Der Verbindungsmann
Tag 3: Ein Dokfilm über einen staubtrockenen Brückenbauer ist das Stadtgespräch in Solothurn.
Vom Schweizer Ingenieur Othmar H. Ammann sagte man: Er hat grösser denken wollen als die Uhrmacher, aber genauso präzis wie sie. 1904 zog er mit ETH-Diplom von Zürich nach New York, arbeitet in verschiedenen Ingenieurbüros, entwirft die George Washington Bridge über dem Hudson River, für deren Bau er einen politischen Konsens erstreitet.
Die Hängebrücken, die Ammann in die Luft projiziert, sind Konstruktionen von funktionaler Eleganz mit immer grösserer Spannweite. 1964 wird sein Meisterwerk eröffnet: die Verrazzano-Narrows-Brücke von Brooklyn nach Staten Island, damals die längste Brücke der Welt.
Für sein dokumentarisches Porträt «Gateways to New York» hat Regisseur Martin Witz («The Substance: Albert Hofmann's LSD») Ammanns Archiv in der ETH durchforstet und eine grosse Anzahl von Tagebüchern und Briefen gehoben, die der Ingenieur aus der neuen Welt an seine Eltern und seine geliebte Lilly geschrieben hat. Lilly reist ihm nach, aber stirbt noch während der Grossen Depression. Der Ingenieur bleibt allein mit den drei Kindern, bevor er in Kalifornien eine Kläry Nötzli kennenlernt – die Witwe eines Ingenieurkollegen aus der Schweiz.
Der Robert Mueller der Brückentragödien
Von Ammann selber gibt es wenig Filmmaterial. Er hat ein gut geschnittenes, strenges Gesicht; auf den Fotos scheint er sich immer zu verstecken. «Gateways to New York» verschaltet die Biografie Ammanns mit der Geschichte einer wachsenden Stadt, in der immer mehr Autos verkauft werden. Die ruhige Schönheit von Bauplänen paart sich mit dem Gewusel der Urbanisierung, die trockene Ingenieurkunst mit dem währschaften Handwerkerstolz der Stahlarbeiter, die in grosser Höhe Nieten breitgeschlagen haben.

Martin Witz zeigt auch die Kosten des Aufbruchs, die tödliche Gefahr beim Bau und die Umsiedlungen, die für die Zufahrtswege nötig gewesen waren. Jedes Mal, wenn eine Brücke einstürzte, wurde Othmar Ammann in die Untersuchungskommission gerufen, als eine Art Robert Mueller für die Brückentragödien.
Ja, das ist ein Film über Zugbelastung und dynamische Windwirkung. Martin Witz, der kein grosses Aufhebens um seine Filme macht, schien nach der Premiere ganz zufrieden. «Ich glaube, der Film ist stabil.»
So, 27. Januar, 12 Uhr, Reithalle. Ab April im Kino.
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