Der VW, der denkt und sich selber lenkt
Der Autopilot im Auto bleibt wohl eine Vision. Aber clevere Assistenzsysteme machen das Autofahren immer leichter und auch immer sicherer.

Die VW-Teststrecke auf dem Versuchsund Forschungsgelände in Ehra-Lessien, unweit der Konzernzentrale Wolfsburg gelegen, misst elf Kilometer. Dann endet die dreispurig angelegte, schnurgerade Privat-Autobahn abrupt und führt in einer spektakulären Steilwandkurve in Richtung Ausgangspunkt zurück. Der heute schon legendäre Bugatti Veyron soll hier unter strengster Geheimhaltung erstmals die 400 km/h-Marke geknackt haben.
Forschung für mehr Sicherheit
Geheime Tests laufen auf dem auch im Werksalltag hermetisch abgeschirmten Teil des europaweit grössten Testgeländes aber auch in ganz anderer Hinsicht. Zum Beispiel dann, wenn es um mehr Sicherheit und nicht um PS-Protzerei geht. Oder wenn VW-Ingenieure und Entwickler danach trachten, «intelligente» Elektronik so einzusetzen, dass sie dem Lenker oder der Lenkerin möglichst viel von ihrer routinemässigen Arbeit hinter dem Lenkrad abnehmen. Und ihn (oder sie) letztlich nur noch zum Entscheidungsträger in wichtigen Verkehrssituationen machen.
Ein stattlicher Teil der mehr als 700 Forscher, die in Deutschland, den USA, China und Japan für den Volkswagen-Konzern tätig sind, ist denn auch ausschliesslich mit dieser Thematik befasst. Sie vernetzen dabei das Auto immer stärker auch mit der Umwelt, mit anderen Verkehrsteilnehmern und der entsprechenden Infrastruktur, vor allem aber über die Schnittstelle Mensch - Maschine in letzter Konsequenz mit dem Fahrer selbst.
Passat CC als Technologieträger
Was zugegebenermassen trocken, technisch und eher theoretisch klingt, ist heute bereits ein gutes Stück weit Realität. Mehr noch: Die Serienreife ist bei etlichen Projekten schon erreicht. Was deutlich machen soll, wie zielgerichtet und zügig Forschungsprojekte in die Serienentwicklung einfliessen. Betont man bei VW.
Der Passat CC, das neuste Modell der Wolfsburger, steht dafür als Beispiel. Er vereint (allerdings optional) mehr Assistenz-und Fahrdynamik-Systeme, als jeder andere Volkswagen. Der Spurhalteassistent (Lane Assist) ist von der Forschungsabteilung 2004 freigegeben worden, die adaptive Fahrwerksregelung (DCD) folgte 2007 vorerst in einem Passat-Prototyp. Ebenfalls als Forschungsprojekt debütierte die automatische Distanzreglung (ACC) in praxisnahen Fahrzeugen.
Im Juni 2008 ist man bereits wieder einen Schritt weiter. Einen tüchtigen. In Ergänzung zu Lane Assist, Fahrwerks- und Distanzregelung kommt neu die integrierte Querführung hinzu. Basis dieser ergänzenden Spurführung ist das Erfassen des gesamten Umfeldes aus Sicht des Lenkers. Als wichtigste Datenquelle dienen dazu die Videobilder einer Stereokamera hinter der Windschutzscheibe sowie vorwärts, rück- und seitwärts gerichtete Radarsensoren.
Das Zusammenspiel all dieser Faktoren ergibt als spektakuläres Resultat das, was am vergangenen Freitag im Rahmen der jährlichen VW-Forschungsfahrt den Medien in Ehra-Lessien präsentiert wurde. Man setzt sich in einen entsprechend aufgerüsteten Passat mit der Aufschrift «Intelligent CAR», startet den Motor, gibt Gas – und fasst das Lenkrad gar nicht erst an. Auf der dreispurigen Autobahn-Teststrecke «denkt» das Auto für den Fahrer – und lenkt sich gleich selbst. Hält die Spur, umfährt supponierte Hindernisse und wechselten die Fahrbahn erst dann, wenn ihm der Lenker durch Betätigung des Blinkers den «Befehl» dazu gibt.
Unfallforschung als Ausgangspunkt Im «intelligenten Passat» könnte man problemlos die Vorstufe zum komplett automatisierten Auto sehen. Aber das ist weder bei VW noch bei anderen Herstellern das Ziel. Immerhin steht fest, dass solch clevere Assistenzsysteme, die auch beim Parkieren heute weitgehend selbstständig agieren, weiter an Bedeutung gewinnen werden. Sie sorgen für mehr Sicherheit, für mehr Komfort und erhöhen dadurch auch das Fahrvergnügen.
Eine zentrale Rolle bei der Weiterentwicklung solcher Systeme wird in den nächsten Jahren die sogenannte Car-to-X-Kommunikation spielen. Dahinter verbirgt sich ganz grundsätzlich die Vernetzung des Autos mit seinem Umfeld. Dabei greift das Fahrzeug auf die Information anderer Verkehrsteilnehmer zu, um so in allen Details das aktuelle Geschehen auf seiner Route zu analysieren. Das kann beim Stau auf der Autobahn ebenso wirksam sein wie im Stadtverkehr. Und soll im Weiteren dazu beitragen, auf unübersichtlichen Kreuzungen zumindest schwere Kollisionen zu verhindern. Was deutlich macht: Unfallforschung ist und bleibt auch im VW-Konzern Ausgangspunkt aller Überlegungen. Seit exakt zehn Jahren schon setzt man in Wolfsburg allein dafür Millionen ein.
Peter Hegetschweiler besuchte den VW-Forschungstag am 13. Juni in Wolfsburg auf Einladung von VW-Importeur Amag.
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