Deutscher Lehrling in den Fängen des IS
Er wollte Flüchtlingen in Syrien helfen, doch geriet an die Islamisten. Hat Deutschland für die Freilassung eines jungen Mannes bezahlt?

Der Deutsche habe sehr naiv gehandelt, zitiert die «Welt am Sonntag» Ermittlerkreise. Angeblich aus dem Wunsch heraus, vor Ort als humanitärer Helfer aktiv zu werden, sei der 27-Jährige aus Brandenburg im Juni 2013 nach Syrien gereist. Wie die Zeitung schreibt, wurde er dabei von Jihadisten der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) verschleppt.
«Bild» schildert heute Details zu seiner Geschichte. Demnach war der Kochlehrling im syrisch-türkischen Grenzgebiet unterwegs, als er in die Fänge des IS geriet. Seine Familie meldete ihn kurze Zeit später bei den deutschen Behörden als vermisst. Dies nachdem der Kontakt komplett abgebrochen war.
Der Vater der Geisel suchte nach seinem Sohn und informierte auch die Öffentlichkeit. Auf Facebook schrieb er unter anderem: «Helft mir, Toni zu finden – BITTE.» Er reiste zudem selber in die Türkei.
Eine «substanzielle Gegenleistung»
Erst ein knappes Jahr später, im Frühjahr 2014, erhielt die Familie per E-Mail ein Video zugeschickt. Darauf soll ihr Sohn zu sehen gewesen sein sowie Aufnahmen einer Hinrichtung. Eine weitere Geisel soll in einem Erdloch getötet worden sein, während der junge Deutsche zusehen musste.

«Bild» veröffentlichte heute Fotos, die den jungen Deutschen zeigen. (Screenshot: Bild.de)
IS forderte Lösegeld für die Freilassung. Ein Krisenstab unter Beteiligung mehrerer deutscher Ämter soll sich während Monaten mit dem Fall beschäftigt haben. Schliesslich kam der Mann im Juni frei. Gleichzeitig soll auch eine dänische Geisel freigelassen worden sein. Laut der «Welt am Sonntag» floss eine «substanzielle Gegenleistung». Das deutsche Auswärtige Amt dementiert jedoch, Lösegeld in irgendeiner Art gezahlt zu haben. Gemäss «Bild» hat die Familie selber bezahlt.
Europa zahlt
Wie Recherchen der «New York Times» ergeben haben, scheint dieser Fall typisch für den unterschiedlichen Umgang der europäischen Staaten und der USA mit Geiselnahmen durch IS. Europa zahlt für Freilassungen, die USA und Grossbritannien nicht. Laut der Zeitung wurden in den vergangenen Jahren über 50 Ausländer entführt. Fast alle überlebten, weil ihre Regierungen sie freigekauft hätten – für insgesamt 125 Millionen Dollar.
Im Fall des getöteten US-Journalisten James Foley zahlten die USA ebenfalls nicht, sondern versuchten eine Befreiung mit militärischen Mitteln. Sie scheiterten. Seit Tagen sorgt die Tötung von Foley durch den IS weltweit für Empörung.
Wurde das Video gefälscht?
Doch an der Echtheit des Videos, das angeblich seine Hinrichtung zeigt, gibt es neu Zweifel: Wie die britische «Times» heute berichtet, gehen Experten inzwischen davon aus, dass Foley bereits zuvor getötet worden sei. Die Zeitung beruft sich auf Forensiker eines britischen Unternehmens, das für viele Polizeibehörden in Grossbritannien arbeitet. Sie kamen nach der Analyse des Videos zum Schluss, dass es manipuliert worden sei.
Der wahrscheinlich britische Staatsbürger, der im Video die Enthauptung ausführt, sei demnach nur das Aushängeschild und nicht der wahre Mörder.
Aus einer wohlhabenden Familie
Britische Geheimdienste stehen angeblich kurz vor der Identifizierung des Mannes. «Sunday Times» hatte zuvor unter Berufung auf nicht näher genannte Regierungsquellen berichtet, britische Geheimdienste hätten den mutmasslichen Täter bereits identifiziert.
Laut «Sunday Times» ist einer der Hauptverdächtigen Abdel-Majed Abdel Bary. Der 23-Jährige stammt aus London. Letztes Jahr hat er sein wohlhabendes Umfeld verlassen. Abdel-Majed Abdel Bary hat kürzlich ein Foto von sich auf Twitter verschickt, auf dem er einen Kopf in die Höhe hält.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch