Aufwertung Bahnhof SBBDer Westflügel erstrahlt in neuem altem Glanz
Statt 40 Millionen Franken kostete die Renovation und Modernisierung des westlichen Teils des Basler Bahnhofs rund 100 Millionen. Es hat sich gelohnt.

Er war in die Jahre gekommen, düster und vergammelt. Mit dem Westflügel des Basler Bahnhofs SBB war kein Staat mehr zu machen. Die klotzartigen Installationen des Schweizer und des französischen Zolls beherrschten dort den grossen Saal. Der Verbindungsgang zum Hauptteil des Bahnhofs war durch den Einbau eines Zwischenstocks seit Jahrzehnten entstellt.
Es war einmal: Nun erstrahlt der Westflügel wieder in altem Glanz. «Die ursprüngliche Ambiance ist zurück», betonten die SBB bei einem Medienrundgang am Donnerstag.

Hell und lichtdurchflutet
In über vier Jahren Bauzeit wurde der ursprüngliche Zustand des 1905 bis 1907 errichteten Bahnhofs, der am Freitag offiziell eröffnet wird, wiederhergestellt. «Er ist wirklich nicht mit vorher zu vergleichen», betonte die Basler Baudirektorin Esther Keller vor den Medien. «Das war wirklich ein düsterer Ort. Jetzt ist er hell. Die Leute werden freundlich empfangen. Der Westflügel trägt so dazu bei, den öffentlichen Verkehr attraktiv zu machen. Er wird ein Ort, an dem man gern verweilt.»

Dazu trägt auch bei, dass die historische Bausubstanz freigelegt wurde und nun wieder sichtbar ist. Die Einbauten in der SNCF-Halle wurden entfernt. Der Verbindungsquergang zwischen den Bahnhofsflügeln wurde ebenso originalgetreu rekonstruiert wie die historischen Bahnhofsbuffets und Wartesäle.

Die Migros ist mit ihrer «Eatery» und dem Blumenladen nach wie vor im Buffet 1. Klasse eingemietet. Da der grosse Supermarkt neu im Untergeschoss ist, kommen die historischen Gemälde besser zur Geltung.
«Wir verstehen diese Orte funktional, aber es sind ja kantonale und nationale Denkmäler. Da muss man sich dann eben finden», beschreibt der Leiter der SBB-Immobilien, Alexander Muhm, die Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege, die die Arbeiten am historischen Gebäude eng begleitete. «Alte Dampfloks kann man ausrangieren, Bahnhöfe nicht», so Muhm. Der oberste Basler Denkmalpfleger Daniel Schneller ist jedenfalls mit dem Resultat zufrieden. «Die SBB führten einen guten Dialog. Es waren ausgezeichnete Restauratoren am Werk. Die historische Atmosphäre wird erlebbar.»
Vier Lokale stehen wegen Corona leer
Zum Ambiente trägt auch das natürliche Licht bei, mit dem man durch die Freilegung der alten Oberfenster die Düsternis vertrieben hat. Grosszügige Raumverhältnisse sollen dem erwarteten Strom von Passanten und Reisenden Platz bieten. Ihnen steht ein grosses Angebot an Dienstleistungen, Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie zur Verfügung.

Wegen Corona hätten sich aber einige Gastrobetriebe zurückgezogen, sodass vier Lokale leer stehen. Das werde sich aber im Zuge der Erholung der Gastrobranche ändern, hofft Muhm. Neu eingezogen sind unter anderen die Confiserie Sprüngli und der Buchhändler Orell Füssli. In einem alten Wartesaal richtet das Restaurant Lora eine Bar im Stil des Fin de Siècle ein.
Umbau länger und teurer als geplant
Hauptmieterin bleibt die Migros. Sie ist mit einer «Eatery» im alten Buffet 1.Klasse präsent. Im neu ausgebauten Untergeschoss belegt sie rund 1130 Quadratmeter. Die Migros legt dabei Wert auf die frische Zubereitung von Nahrungsmitteln und Backwaren vor Ort.
Der Umbau des Westflügels dauerte länger und wurde teurer als geplant. Ein Vorprojekt lag schon 2010 vor und sollte 40 Millionen Franken kosten. 2013 wurden dann 82 Millionen Franken budgetiert. Immer wieder kam es beim Umbau zu Überraschungen, etwas als man 2018 einen Gebäudeteil, der aus Backsteinen, Ziegeln und Bruchsteinen bestand, abbauen musste. Schliesslich erhöhten die SBB das Budget auf rund 100 Millionen. Dieses Kostendach habe man dann aber eingehalten, betont Alexander Muhm. Der Basler Bahnhof sei für die SBB wichtig, rechtfertigt er den Aufwand. Er werde in den nächsten Jahren noch massiv wachsen.
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Simon Erlanger ist studierter Historiker und langjähriger Basler Lokaljournalist.
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