Die Burg des Terrors
SS-Reichsführer Heinrich Himmler hat ab 1933 die Wewelsburg von KZ-Häftlingen zu einer Kultstätte herrichten lassen. Nun dokumentiert eine weltweit einmalige Ausstellung jenen Grössenwahn.

SS-Reichsführer Heinrich Himmler musste nicht lange überlegen, als er 1933 das imposante und kraftvoll in den Himmel ragende Gemäuer mitten im beschaulichen Ostwestfalen entdeckte. Die Wewelsburg, einstige Nebenresidenz der Paderborner Fürstbischöfe, erkor der Nationalsozialist zum ideologischen Zentrum seines «schwarzen Ordens».
KZ-Häftlinge sollten die Kult- und Versammlungsstätte Himmlers Vorstellungen gemäss herrichten. Über Tausend Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene und politische Häftlinge liessen dafür in einem Lager unweit der Burg ihr Leben. Ab morgen dokumentiert eine Ausstellung den Grössenwahn und das Leiden unter der Regie der SS.
1941, das Schlüsseljahr für die Wewelsburg
Die neue Erinnerungs- und Gedenkstätte in der Wewelsburg gilt mit ihren rund 1000 Exponaten als weltweit einzigartige Gesamtdarstellung der Schutzstaffel (SS). In den ehemaligen Räumen des Wachgebäudes am Burgvorplatz wird die lokale Geschichte der Burg und des KZ von 1933 bis 1945 nicht nur lokal beleuchtet, sondern in die gesamtdeutsche Entwicklung der SS und ihrer Verbrechen gebettet.
Einen inhaltlichen Schwerpunkt der Ausstellung bildet das Jahr 1941, das Schlüsseljahr für die Wewelsburg. Hier findet nicht nur die Ausarbeitung grössenwahnsinniger Baupläne für das Schloss und den gesamten Ort ihren Höhepunkt. Auch lädt Himmler in der Wewelsburg vom 12. bis 15. Juni zum entscheidenden Gruppenführertreffen vor dem Russlandfeldzug, in dessen Folge die SS-Einsatzgruppen Hunderttausende Menschen in den besetzten Gebieten der Sowjetunion ermorden.
«Dezimierung der slawischen Rasse»
Ein höherer SS- und Polizeiführer wird sich später bei den Kriegsverbrecherprozessen erinnern, wie Himmler auf der Wewelsburg sagte, der Zweck des Unternehmens «Barbarossa» sei die «Dezimierung der slawischen Rasse um 30 Millionen» gewesen.
Wie sehr die Terroreinheit jedoch auch im unmittelbar an die Burg angrenzenden Lager Angst und Schrecken verbreitete, wird anhand vieler dokumentierter Einzelschicksale der knapp 4.000 KZ-Häftlinge deutlich, die als Interviews anzuhören, nachzulesen oder etwa anhand persönlicher Briefe erschlossen werden können. Mindestens 1.285 Gefangene kamen wegen der schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen wie auch durch Willkür und Misshandlungen der SS-Wachmannschaften ums Leben.
In Baracken waren die Männer mit nichts als ihrer dünnen blau-weiss-gestreiften Gefängniskleidung zusammengepfercht, den Galgen am Exekutionsplatz und das Krematorium stets im Blick. Der Hauptgedanke sei gewesen, «dass ich Essen haben muss, um zu überleben», ist an einer Tafel mit überlieferten Zitaten der KZ-Häftlinge nachzulesen. «Über andere Dinge habe ich einfach nicht nachgedacht.»
Die Wewelsburg, ein Ort des Leidens, aber auch deutliches Zeugnis der Selbstverherrlichung und des politischen wie rassischen Elitedenkens der SS. In der Ausstellung ist zu sehen, mit welch akribischem Fanatismus Himmler die Innenräume der Wewelsburg mit nordisch-germanischen Ornamenten wie der «Siegrune» - der stark gezackten Form des Buchstaben S - ausstatten liess. Das klassische Emblem der Schutzstaffel findet sich in Holzstühlen, Decken, aber auch im Geschirr und Besteck wieder. Auch in dem von KZ-Häftlingen ausgebauten Nordturm der Burg wird die übersteigerte Selbstverehrung, hochgradig idealisierte und am Germanentum orientierte Geschichtsauffassung der Terrorgruppe nur zu deutlich.
«Schwarze Sonne»
Zwei Räume wurden hier im Laufe der Zeit errichtet: die «Gruft», ein fast sakral anmutender Kuppelbau, in dem Feiern für gefallene SS-Offiziere stattfinden und deren Totenkopfringe, das Ehrenzeichen der Schutzstaffel, aufbewahrt werden sollten. Und der sogenannte Obergruppenführersaal, der für Treffen und Zeremonien vorgesehen war. Der Raum fällt insbesondere durch ein riesiges Bodenornament auf, die sogenannte «schwarze Sonne» - ein in Ringform gefasstes Symbol aus gespiegelten «Siegrunen», das sich seit den 90er Jahren auch zu einem internationalen Erkennungszeichen und Hakenkreuzersatz in der rechten Szene entwickelt hat.
Und doch - seine Kultstätte für eine der mächtigsten Organisationen im Dritten Reich konnte Himmler nie fertigstellen. Der Untergang des NS-Regimes bereitete den Ambitionen des Reichsführers ein Ende. Am 31. März 1945 gab Himmler den Befehl zur Sprengung, um sie nicht von den amerikanischen Truppen erobern zu lassen. Bis auf die beiden Räume im Nordturm brannte die Wewelsburg vollständig aus.
Der Eintritt in die Dauerausstellung ist kostenlos. Die Öffnungszeiten sind dienstags bis freitags von 10.00 bis 17.00 Uhr, an Samstagen, Sonn- und Feiertagen eine Stunde länger bis 18.00 Uhr. Montags ist die Ausstellung geschlossen.
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