Die Hardliner streiften sich einen Panzer aus Charme über
Benjamin Netanyahu und Mahmud Abbas wollen sich künftig alle zwei Wochen zu Friedensgesprächen treffen. Doch wie ernst meinen sie es mit ihrem Kompromisswillen?
Freundlich im Ton, hart in der Sache: Feierliche Beschwörungen des Friedenswillens tönten durch den Sitzungssaal im State Department, als US-Aussenministerin Hillary Clinton den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zur neuen Nahost- Verhandlungsrunde empfing.
Sehr bald schon werden sich die Konfliktparteien an ihren Beteuerungen messen lassen müssen. Denn vor dem Washingtoner Treffen vom Donnerstag haben sie noch einmal ihre Positionen in den Streitfragen festgezurrt, an denen bislang jeder Friedensschluss scheiterte. Als Netanyahu und Abbas am Abend zuvor mit Gastgeber Barack Obama im Weissen Haus erstmals vor die Kameras traten, war nichts zu spüren von dem Misstrauen, das in den letzten 20 Monaten direkte Friedensverhandlungen verhindert hatte.
Die Hardliner streiften sich einen Panzer aus Charme über. Netanyahu erklärte seine Bereitschaft zu «historischen Kompromissen» und sagte an Abbas gewandt: «Präsident Abbas, Sie sind mein Friedenspartner.» Der Palästinenser versicherte, er werde «keine Mühen scheuen, um diesen Konflikt zu beenden». Obama resümierte, er sei «vorsichtig optimistisch, aber optimistisch».
Erster Erfolg: Zwei-Wochen-Rhythmus
Wie ernst es Netanyahu und Abbas mit ihren Bekundungen meinen, wird sich rasch erweisen, wenn die Kameras ausgeschaltet sind und die Verhandlungen in all ihren vertrackten Details beginnen. Erstes greifbares Ergebnis war die Vereinbarung, dass Netanyahu und Abbas künftig im Zwei-Wochen-Rhythmus zusammenkommen wollen.
Zeitweise tauschten sich die beiden beim Treffen in Washington vertraulich unter vier Augen aus - ohne Berater, Dolmetscher und Schriftführer.
Willen zum Frieden?
Skeptiker - von denen es unter Washingtons Nahost-Experten sehr viele gibt - zweifeln am Friedenswillen der Streitparteien. Der Nahost-Konflikt ist nicht zuletzt eine lange Abfolge enttäuschter Hoffnungen, gebrochener Zusagen und diplomatischer Bluffs.
Netanyahu und Abbas, so die verbreitete Einschätzung, hätten sich nur widerwillig von ihrem mächtigen Verbündeten USA zu den Verhandlungen drängen lassen und würden in den kommenden Detailverhandlungen vor allem das Ziel verfolgen, dem jeweils anderen die Schuld am absehbaren Scheitern zuzuweisen.
Gesprächen könnten rasch scheitern
Netanyahu und Abbas werden ihren Kompromisswillen sehr bald unter Beweis stellen müssen, um die Friedensgespräche nicht schon in wenigen Wochen blamabel scheitern zu lassen. Am 26. September läuft der von Israel verkündete begrenzte Stopp für den Neubau jüdischer Siedlungen im Westjordanland aus.
Die Palästinenser drohen mit einem Ende der Gespräche, sollte Israel das Moratorium nicht verlängern. Sie fürchten eine schleichende Landnahme, die einem künftigen Palästinenserstaat buchstäblich den Boden entzöge. Netanyahu aber machte in Washington klar, dass er eine solche Vorbedingung nicht akzeptiert.
Neben der Siedlungsfrage gibt es weitere Hürden, an denen die Diplomatie bislang gescheitert ist: die Grenzen eines künftigen Staates Palästina, der Status von Jerusalem, die Frage der Rückkehr palästinensischer Flüchtlinge.
Wer setzt sich durch?
Eine Einigung in jedem dieser Punkte würde beiden Seiten Zugeständnisse abverlangen, die Netanyahu zum Verhandlungssauftakt als «schmerzhaft» bezeichnete. Völlig offen ist die Frage, ob beide innenpolitisch stark genug wären, solche Zugeständnisse vor einer skeptischen Öffentlichkeit daheim durchzusetzen.
«Wir haben keine Illusionen, die Emotionen sitzen tief», räumte Gastgeber Obama ein. «Jahre des Misstrauens werden nicht über Nacht verschwinden.» Die «harte Arbeit» am Frieden beginne nun erst, sagte Obama - und appellierte an den Durchhaltewillen der Beteiligten: «Weder Erfolg noch Scheitern sind zwangsläufig. Aber eines wissen wir: Wenn wir nicht einmal den Versuch unternehmen, ist das Scheitern garantiert.»
Peter Wütherich/ sda/jak
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