Der Turmbau zu Basel
Hinter dem Streit um das Warteck-Geviert stecken ganz verschiedene Interessen. Und die Gegner kämpfen mit schwammigen Argumenten. Ein Kommentar.

Wenn es um Hochhäuser in Basel geht, dann kommen immer auch Ängste vor allzu dominanten Gebäuden auf. Das war schon beim Messeturm so, der zum unfreiwilligen Wahrzeichen der Stadt zu werden drohte – glaubte man den damaligen Prophezeiungen. Heute ist der Messeturm noch nicht einmal mehr das höchste Gebäude der Schweiz und in Basel signalisiert er allenfalls das Messeareal. Dieses hat sich dank dem neuen Messegebäude von Herzog & de Meuron ohnehin stark gewandelt und das Gebiet wird sich in den kommenden Jahren weiter verändern. Für einen Ersatz des Messeparks durch einen Hotel- und Wohnkomplex werden bereits erste Studien gemacht.
Der Architekt Max Dudler, der beim Planungswettbewerb für den Messeturm den zweiten Platz belegte, schlug vor, gleich drei Hochhäuser zu bauen, um dem Turmbau die Wirkung eines Solitärs zu nehmen und eine Skyline im Kleinbasel zu schaffen. Damals kam dieser Vorschlag zu früh und er war zu gewagt. Jetzt wird die Idee von der aktuellen Planung eingeholt. Anstelle des heutigen Warteck-Gevierts soll der Claraturm von Morger+Dettli in die Höhe ragen. Ein städtebaulich vernünftiges Projekt, das 170 Wohnungen schafft, ohne die raren Grünflächen im Kleinbasel zu tangieren. Deshalb hat auch eine Mehrheit im Grossen Rat mit der Genehmigung des Bebauungsplanes die Grundlage für das neue Hochhaus gegeben.
Abriss sowieso bereits beschlossen
Gegen diesen Bebauungsplan ist das Referendum zustande gekommen, und in zwei Wochen stimmen wir darüber ab. Abgestimmt wird jedoch nicht über das Hochhausprojekt oder den Abbruch des Warteck-Gevierts. Wie das die Turmgegner derzeit vorgaukeln. Sie erwecken den Eindruck, dass ein Nein zum Bebauungsplan sowohl den Abbruch als auch den Bau des Hochhauses verhindern würde.
Dem ist jedoch nicht so. Der Abbruch der stark sanierungsbedürftigen Warteck-Häuser ist bereits beschlossene Sache. Der Regierungsrat hat die Unterschutzstellung des Areals Altes Warteck 2008 abgelehnt und dieser Entscheid wurde ein Jahr später auch vom Appellationsgericht gestützt.
Abbruchverbot hat nur empfehlenden Charakter
Mitten in die heisse Phase des Abstimmungskampfes platzte nun der Basler Heimatschutz mit der Meldung, die Warteck-Häuser könnten gerettet werden, weil hier ein Abbruchverbot gelte. Der Heimatschutz stützt seine Erkenntnis auf das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung (Isos).
Es mutet etwas seltsam an, dass der Heimatschutz erst jetzt auf dieses Faktum aufmerksam geworden ist. Die Diskussion um die Zukunft der Warteck-Häuser läuft bereits seit Jahren. Das Isos für Basel wurde im Mai 2011 in Kraft gesetzt, nachdem es ein Jahr zuvor von der Basler Regierung abgesegnet worden war. Das alles ist dem Heimatschutz bestens bekannt, doch ausgerechnet zwei Wochen vor der entscheidenden Abstimmung macht er diesen Umstand vehement geltend und spricht gar von einem Abbruchverbot. Die zuständige Isos-Projektleiterin beim Bund hingegen relativiert die Verbindlichkeit dieses Verzeichnisses und spricht bloss von einem empfehlenden Charakter. Ein Schutz der Warteck-Häuser ist also nicht garantiert.
Übertriebene Visualisierung nur versuchshalber erstellt
Mit ähnlich schwammigen Argumenten operiert auch der Präsident des Vereins Referendum gegen das Projekt Claraturm, Andreas Bernauer. Ihm muss man aber zumindest attestieren, dass er es geschafft hat, die notwendigen Stimmen für das Referendum zusammenzubringen, wenn auch viele von Gästen der betroffenen Lokale am Riehenring stammen dürften. Dass er aus eigennützigen Motiven gegen den Turmbau ist, bestreitet der Betreiber der Piano Bar vehement. Nicht glaubhaft ist jedoch seine Begründung, weshalb die Visualisierung eines ganz offensichtlich überdimensionierten Claraturms verbreitet worden ist. Bernauer sieht darin keine Fälschung der Tatsachen, sondern allenfalls «eine Übertreibung des Versuchs der Visualisierung». Die Fotomontage sei vom Verein nur «versuchshalber» erstellt worden.
Da wird Abstimmungskampf mit Mitteln betrieben, die zumindest als unlauter bezeichnet werden müssen. Nicht von ungefähr distanziert sich auch BastA! vom Referendumsverein und betreibt eine eigene – durchaus faire – Propaganda gegen den Claraturm.
Für ein lebendiges Kleinbasel
Vor diesem Hintergrund wird klar, wie hier verschiedene Interessen zur Ablehnung des neuen Turmbaus im Kleinbasel führen sollen. Die Betreiber am Riehenring wehren sich gegen den Abbruch ihrer Lokale, der Heimatschutz ist aus denkmalschützerischen Gründen ebenfalls dagegen und BastA! will kein Hochhaus, weil eine Verdichtung im Kleinbasel unnötig sei und günstiger Wohnraum verschwinde. Diese Allianz gaukelt eine breite Ablehnung des Bauvorhabens vor. Zumal sich die Bauherrschaft und die Befürworter eher zurückhalten. Doch es gibt gerade auch aus dem Kleinbasel viele Stimmen, die sich über eine weitere Aufwertung des Gebiets rund um den Messeplatz freuen.
Mit einem zweiten Hochhaus wird das Areal städtebaulich weiter aufgewertet. Der Wohnbau bringt zudem eine dauerhafte Belebung des Quartiers, das sich während und ausserhalb von Messen sehr unterschiedlich zeigt. Ein Ja zum Bebauungsplan für den Claraturm ist deshalb auch ein Ja zu einem lebendigen Kleinbasel.
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