Die Franzosen spielen wieder mit Emotionen
Dass man in Frankreich auch beim Auto Haute Couture bieten kann, beweisen die Studien in Paris.
Autos sind Geschmackssache, Mode auch. Und wenn der Brite John Galliano bei der laufenden Fashion Week in Paris Models im Gladiatoren-Look für Dior über den Laufsteg poltern lässt, dann jubelt die Presse – doch diese Kleider wird man wohl nie auf der Strasse sehen.
Nach dem gleichen Muster zeigen sich ab heute die drei grossen französischen Automobilhersteller bei ihrem Heimspiel an der Seine: Im Scheinwerferlicht stehen zwar auch wichtige neue Serienautos wie der Citroën C3 Picasso, der Peugeot 308 CC oder die beiden Varianten des neuen Renault Megane. Doch die Journalisten, und ab heute wohl auch die meisten Besucher, drängeln sich dort, wo der Rotstift und die Vernunft auch bei den Franzosen eine Pause machen: bei den futuristischen Studien und Concept Cars.
Peugeot setzt auf Leidenschaft
Hier beweisen die Designer im Dienste der drei grossen französischen Marken, dass ihre Kreativität nicht unter dem allgegenwärtigen Spardruck der Konzerne erstickt ist und man auch in Frankreich jenseits der vernünftigen Kompakt- und Mittelklasse zumindest träumen kann.
Apropos Träumen: Ein Traumauto stellt Peugeot in Paris vor – den Concept Car RC Hymotion4. Laut Peugeot ist der französische Flachmann das «Ergebnis aus Leidenschaft und Kompetenz unserer Ingenieure und Designer». Dabei handelt es sich bei dem RC Hymotion4 um ein viertüriges Gran-Turismo-Coupé, das sich optisch stark an den 908 RC – 2006 eines der Highlights am Pariser Salon – anlehnt.
Neues Frontdesign, stärkerer Löwe
Im Vergleich zum aktuellen Peugeot-Design zeigt die Studie trotz aggressivem Auftritt nicht nur einen deutlich kleineren und sympathischeren Kühlerschlund, auch das Markenlogo wird prominenter in den Kühler integriert: Der Löwe zeigt bei diesem Concept Car Stärke, ohne die Schnauze zu gross aufzureissen.
Im Innenraum der Studie finden vier Passagiere auf vier Einzelsitzen Platz – der Porsche Panamera lässt grüssen – und edle Materialien sollen ein Luxusambiente vermitteln. Trotzdem wirkt das Interieur eher technokratisch als luxuriös und wird von der breiten Mittelkonsole dominiert, unter der die grossen Batterien versteckt sind.
Sparsames Doppeltalent
Denn als Antrieb dient ein System aus Benzin- und Elektromotoren mit Lithium-Ionen-Batterien. Der Benziner mit 1,6 Liter Hubraum leistet 218 PS, stellt ein maximales Drehmoment von 300 Nm bereit und lässt seine Kraft auf die Hinterräder fliessen. Der Elektromotor unter der Fronthaube treibt die vorderen Räder an und kommt auf eine maximale Leistung von 95 PS. Mit den total 313 PS soll der RC Hymotion4 den Spurt von 0 auf Tempo 100 in 4,4 Sekunden schaffen.
Die Höchstgeschwindigkeit geben die Franzosen stolz mit 295 km/h an. Viel wichtiger: Im Schnitt würde der Peugeot nur gerade 4,5 Liter auf 100 Kilometer verbrauchen. Das entspricht einem CO2-Ausstoss von 109 Gramm pro Kilometer. Im reinen Elektrobetrieb soll die Reichweite fünf Kilometer betragen.
Obwohl der RC Hymotion4 nur eine Studie ist, stellt man bei Peugeot mit Nachdruck klar: «Dieses Auto ist ein Ideenlabor für zukunftsweisende Design-, Antriebs- und Technologielösungen.»
Citroën zeigt sich virtuell
Ganz anders sieht es vis-à-vis des Peugeot-Standes aus: Dort zeigen die Franzosen den GTbyCitroën mit 653 PS, Flügeltüren und dem Versprechen «Formel-1-Feeling für alle». Und das erst noch ohne Führerausweis! Keine Angst, die sonst so seriösen Franzosen haben nicht etwa den Verstand verloren. Denn diese Studie ist nicht von und für diese Welt, sondern wurde aus dem weltweit mehr als 50 Millionen Mal verkauften Computerspiel «Gran Turismo» geholt und als 1:1-Modell für den Pariser Salon gebaut.
Die blechgewordene Playstation-Fantasie soll in der neuen Gran-Turismo-5-Folge eine Brennstoffzelle und zwei Batterien als Energiespeicher besitzen. Diese Batterien versorgen vier auf den Achsen montierte Elektromotoren und leisten bis zu 653 PS. Das dürfte genügen, um zumindest in der virtuellen Autowelt, die keine Wirtschaftskrisen kennt, ein paar Rennen und Titel zu gewinnen.
Im Hier und Jetzt blickt Citroën zurück und präsentiert einen C3 im legendären Look der Charleston-Ente, die zwischen 1981 bis 1990 produziert worden ist. Das Auto soll 2009 auf den Markt kommen.
Renault mit Raketendesign
Am meisten Serien-Neuheiten hat Renault parat: Der neue Megane kommt als eher biederer Fünftürer oder sportliches Coupé, der Kangoo wurde zum kompakten Be Bop geschrumpft, und das neue Laguna Coupé rollt noch in den nächsten Wochen an den Start.
Daneben zeigen sich auch die Renault-Ingenieure und -Designer kreativ und präsentieren zwei Studien: Der Z.E. Concept (Z.E. steht für Zero Emission) ist eine Elektroauto-Studie auf Basis des Be Bop. Der Motor mit Lithium-Ionen-Batterie leistet 95 PS. Im Kofferraum befindet sich ein Elektro-Roller für Kurzstrecken in der City. Ganz andere Bedürfnisse stillt Renault mit dem Ondelios, einer luxuriösen Hybrid-Reiselimousine mit 259 PS und einem Durchschnittsverbrauch von 4,5 Liter Diesel auf 100 Kilometer.
In Anbetracht des Ondelio-Designs – mit Anleihen an die GM-Raketenautos Ende der 50er-Jahre – ist es nicht mal schade, wenn diese Studie nicht in Serie geht. Doch das ist ja Geschmackssache.
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