Eklat im LandratDie Grünen sabotieren Lohndumping-Kompromiss
Die Baselbieter Regierung will Wirtschaftskammer und Unia bei ihren Baustellenkontrollen an die kurze Leine nehmen. Die Grünen schiessen nun überraschend quer.

Die Ausbeutung von Bauarbeitern sollten die Gewerkschaften und die Wirtschaftskammer Baselland gemeinsam bekämpfen. Doch diese beiden Sozialpartner sorgen seit Jahren mit ihren gemeinsam geführten Kontrollvereinen für negative Schlagzeilen und für politischen Streit. Vor zwei Jahren hat die Regierung eingesehen, dass es so nicht weitergeht. Sie hat ein Gesetz lanciert, das eine bessere Kontrolle der Sozialpartner vorsieht und dem Kanton erlaubt, diese zu bestrafen, wenn sie ihre Arbeit, wie in der Vergangenheit, nicht korrekt ausführen.
Über ein Jahr hat die zuständige Kommission des Landrates bei 15 Sitzungen heftig über das Gesetz gestritten. Das Ziel: ein Gesetz, das durchkommt, das auch von der Wirtschaftskammer und den Gewerkschaften nicht bekämpft wird. Ein heftiger Prozess, der Ende August zu einer Einigung führte. Das Gesetz war in der Kommission nach der letzten Sitzung unbestritten. So war denn auch zu erwarten, dass es im Landrat am Donnerstag in der ersten Lesung ebenfalls unbestritten ist und später bei der zweiten Lesung, meist eine Formalie, durchgewunken wird. Das Gezerre um Lohndumping- und Schwarzarbeitkontrollen hätte ein Ende in Minne gefunden.
Grüne Erpressung
Doch dann kamen die Grünen mit Landrätin Rahel Bänziger. Sie störte den Floskelgottesdienst der anderen Fraktionssprecher, die stets von einem austarierten Kompromiss gesprochen haben, der nach zähen, langwierigen und gehässigen Verhandlungen zustande gekommen war. Bänziger also sorgte für den Eklat, als sie dem Landrat eröffnete, dass die Grünen zwei Absätze im Gesetz streichen lassen wollen. Sollte der Landrat der Forderung nicht nachkommen, würde die Fraktion der Grünen und der EVP, so Bänziger, das Gesetz ablehnen.
Die Grünen stören sich daran, dass die Sozialpartner einerseits mitreden dürfen, wenn es um die Abgeltung ihrer Kontrolltätigkeit geht. Und andererseits daran, dass die Sozialpartner ebenfalls mitreden dürfen, wenn die Regierung vorhat, ihnen die Gelder zu kürzen. Das sei, so Bänziger, ein Rückschritt. Sie befürchtet, dass sich die Probleme aus der Vergangenheit wiederholen könnten. Damals war nicht immer klar, wohin die Subventionen geflossen sind.
Auch wenn die Sozialpartner nicht allein über das Geld befinden dürfen, das sie für die Baustellenkontrollen erhalten, sondern der Kanton mitbestimmt, hat Bänziger insofern ein starkes Argument für die Streichung der Gesetzesstellen, als andere Institutionen im Baselbiet nicht mitreden können, wenn die Behörden etwa Subventionen kürzen wollen. Das ist eine Ungleichbehandlung. Für alle anderen Beteiligten jedoch der Kompromiss.
Die Grünen standen mit ihrer Forderung im Landrat allein da. Alle anderen Fraktionen, von SVP bis SP, haben nach dieser langen Zeit, nach den zähen Verhandlungen ebenso genug vom Thema Arbeitsmarktkontrollen wie die Regierung. Und sie wollen das Kapitel endlich mit einem schärferen Gesetz ad acta legen – einem Gesetz, mit dem auch die Wirtschaftskammer und die Unia leben können.
Die Grünen wurden für ihre Forderung von den anderen Fraktionssprechern zwar heftig kritisiert, doch das vermochte Grüne und EVP nicht umzustimmen. Zwar wurden die Streichungsanträge wuchtig abgelehnt, doch die Drohung der Grünen ist folgenschwer.
Die Grünen gehen aufs Ganze
Damit das neue Gesetz bei der zweiten Lesung durchkommt, müssen vier Fünftel der Landräte für das Gesetz stimmen. Die Grünen/EVP-Fraktion besetzt jedoch 18 der 90 Sitze im Landrat. Das ist genau ein Fünftel der Stimmen. Das heisst, es müssten bei der nächsten Sitzung, bei der Abstimmung über das Gesetz, alle anderen Landräte anwesend sein und für das Gesetz stimmen. Sollte nur ein Landrat fehlen oder mit den Grünen stimmen, dann käme es automatisch zu einer Volksabstimmung. Sollten also bis zu nächsten Lesung die Grünen nicht umschwenken, dann kommt es zur Volksabstimmung. Und dies scheint nach der Landratssitzung vom Donnerstag wahrscheinlich. Ein Abstimmungskampf jedoch dürfte heftig werden, da die Wirtschaftskammer, die Unia, aber auch die CVP und die FDP grundsätzlich gegen ein neues Gesetz waren.
Die Grünen gefährden mit ihrem Manöver, das je nach Standpunkt berechtigt ist oder nicht, einen fürs Baselbiet aussergewöhnlichen Kompromiss. Zugleich waren sie es, die vehement schärfere Regeln für die Sozialpartner verlangten. Ihre Forderungen wurden zu weiten Teilen mit der jetzigen Vorlage erfüllt. Aber eben nicht alle, was jedoch typisch ist für einen Kompromiss.
Mit der Volksabstimmung riskieren die Grünen nun genau jene Verbesserungen, für die sie im Landrat mit Vorstössen gekämpft haben. Bänziger und ihre Kollegen gehen aufs Ganze: alles oder nichts.
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