Noch ein Spiel bis zur SuperbowlDie Buffalo Bills wollen einen traurigen Rekord überwinden
Zum ersten Mal seit 27 Jahren stehen die Buffalo Bills im Playoff-Halbfinal der National Football League. Dem Superbowl-Titel nahe war man schon oft, nun soll dank eines neuen Hoffnungsträgers der grosse Wurf gelingen.

Am kommenden Sonntag kann sich für die Buffalo Bills ein langer Kreis schliessen. 27 Jahre ist es her, als die Bills zum letzten Mal das AFC Championship Game, den Konferenz-Halbfinal, gewannen und in die Superbowl einzogen. Und damals wie heute trug der Gegner im Halbfinal denselben Namen: Kansas City Chiefs. Anders ist heuer jedoch, dass Amerikas Sympathien nicht so eindeutig verteilt sein dürften wie an jenem 23. Januar 1994. Damals schlugen die Herzen der Amerikaner ohne Zweifel für die Chiefs, was seine Gründe hatte.
Drei Jahre zuvor, 1991, wurden die Bills von der Nation noch als tragische Helden gefeiert. Bei ihrer ersten Superbowl-Teilnahme trennte ein Field-Goal-Versuch gegen die New York Giants die bis anhin so erfolglosen Bills von ihrer ersten Meisterschaft. Bei acht noch verbliebenen Sekunden auf der Uhr trat der sonst so souveräne Kicker Scott Norwood zum Schuss seines Lebens an. Norwood lief an, traf den Ball mit voller Wucht und musste zu seinem Entsetzen beobachten, wie sich der Ball in der Luft nach aussen drehte und ausserhalb der Torpfosten landete. «No good! – Wide Right», fasste der Kommentator die Szene zusammen, die die dramatische Superbowl-Niederlage der Bills besiegelte.
Es sollte die bis heute vielversprechendste Annäherung der Bills an eine NFL-Meisterschaft bleiben. Doch «Wide Right» sollte auch den Auftakt bilden für eine Serie, die ebenso bemerkenswert wie tragisch ist. Denn in den Folgejahren nach der Niederlage gegen die Giants schafften es die Bills tatsächlich, auch in den Jahren 1992 und 1993 in die Superbowl einzuziehen. Doch sowohl gegen die Washington Redskins als auch gegen die Dallas Cowboys hatte die Mannschaft um Quarterback Jim Kelly nicht den Hauch einer Chance. Als die Bills 1994 erneut im Halbfinal standen, hatte Amerika genug. Die einst als sympathische Aussenseiter wahrgenommenen Bills galten nun als die ewigen Verlierer, die keiner mehr im Spiel der Spiele sehen wollte, weil man davon ausging, dass sie es sowieso wieder verlieren würden. Die Hoffnung in jenem Halbfinalspiel 1994 ruhte also auf den Kansas City Chiefs, die die NFL vor einer erneuten Final-Schmach der Bills verschonen sollten. Weiter standen bei den Chiefs mit Quarterback Joe Montana und Running Back Marcus Allen zwei Akteure auf dem Platz, die mit anderen Teams schon Titel feiern konnten und im Herbst ihrer Karriere wohl die letzte Möglichkeit sahen, die Vince Lombardy Trophy mit den Chiefs gewinnen zu können. Es wäre ein wahres Football-Märchen gewesen.
Vier Superbowl-Teilnahmen – vier Niederlagen
Doch stattdessen traf Amerikas Albtraum ein. Die Bills schlugen die Chiefs mit 30:13 und zogen in die Superbowl ein, nur um erneut gegen die Cowboys den Kürzeren zu ziehen. Noch nie in der Geschichte hatte eine NFL-Franchise vier Superbowls in Folge erreicht. Doch – was umso tragischer ist – hat eine Mannschaft auch noch nie vier Finalspiele in Folge verloren. Bis heute. Die Bezeichnung «Four Falls of Buffalo», die vier Pleiten der Bills, diente als perfekte Metapher für den Werdegang des Teams, deren Stadt sich in der Nähe der berühmten Niagarafälle befindet. Die Bills waren die Lachnummer der Liga. Der Name «Bills» etablierte sich in den Folgejahren als Abkürzung für «Boy, I Love Losing Superbowls».
Erst in den letzten Jahren wandelten sich Spott und Häme für das Team von damals nachträglich in Respekt um. Zumal acht Akteure Teil dieses Teams waren, die später in die Pro Football Hall of Fame aufgenommen wurden. Und zumal die Buffalo Bills nach ihrem legendären Superbowl-Lauf nach und nach in die Bedeutungslosigkeit verschwanden. Zwischen 1999 und 2017 verpassten die Bills 18 Jahre in Folge die Playoffs. Ein Horror für die Fans der Stadt im Bundesstaat New York, in der es neun Monate im Jahr schneit und die ausser ihres Footballteams nicht viel zu bieten hat. Football bedeutet alles für die Bewohner von Buffalo, weshalb die Fans der Bills zu den leidenschaftlichsten der Liga zählen.
Doch seit dem NFL-Draft 2018 gibt es Hoffnung für die Bills-Anhänger: Die Bills verpflichteten Quarterback Josh Allen, der durch seinen spektakulären Spielstil und seinen starken Wurfarm besticht. Um den mittlerweile 24-Jährigen herum wurde in den letzten beiden Jahren ein schlagkräftiges Team aufgebaut, das in der regulären Saison nur 3 Niederlagen hinnehmen musste. In den diesjährigen Playoffs konnten mit den Indianapolis Colts und den Baltimore Ravens bereits zwei Hochkaräter bezwungen werden, nun soll gegen die Chiefs der letzte Schritt auf dem Weg zur Superbowl getan werden. Doch dies wird für die Bills zu einer wahren Herkulesaufgabe werden. Die Chiefs sind Titelverteidiger und haben mit Quarterback Patrick Mahomes das Gesicht der NFL in ihren Reihen. Da die Bills über die wohl bessere Defense verfügen, dürfte es eine knappe Partie werden. Enger als vor 27 Jahren, und dieses Mal ist auch genügend Zeit verstrichen, dass Amerika auch den Bills mal wieder eine Chance auf den grossen Wurf gönnen würde.

Fehler gefunden?Jetzt melden.