90 Vorschläge für Basel-StadtDie Klima-Loki soll schneller fahren
Die Spezialkommission Klimaschutz fordert unter anderem, alle fossil betriebenen Heizungen bis 2035 abzustellen. An den Extremen gibt es Kritik.

Der Schlussbericht der Spezialkommission Klimaschutz des Grossen Rats von Basel-Stadt ist ein Kompromiss. Für die Klimastreikenden geht er wohl zu wenig weit: Eine Handvoll Aktivistinnen und Aktivisten machen vor dem Naturhistorischen Museum, wo der Bericht am Montagmorgen vorgestellt worden ist, mit einem Countdown auf ihr Anliegen aufmerksam – in 7 Jahren, 8 Monaten, 7 Tagen und 2 Stunden ist das CO₂-Budget für die Erreichung der Pariser Klimaziele aufgebraucht, wenn man so weitermacht wie bisher. Die Teilnehmenden der Kundgebung sagen, man wolle der Politik auf die Finger schauen und fordere Verbindlichkeit.

Im Museum, zuoberst im vierten Stock bei der symbolträchtigen Ausstellung «Erde am Limit», regt sich Widerstand auf der anderen Seite des politischen Spektrums: Die beiden SVP-Grossräte Beat K. Schaller und David Trachsel geben sich als jene zwei Kommissionsmitglieder zu erkennen, die den Bericht nicht mittragen. Die anderen elf Mitglieder sind dafür.
Sitzungsgelder: 100’000 Franken
Insgesamt 90 Vorschläge präsentiert die Klimakommission unter der Leitung von Grünen-Grossrätin Jo Vergeat (Präsidentin) und FDP-Ratskollege Luca Urgese (Vize). Dafür hat sie sich während der vergangenen 20 Monate 37-mal getroffen und sich auch mit Experten ausgetauscht. Die Sitzungsgelder belaufen sich auf rund 100’000 Franken. «Wir wollen der Klima-Loki Schub geben», sagt Vergeat. Damit es rasch vorwärtsgehen kann, habe man einen breiten Konsens angestrebt.
Wenn der Grosse Rat im Dezember den Bericht diskutieren wird, wird er auch über 13 Vorstösse befinden, die die Kommission ausgearbeitet hat. Mit ein Grund für die Gegenwehr der SVP ist eine Motion, die fordert, dass bis 2035 alle fossil betriebenen Heizungen ersetzt werden, wobei den Hauseigentümerschaften der Restwert entschädigt werden soll. Beat Schaller sagt, dass dadurch eine Antriebsform unnötig aufgegeben werde: «Wir sehen, dass zum Beispiel bei synthetischen Gasen grosse Fortschritte erzielt werden.» Nun würden aber innovative Technologien ausgebremst, während intakte Heizungen ausgebaut und funktionierende Gasleitungen verlottern würden.
Manipulation?
Weiter stört Schaller, dass die ohnehin schon stark regulierte Finanzbranche weiter «geknebelt» werden solle, dass Automobilisten vermehrt schikaniert und die Bevölkerung durch Nudging manipuliert werde. Nudging bedeutet, jemand auf subtile Weise zu einem gewünschten Verhalten zu bringen. Die Kommission will beispielsweise den IWB vorschlagen, «eine Art Smiley-System für geringeren Strom- und Wasserverbrauch auf der Energieabrechnung einzuführen, um energieeffizientes Verhalten zu bestärken».
Wie Schaller sagt, werde die SVP womöglich einzelne Vorschläge mittragen, zum Beispiel die Pilotprojekt-Klausel, die Entwicklern vereinfachen soll, ihre Lösungen in der Praxis zu erproben.
Zu sagen, dass bis auf die SVP alle Parteien geschlossen hinter den Klimaanstrengungen stünden, wäre zu wenig differenziert. Auch Kommissionsmitglied Thomas Müry von der LDP meldet Vorbehalte an: «Die Liberalen sind zurückhaltend, wenn es um Vorschriften geht.» Er zitiert ein Sprichwort, dem er während seines Aufenthalts in Argentinien begegnet ist: Sobald ein neues Gesetz gemacht ist, gibt es Wege, dieses zu umgehen. Im Fokus stünden für ihn deshalb Ansätze wie der Ausbau der Energieberatung für Unternehmen.
Mit dem Bericht ist die Zusammenarbeit in der Klimakommission beendet. Der Grosse Rat hat die Regierung Ende Oktober aber damit beauftragt, zu prüfen, ob ein Expertengremium im Sinne einer Taskforce für Klimabelange eingesetzt werden könne. Dieser Beirat hätte im Gegensatz zur parlamentarischen Spezialkommission kein Ablaufdatum, sondern würde sich wohl eher am Countdown der Klimastreikenden orientieren.
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