Die gute Seele vom Fällander Sternen
In vierter Generation führt Peter Robmann zusammen mit seiner Frau Maja das Restaurant Sternen. Mit 64 Jahren denkt er langsam ans Aufhören. Das Dorf wird dann einen Wirt mit Witz und Charme verlieren.
Von Florian Bolli Fällanden – Freitagnachmittag vor dem Sternen in Fällanden. Wirt Peter Robmann sitzt verschwitzt auf einem Stuhl und hält sich die Schulter. «30 Personen waren angemeldet, 60 sind gekommen», stöhnt er. «In der Küche sieht es aus wie nach der Schlacht von Morgarten.» Der Tag ist streng, das Publikum ist zahlreich. Robmann hat viel zu tun. In der Verschnaufpause beklagt er sich aber nicht. Sondern er erzählt die Geschichte, wie er als gut 20-Jähriger bei einem Kanada-Aufenthalt den Einheimischen beigebracht habe, dass sie die «Leberli» nicht fortwerfen, sondern verspeisen sollen. «Das waren kulinarische Tiefflieger», sagt er und lacht. Sein Lachen ist mal laut, mal verstohlen, mal spitzbübisch. Es gehört zu ihm wie sein Gasthaus. Der Sternen im Herzen Fällandens ist eine klassische, gemütliche Dorfbeiz. Das war er schon, als Fällanden noch ein Bauerndorf war, wo jeder jeden kannte und man als Bub «gleich nochmals eine ‹Flättere› kassierte, wenn man erzählte, dass man vom Lehrer eine bekommen hatte». Heute, wo das Dorf stark gewachsen ist und andere Beizen alle paar Jahre neue Konzepte von neuen Wirten verpasst bekommen, ist der Sternen dasselbe Lokal mit währschafter Küche geblieben. Seit 1989 führt Robmann zusammen mit seiner Frau Maja das Lokal, in dem schon seine Eltern, seine Grosseltern und auch seine Urgrosseltern wirteten. Sein Urgrossvater Julius Robmann war gar Fällander Gemeindepräsident – und noch heute kommt der Gemeinderat nach seinen Sitzungen in den Sternen. Hier halten Vereine ihre «Höcks» ab, hier wird geheiratet, das Leidmahl eingenommen, gegessen, getrunken. Manchmal bis tief in die Nacht, wenn andernorts die letzte Runde längst vorbei ist. Robmann hingegen wartet, bis der letzte Gast gegangen ist. «Ich kann doch die Gäste nicht verscheuchen. Es ist ein Geben und Nehmen. Wer zufrieden ist, kommt wieder», sagt er. «Ich kann schlecht Nein sagen» Wie viel Zeit er im Schnitt pro Tag im Sternen weilt, mag er gar nicht ausrechnen. An einer Hochzeit waren es einmal über 24 Stunden ohne Unterbruch. «Um sechs Uhr morgens tranken wir den letzten Schnaps. Und wenige Stunden später weckten mich die Kollegen vom FC, weil zwei andere zu betrunken waren, um zu spielen. Ich kann einfach schlecht Nein sagen.» Robmann ist eine gute Seele – wenn man ihn ruft, ist er da und setzt sich mit Herzblut ein. An der Wand hängen einige Urkunden. Nicht etwa jene aus seiner Lehrzeit, sondern solche, die ihm Ehrenmitgliedschaften bescheinigen, beim FC Fällanden oder bei den Sportfischern Glattal. Die Freizeit ist spärlich, umso mehr, als Robmann sechs Kinder hat. Auch Ferien sind selten – eine Woche im Jahr muss reichen. Im Dorf ist er bekannt, bei seinen Gästen beliebt, weil er immer etwas zu erzählen weiss und sie gerne unterhält. Als Kind wollte er zum Zirkus, «entweder als Dompteur oder als Clown». Letzteren gibt er heute noch gerne. «Die Leute sollen lachen, wenn sie bei uns sind», sagt er. Anekdoten kennt er detailliert zu jedem möglichen Thema. «Ich könnte ein Buch schreiben, das würde wohl ein Bestseller», sagt Robmann. Witze hat er zu jeder Gelegenheit parat – auch nicht jugendfreie. Als Kind verbot ihm die Lehrerin, seine Hausaufgaben in der Gaststube zu machen, weil er danach in der Schule zu derbe Witze erzählt habe. «Ich hatte die Sprüche einfach aufgeschnappt, wusste gar nicht, was diese bedeuteten.» In den Brunnen geschmissen Doch Robmann ist nicht nur ein Sprücheklopfer. «Heutzutage muss man manchmal als Wirt auch ein Psychologe sein», sagt er. Früher habe man Leute, die überbordeten, «einfach in den Brunnen vor dem Haus geschmissen». Einfacher sei es als Beizer ohnehin nicht geworden. «Eigentlich müsste ich für ein Mittagsmenü 24 Franken verlangen», sagt er. «Doch wenn es mehr als 15 Franken kostet, kommen die Arbeiter nicht mehr, weil sie es sich nicht leisten können.» Auch das Rauchverbot kam ungelegen – 40 Prozent Einbusse habe er deswegen gehabt. Früher war im Sternen noch externes Personal angestellt, heute kann er sich das nicht mehr leisten. Der Aufwand für das Wirte-Ehepaar Robmann und Tochter Sibille ist gross – dafür läuft der Betrieb «sehr gut», sagt Robmann. Gross lamentieren mag er aber nicht – es würde auch nicht zu ihm passen. Er nimmt die Dinge, wie sie kommen. Auch, was die Zukunft seines Lokals angeht. Im nächsten Jahr kommt er ins Pensionsalter. Er denkt ans Aufhören. Nicht zuletzt auch, weil sein Körper sich meldet. «In den Knien die Arthrose, in den Fingern die Gicht – aber ich kann nicht einfach daheimbleiben. Der Chef darf nicht umfallen», sagt er. Die Nachfolge ist noch nicht geregelt. «Das müssen wir in der Familie besprechen», sagt er. Sicher ist: Ihm würde nicht langweilig. «Eigentlich wollte ich schon lange gerne einmal einen Bergsee malen.» Der 64-jährige Peter Robmann ist Wirt und führt zusammen mit seiner Frau Maja den Sternen in Fällanden. Das Lokal im Dorfzentrum ist seit über 100 Jahren im Besitz der Familie Robmann. Robmann machte eine Kochlehre in einem Hotel im Berner Oberland. Danach kochte er in der Stadt Zürich im Claridenhof, im Drei Könige, im ehemaligen Schiff sowie im Widder und half daneben stets im Familienbetrieb mit, den er 1989 schliesslich übernahm. Robmann hat sechs Kinder im Alter zwischen 19 und 33 Jahren. (fbo) Seit 22 Jahren führt Peter Robmann seine Beiz in Fällanden. Foto: Mano Reichling
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