Deutsche wollen in Griechenland Steuern eintreiben
Jährlich werden in Griechenland zig Milliarden an Steuergeldern hinterzogen. Dem Land fehlt es an einer modernen Finanzverwaltung. Das soll sich nun rasch ändern – ausgerechnet mit Hilfe von Deutschen.

Athen braucht dringend mehr Einnahmen. Gerade beim Eintreiben der Steuern hapert es im hochverschuldeten Land. Der griechischen Regierung fehlt es an einer modernen Finanzverwaltung, die dazu in der Lage ist. Deutschland will dem hochverschuldeten Land dabei nun unter die Arme greifen: Mehr als 160 deutsche Finanzbeamte stehen nach Informationen der «Wirtschaftswoche» bereit, Griechenland beim Aufbau einer modernen Finanzverwaltung zu helfen.
Für die Aufbauhelfer seien englische Sprachkenntnisse Voraussetzung, ein Dutzend spreche auch Griechisch, sagte Staatssekretär Hans Bernhard Beus aus dem deutschen Bundesfinanzministerium der «Wirtschaftswoche». Besonders viele Freiwillige kommen dem Bericht zufolge aus Nordrhein-Westfalen. «Wir sollten bei der Hilfe für Griechenland auch die Möglichkeit der Reaktivierung deutscher Steuerbeamter im Ruhestand in Erwägung ziehen», empfahl der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) in der «Wirtschaftswoche». So könnten «grosse praktische Erfahrungen mobilisiert werden».
Der Landesfinanzministers aus Nordrhein-Westfalen, Norbert Walter-Borjans (SPD), zieht einen Vergleich mit der DDR: «Griechenland steht heute vor den Problemen, die die ehemalige DDR 1990 hatte.» Gleichzeitig hat er so einige Bedenken: «Die schon erheblichen Vorbehalte mancher Ostdeutschen gegen die Wessis werden bei den Griechen gegenüber den Deutschen ungleich grösser sein – auch wegen manch unpassender Töne aus Deutschland.»
Wie reagieren die Griechen?
Entsprechend klein wird in Griechenland die Freude über das Hilfsangebot aus dem Norden sein. Gerade gegenüber Deutschland sind die Ressentiments gross. So hat der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble unter griechischen Spitzenpolitiker nicht mehr viele Freunde. «Wir können helfen, aber wir können nicht in ein Fass ohne Boden schütten», sagte er in einem SWR-Interview zur Griechenlandhilfe. Dagegen setzte sich der griechische Präsident Karolos Papoulias erzürnt zur Wehr gesetzt und erklärte: «Wer ist Herr Schäuble, dass er Griechenland verhöhnt?»
Kritisiert wurde Schäuble zudem, weil er den Griechen nahelegte, die Wahlen im April zu verschieben, damit die Hilfszusagen der Eurogruppen nicht durch einen Regierungswechsel in Frage gestellt werden können. Dazu sagte die frühere griechische Aussenministerin Dora Bakoyannis der «Frankfurter Rundschau»: «Ein ausländischer Politiker darf einem Volk und den Parteien eines anderen Landes nicht diktieren, wann Wahlen stattfinden sollen.»
Fehlende Steuereinnahmen
Ein vertrauliches Papier der EU-Kommission habe aufgelistet, dass drei Viertel der qualifizierten Selbständigen in Griechenland wie Ärzte, Notare und Ingenieure Einkünfte unterhalb des steuerlichen Existenzminimums deklarierten, heisst es im Bericht der «Wirtschaftswoche» weiter. Jährlich würden in Griechenland schätzungsweise 15 bis 20 Milliarden Euro hinterzogen. Es gebe ausstehende Steuerforderungen des griechischen Staates gegenüber den grössten Steuerschuldnern in Höhe von 63 Milliarden Euro. Die griechische Regierung hat in den letzten Wochen klar gemacht, dass sie diesen Zustand nicht mehr duldet. So hat sie erstmals seit Beginn der Schuldenkrise drei Schweizer Konten des griechischen Geschäftsmannes Lavrentis Lavrentiadis sperren lassen.
Athen hatte gestern seinen privaten Gläubigern offiziell das Angebot für einen Umtausch der von ihnen gehaltenen Anleihen unterbreitet. Das griechische Finanzministerium stellte die Bedingungen vor, zu denen Banken, Fonds und andere private Geldgeber ihre bisher gehaltenen Schuldpapiere mit einem Nominalverlust von 53,5 Prozent in neue, länger laufende Anleihen umtauschen können. Wie erfolgreich der sogenannte Schuldenschnitt wird, hängt davon ab, wie viele der privaten Gläubiger mitmachen.
Forderungsverzicht gesetzlich verankert
Am Donnerstag hatte das griechische Parlament ein entsprechendes Gesetz verabschiedet, wonach die Privatgläubiger auf 107 Milliarden Euro ihrer Forderungen verzichten sollen. Der Forderungsverzicht ist Teil der Rettungsmassnahmen, die Griechenland zusammen mit einem 130 Milliarden Euro schweren Hilfspaket der internationalen Geldgeber vor einem drohenden Staatsbankrott retten sollen.
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