ein ehemaliger Seal schätzte die Anzahl Toten auf 17 bis 20 ein, während das Weisse Haus von 14 Opfern sprach. Weil Afghanen offenbar auf dem Weg zu einer Hochzeit waren, wurde der Einsatz intern nur noch als «Hochzeitsfest-Massaker» betitelt.
In den kommenden Jahren kamen dann Videos in Mode, die ein ehemaliger Seal gegenüber dem Intercept als «Kriegsporno» betitelte. In den Kurzfilmen waren Feinde zu sehen, die gerade verbluten. Seit 2004 ebenfalls beliebt: «Canoeing – Kanufahren.» So wurde den Feinden bewusst in die Stirn geschossen, damit sich die Decke des Schädels spaltete.
Ausserdem hatten die Seals die Leichen der Taliban nicht nur mit Hackbeilen zerstückelt, sondern sie teilweise auch gehäutet und die Haut als Trophäen behalten. Die Führungskräfte hatten scheinbar von diesen Praktiken Kenntnis, liessen ihre Soldaten aber gewähren.
Streit um Bin Ladens Tötung
Ebenfalls genau dokumentiert ist in der Recherche des Intercept die Planung rund um den Zugriff auf Bin Laden im Jahr 2011. Bereits Tage vor der Operation sollen sich die beiden Soldaten Robert O'Neill und Matthew Bissonnette lautstark darum gestritten haben, wer den Terrorfürst töten darf. Offenbar hätten sich die beiden zuerst auf gemeinsame Buch- und Filmrechte geeinigt – dieser Deal zerbrach aber ebenfalls noch vor der Aktion. So veröffentlichten beide später unabhängig voneinander ein Manuskript.
Während des Gefechts mit den Taliban als Erster bei Bin Laden war dann aber ein Mitglied von O'Neills Team, im Bericht aus Diskretionsgründen nur «Red» genannt. Er schoss dem unbewaffneten und im Pyjama gekleideten Taliban-Chef in die Brust und schaffte anschliessend kreischende Frauen aus dem Schlafzimmer. Erst danach kam O'Neill – der gemäss der Recherche seine vereinbarte Position verliess, um bessere Chancen auf eine Tötung Bin Ladens zu haben – und wendete die Canoeing-Praxis bei Bin Laden an.
Die Auseinandersetzung von O'Neill und Bissonnette endete unrühmlich. Die beiden ehemaligen Soldaten sind im Hauptquartier des Seal Team 6 nicht mehr willkommen – ihr Name wurde in den Rock of Shame eingraviert.
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