Der 100. Turniersieg Roger Federers ist der jüngste Beleg seiner Ausdauer, seiner Beharrlichkeit, seiner Einzigartigkeit, seiner Champion-Qualitäten und seiner Hingabe an diesen Sport. Genau wie seine 20 Grand-Slam-Titel oder die 310 Wochen, die er die Weltrangliste anführte. Die hundert Titel haben mit diesen zwei Rekorden – die wohl wichtigsten im Tennis – eine andere Gemeinsamkeit: Federer erreichte sie, ohne sich ursprünglich etwas Vergleichbares zugetraut zu haben. Die Jubiläen und Rekorde sind sozusagen das Beiprodukt seiner Klasse, seiner Freude am Tennis und seines Drangs nach Perfektion und Langlebigkeit.
Dass er als zweiter Spieler der Profiära nach Jimmy Connors die Zahl von 100 grossen Turniersiegen erreichen würde, schien eine Weile unvorstellbar. 2013, im Jahr massiver Rückenprobleme, hatte er nur einen Titel geholt. 2016 schien seine Karriere sogar kurz vor dem Ende angelangt, und es sah danach aus, als ob Basel 2015 sein 88. und letzter Titel bleiben könnte.
Nach seiner Knieverletzung und Operation Anfang Februar 2016 brach er jenes Jahr im Juli ab und beendete es ohne Turniersieg. Doch genau in jenen sechs Monaten legte er das Fundament, das ihm die phänomenale Rückkehr erlaubte. Zwölf Titel hat er seit dem siegreichen Comeback am Australian Open 2017 nun geholt, davon drei mit Grand-Slam-Status. Und das in einem für einen Tennisspieler biblischen Alter (am 8. August wird er 38-jährig).
Grafik: Federers Erfolgsspur nach Jahren

Nur 2016 blieb Roger Federer ein Turniersieg vergönnt: Nach seiner Knie-OP Anfang Februar brach er jenes Jahr im Juli ab.
Je wichtiger, desto stärker
Die Art, wie Federer den Jubiläumstitel errang, demonstriert dabei einmal mehr eine seiner ganz spezifischen Qualitäten, ohne die er nie in diesen Bereich vorgestossen wäre – die Fähigkeit, sich im Verlauf eines Turniers in Form zu spielen und in den wichtigsten Momenten seine stärkste Leistung abrufen zu können, egal, wieviel auf dem Spiel steht. Diese mentale Wettkampfstärke, diese Winnermentalität hatte ihn schon in seinen Jugendjahren ausgezeichnet. Denn zu Beginn der Woche spielte er ziemlich fehlerhaft.
Die Theorie, dass Federer so locker spielen kann, weil er alle seine Erwartungen längst übertroffen hat, gilt nur bedingt. Auch er hat den Ehrgeiz, Turniere zu gewinnen, Rekorde zu brechen, auch er wusste um die Schönheit und Exklusivität der Zahl von 100 Turniersiegen. Und Druck kam auch von aussen. Seit er in Basel den 99. Titel geholt hat – immerhin schon vor vier Monaten – war die Zahl 100 sein ständiger Begleiter, ein Dauerthema in Interviews, in Gesprächen, in Pressekonferenzen.
Und auch Federer war sich bewusst, dass Dubai für ihn eine vorerst einmalige Chance war. Das Turnier war weniger stark besetzt als üblich – und hätte er diese Möglichkeit nicht gepackt, hätte ihn das Thema möglicherweise noch monatelang beschäftigt, angesichts der schwierigen Masters-Turniere, die für ihn nun folgen, mit Indian Wells, Miami und der Rückkehr auf Sand in Madrid. «Mit dem 100. Turniersieg wird für mich ein Traum wahr», sagte er, wenig überraschend. Aber ein Traum, der so verwegen war, dass er erst in den vergangenen Monaten in den Fokus rückte.
Etwas ironisch aber ist es schon, dass er die 100 ausgerechnet in Dubai voll machte, mit seinem 8. Titel in den Emiraten. Denn an diesem Turnier hatte ihm einst der OK-Chef vorgeworfen, er habe nicht mit vollem Einsatz gespielt, nach einem unstandesgemässen 3:6, 1:6 gegen Rainer Schüttler. Seither ist vieles passiert – aber die Episode liegt ja inzwischen auch schon 17 Jahre zurück.
Grafik: Federers Erfolgsspur nach Kontinenten

Rund um die Welt erfolgreich: An diesen Orten gewann Roger Federer seine 100 Titel.
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Die 100 Leben des Roger Federer
Was der Triumph in Dubai über Stefanos Tsitsipas und der neuste Meilenstein des Ausnahmekönners bedeuten.