
Keith Schembri liess sich nie gerne fotografieren. Wenn die maltesischen Zeitungen jetzt Fotos von ihm zeigen, sind es meistens dieselben. Seine Rolle hinter den Kulissen der Macht, als Stabschef von Premier Joseph Muscat, schien ihm immer wichtiger zu sein als die grosse Bühne. Über die tatsächlichen Machtverhältnisse in der Auberge de Castille, dem barocken Regierungspalast in Valletta, sagte das aber offenbar nichts aus. Die Zeitung «Times of Malta» zitierte neulich einen Minister mit den Worten: «Es war immer Schembri, der die Entscheidungen traf.»
Diese Woche überstürzten sich nun die Ereignisse. Nicht nur in Keith Schembris Leben, sondern im Leben der maltesischen Politik insgesamt. Sie war immer schon dramatisch, die Vorgänge der vergangenen Tage aber hatten eine noch drastischere Qualität. Festnahmen und Verhöre im Umkreis derer, die im Oktober 2017 den Mord an der Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia organisiert und ausgeführt haben sollen, zerrten auch Schembri in die Tiefe. Einer der Kronzeugen, der Unternehmer und mutmassliche Hintermann Yorgen Fenech, hat Schembri als Auftraggeber des Bombenanschlags genannt. Den Stabschef! Man muss sich das mal vorstellen.
Wer die Wahrheit sagt, ist nicht klar. Doch damit hatte der Mordfall endgültig die Spitze der maltesischen Regierung erreicht, den innersten Machtzirkel. Schembri trat zurück, und so sind auch die Tage Muscats gezählt.
Muscat hielt zu seinem Ziehvater Schembri
Der 44-jährige Schembri war ein erfolgreicher Unternehmer, bevor er in die Politik wechselte. Seine Kasco Holding kaufte Papier ein und verkaufte es mit guter Marge weiter an die Druckereien. Bald handelte er auch mit Maschinen für Druckereien, investierte in Getränkemarken, Restaurants und Luxusmöbel. 2008 holte Muscat seinen Freund zur Labour Party.
Schembri sollte sich als formidabler politischer Stratege erweisen: Er revolutionierte den altbackenen Kommunikationsstil von Labour. 2013 gewann die Partei die Parlamentswahlen. Muscat wurde Premier. Die Berufung Schembris zum «Chief of Staff», einer neu geschaffenen Stelle im Organigramm, nannte er damals eine «natürliche Wahl». Die operative Leitung seines Unternehmens gab Schembri ab. Doch er behielt 99,9 Prozent der Anteile. Mehr noch als Kasco interessierte aber bald eine andere Firma, die er, kaum war er an der Macht, in Panama eröffnet hatte: die Tillgate. Sie schien in den Panama Papers auf. Offenbar sollte sie als Depot für Schmiergelder dienen. Schembri stritt das immer ab. Doch Daphne Caruana Galizia blieb dran. Sie nannte ihn korrupt und zeichnete Verbindungen nach zu einer mysteriösen Firma in Dubai, der 17 Black. Und die, so weiss man heute, gehört Yorgen Fenech, der unter anderem hoch dotierte Geschäfte im Energiesektor abschloss. Mit der Regierung.
Da floss also schon lange viel Trübes zusammen. Muscat hielt immer zu seinem Stabschef, der hatte ihn gross gemacht. Und Schembri sorgte mit einer neuen Meisterleistung dafür, dass die Malteser bei den Wahlen 2017 wieder mehrheitlich Labour wählten. Trotz der Schatten. Nun sind die Schatten so lange geworden, dass sie die ganze Bühne verfinstern.
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Der wahre Boss in Valletta
Keith Schembri, der frühere Stabschef der maltesischen Regierung, einst ein Shootingstar, zerrt alle mit sich in die Tiefe.