Der Tüftler Tarkowski
Der russische Filmregisseur (1932–1986) geniesst geradezu kultische Verehrung. Eine Zürcher Ausstellung zeigt ihn nun als Handwerker bei der Arbeit.

Die Wände sind voller Bilder, fast alle in Schwarzweiss, nur in der Mitte leuchten ein paar Farbkleckse. Sind das etwa die Ikonenmalereien von Andrej Rubljow, über den der russische Regisseur Andrei Tarkowski 1966 einen Spielfilm drehte und dort ganz an den Schluss setzte, als eine Offenbarung in Farbe nach drei Stunden religiösen Wahns und mittelalterlichen Drecks in Schwarzweiss?
Ikonen sind es keine, das sieht man relativ rasch, sondern einige von Tarkowskis eigenen Malereien, die bildende Kunst hat er halt auch studiert neben der Musik, der Bildhauerei, der Orientalistik und der Geologie, bevor es dann an die Filmakademie ging. Und wie soll man das nun sagen? Schlagartig hat er es beim Malen offenbar nicht zur Meisterschaft gebracht.
Das staatliche russische Museum St. Petersburg verfügt über eine Fotosammlung zum russischen Kinomagier Andrei Tarkowski (1932–1986); einen grossen Teil davon gibt es nun in einer Schau im Ausstellungsraum der Stiftung Arina Kowner in Zürich zu sehen.
Beispiele der Bilderwucht
Man folgt Tarkowski durch die Jahre, von «Iwans Kindheit» bis zum Tod; es gibt Setaufnahmen, Porträts und andere Fotografien aus seinen Filmen zu bestaunen, heute würde man sagen: «publicity stills», die Marketingabteilungen von Studios sofort durch sämtliche Social-Media-Kanäle rauschen lassen würden.
Man sieht: Tarkowski, der wartet; Tarkowski, der Scheinwerfer inspiziert. Tarkowski beim Planen, Tarkowski beim Tarkowski-Sein. Durchs Werk geht es chronologisch die Wände entlang, vorbei an Filmszenen, die sich ihrerseits zu einer Ikonografie des Kinos reihen – der Birkenwald aus «Iwans Kindheit», die Traumzustände im «Spiegel»; Beispiele für eine Bilderwucht mit sehr hohem Wiedererkennungswert.
Wer sich das alles als sakralen Andachtsraum für einen ohnehin schon sektenmässig verehrten Regisseur vorstellt, der erlebt Tarkowski ganz im Gegenteil als Tüftler, der an den schweren Filmapparaten fuhrwerkt und komplizierte Einstellungen ausprobiert. Manchmal, heisst es, konnte er sich gar nicht entscheiden, was er auf dem Set tun wollte. Gegen das metaphysische Geklingel, das seinem Werk noch immer voraustönt, sind die Aufnahmen in der Ausstellung eigentlich das beste Gegenmittel. Sie zeigen den Künstler an der konkreten Arbeit im Feld. Denn was ist ein Meister anderes als ein hervorragender Handwerker?
Stiftung Arina Kowner, Zürich. Bis März. Sonntags jeweils Filmvorführungen. Am 4. 11. wird «Die Strassenwalze und die Geige» gezeigt, Tarkowskis Diplomarbeit von 1960. www.stiftungak.com
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch