Die Grenzen sind nicht klar gesetzt
Der Verein Station Circus bietet beim Dreispitz seit fünf Jahren ein Laboratorium für junge Artistinnen und Artisten an.
Der Weg dahin ist einer grösseren Öffentlichkeit nicht bekannt. Trämmler kennen ihn allerdings bestens. Denn er führt direkt ins BVB-Tramdepot beim Dreispitz. Dahinter findet sich ein Platz, wo sich Station Circus niedergelassen hat. Als Zwischennutzer. Die letzten vier Jahre und bis vor kurzem noch befanden sich Kuppel, Zirkuszelt, Zirkus- und Barwagen rund 200 Meter südlich auf dem Irène-Zurkinden-Platz. Doch dort wird jetzt aufgewertet: Geplant sind ein Hochhaus, ein öffentlicher, baumbestandener Platz sowie ein besser organisierter Drehpunkt des öffentlichen Verkehrs.
Die neue Lage sei «fast besser», so Gianna Grazioli vom Verein Station Circus. Zügeln nagt gleichwohl an den Energiereserven – nächstes Mal bereits wieder in zwei Jahren. Vielleicht. So lange jedenfalls gewährt die Stadt Platzrecht. Die Szenerie hinter dem Tramdepot ist improvisiert und lustvoll aufgegleist und hat vor allem ein Ziel: junge Zirkusartistinnen und -artisten zu fördern. Oder, wie der Zweckartikel des Verein es trocken umschreibt: Es geht um die «Förderung der zeitgenössischen Zirkuskultur in der Region Basel. Insbesondere durch Veranstaltung und Durchführung von Zirkusproduktionen und damit verwandten Kunstprojekten.»
Das Ziel wird hartnäckig umgesetzt: Bis heute haben rund hundert Artistinnen und Artisten die Früchte ihrer Arbeit einem grösseren Publikum vorgestellt. Dies in einem stark reduzierten zirzensischen Rahmen in Form einzelner Darbietungen. Wer ein austariertes und durchstrukturiertes Zirkusprogramm mit Zirkusdirektor, dressierten exotischen Tieren und Zirkusorchester erwartet, ist hier am falschen Ort. Station Circus ist vielmehr ein Laboratorium für junge, aufstrebende Zirkusleute, die nach einer entsprechenden Ausbildung, zumeist im Ausland, erstmals richtig Zirkusluft atmen und am Beginn ihrer Karriere stehen. Mirjam Hildbrand vom Verein sagt: «Sprungbrettcharakter hat das, was wir machen, weniger. Es geht mehr um die Möglichkeit, aufzutreten. Artisten aus unterschiedlichen Schulen und Ländern, die sich nicht kennen.» Die Vernetzung spielt eine Rolle. In der Schweiz gebe es hierfür nicht viele Möglichkeiten.
Station Circus unterstützt Artisten, die mehrheitlich das Experimentelle in der Zirkuskunst suchen, in der weniger Hochleistungssport praktiziert, sondern vermehrt der künstlerische Ausdruck gesucht wird. Es geht um zeitgenössischen Zirkus, wobei Experiment und Tradition in beide Richtungen durchlässig sind, so Hildbrand. «Die Grenzen sind nicht klar gesetzt.»
Der Kunstperformance nahe
Ein gutes Beispiel hierfür ist das Collectif Rafale aus Belgien, das im Jeudi Cirque, einem der Gefässe von Station Circus, auftrat und damit einen Einblick in Darbietungen gewährte, die erst kommenden Oktober Premiere feiern werden. Die beiden Artists in Residence, die zwei Wochen bei Station Circus gastierten, übten eine Nummer ein, die mit den Klangwelten rieselnder Kieselsteinchen experimentierte. Diese füllen sie in Plastikeimer, die mit einem Bodenloch ausgestattet sind. Die Eimer, an in die Höhe gehaltenen Metallstangen angehängt, spucken die Steinchen aus unterschiedlicher Höhe auf Materialien wie Plastik oder Hartplastik, was verschieden intensive Klänge hervorruft. Die Kunst dabei ist es, die Eimer in der Dramaturgie der Nummer bis zum Ende hin gleichzeitig zu leeren. Ein Mix aus Zirkusartistik und künstlerischer Performance.
Näher am Bereich bekannter zirzensischer Auftritte lagen die Jeudi-Cirque-Beiträge des Jongleurs Simon Aravena, der Seiltänzerin Katharina Dröscher, der Diabolo-Spielerin Solvejg Weyeneth und der Luftakrobatin Julieta Saltz.
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