Der «Überhacker» im Panikraum
Nach der Schliessung von Megaupload und der Verhaftung von Gründer Kim Schmitz alias «Dr. Kimble» alias Kim Dotcom werden neue Details bekannt. Schmitz rüstet sich zur Schlacht mit der US-Justiz.
Die Schliessung des Online-Speicherdienstes Megaupload und die Festnahme seines deutschen Gründers Kim Schmitz hat weltweit für Aufruhr gesorgt. Nach der Stilllegung der Plattform und der Festnahme Schmitz' hat es auch in Hongkong Durchsuchungen gegeben. Zollbeamte stellten mutmasslich aus illegalen Geschäften stammende Vermögen im Wert von 42 Millionen Dollar sicher.
Es seien sowohl Büros als auch Zimmer in Luxushotels durchsucht worden. Dort entdeckten die Fahnder unter anderem hochmoderne Server, wie die Behörden heute Samstag mitteilten. Schmitz alias Kim Dotcom hatte versucht, sich der Festnahme in seiner Villa in Neuseeland zu entziehen. Die Polizei sei mit zwei Helikoptern auf dem Anwesen in Coatesville nördlich von Auckland eingeflogen, berichtete Ermittler Grant Wormald.
«In der Nähe einer Waffe»
Der 37-Jährige habe sich ins Haus zurückgezogen und alle Türen elektronisch verschlossen. Während die Polizei diese Schlösser öffnete, habe er sich in einem sogenannten Panikraum verbarrikadiert. «Die Beamten mussten sich den Weg dorthin freischneiden», sagte Wormald. «In dem Raum angekommen, fanden sie Dotcom in der Nähe einer Waffe, die wie ein verkürztes Gewehr aussah.»
Bei der Razzia waren mehrere Luxuslimousinen, darunter ein Rolls-Royce Phantom und ein Cadillac aus dem Jahr 1959, Gemälde und Kontounterlagen sichergestellt worden. Dem Megaupload-Gründer werden in den USA unter anderem massive Urheberrechtsverletzungen vorgeworfen. Die US-Behörden betreiben seine Auslieferung. Mit ihm sind sechs Mitarbeiter beschuldigt, darunter drei weitere Deutsche.
Prominenter Verteidiger
Die Megaupload-Macher sollen mehr als 175 Millionen Dollar illegal verdient haben. Vor Gericht werden sie von einem der prominentesten Anwälte der USA verteidigt. Robert Bennett teilte am Freitag mit, dass er das Unternehmen vertrete. Bennett versprach eine engagierte Verteidigung, lehnte es aber ab, auf Einzelheiten des Falles einzugehen. Bennett wurde nicht zuletzt durch seine Verteidigung des ehemaligen Präsidenten Bill Clinton im Fall Lewinsky bekannt. Wann der Fall in den USA vor Gericht kommt, ist noch unklar. Allein eine Auslieferung der Beschuldigten von Neuseeland an die USA kann ein Jahr oder länger dauern, wenn sie dagegen vorgehen.
Offenbar aus Rache für die Megaupload-Schliessung hat die Hackergruppe Anonymous die Website des französischen Präsidialamtes angegriffen. Am Ende der Adresszeile auf der Internetseite des Elysée-Palastes waren vorübergehend Sprüche zu lesen, etwa der Anonymous-Slogan «We Are Legion» («Wir sind eine Heerschar»). Auch andere Sprüche wie «Die lächerlichste Präsidentschaft der Geschichte» waren in englischer Sprache eingefügt. Am Abend war die Website wieder in ihrer normalen Fassung zu sehen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy hatte die Schliessung von Megaupload.com begrüsst.
Anonymous hatte bereits kurz nach Bekanntwerden der Sperrung von Megaupload am Donnerstag in den USA Rache geübt: Die Hacker legten die Internetauftritte des US-Justizministeriums, des Konzerns Universal Music sowie des Verbandes der US-Musikindustrie für mehrere Stunden lahm.
Abstimmung verschoben
Der US-Senat verschob eine für Dienstag geplante Abstimmung über umstrittene neue Internetgesetze auf unbestimmte Zeit. Aus Protest gegen diese Pläne hatte unter anderem das Onlinelexikon Wikipedia seine Seite vorübergehend abgeschaltet. In der Kritik stehen zwei Gesetzesvorhaben, die sich der Bekämpfung der Internetpiraterie widmen und vor allem von der Film- und Musikindustrie unterstützt werden.
Alec Ross, ein Berater von US-Aussenministerin Hillary Clinton, warnte im Magazin «Focus», der Kampf gegen Onlinepiraten dürfe nicht zur «Zensurmassnahme» werden. «Wir werden kein Gesetz unterstützen, das ein innovatives Internet untergräbt und die freie Meinungsäusserung einschränkt», sagte er laut einem Vorabbericht vom Samstag.
sda/afp/ami/rek
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch