Der Strippenzieher aus dem Exil
Vor sieben Jahren wurde er vom Militär gestürzt, trotzdem sorgt Thaksin Shinawatra in Thailand noch immer für Unruhen. Die Gegner des früheren Regierungschefs fürchten nichts mehr als seine Rückkehr.
Im Amt ist er schon lange nicht mehr. Doch immer, wenn Thailand von politischen Unruhen erschüttert wird, fällt sein Name: Thaksin Shinawatra. Der Ex-Regierungschef und Milliardär spaltet nach wie vor das Land. Obwohl 2006 vom Militär gestürzt und später zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, zieht er weiter aus dem Exil in Dubai die Strippen der Macht. Seine Gegner in Bangkok fürchten nichts mehr als eine Rückkehr des 64-Jährigen.
Die Feinde und Freunde Thaksins stehen sich in dem südostasiatischen Land unversöhnlich gegenüber. Die sogenannten Rothemden sind glühende Anhänger Thaksins, sie haben ihre Basis in der armen Landbevölkerung im Norden und Nordosten Thailands. Auf der anderen Seite stehen die Vertreter der städtischen Mittelklasse und Eliten, die Königstreuen und Intellektuellen, früher unter der Sammelbezeichung «Gelbhemden» vereint.
Mehr als 90 Tote
Proteste der Gelbhemden, die heute als einheitliche politische Kraft nicht mehr existieren, hatten es in der Vergangenheit mehrfach vermocht, Thaksin oder mit ihm verbündete Politiker von der Macht zu vertreiben. Im Frühjahr 2010 jedoch waren es die Rothemden, die wochenlang Bangkok lahmlegten.
Bei den blutigsten Unruhen in Thailand seit Jahrzehnten starben mehr als 90 Menschen. Erst als die Streitkräfte mit aller Macht eingriffen, endete der Protest - aber es war der Weg bereitet für den nächsten Coup Thaksins: Gut ein Jahr später schaffte seine jüngste Schwester Yingluck, die er einmal als seinen «Klon» bezeichnete, den Wahlsieg und den Sprung an die Spitze der Regierung.
Yingluck treibt nun seit dem Sommer das höchst umstrittene Amnestie-Gesetz voran, das Thaksin die Rückkehr aus dem Exil hätte ermöglichen können - ohne wegen Korruption ins Gefängnis zu müssen.
Der Vorstoss wurde vom parlamentarischen Oberhaus zwar abgeschmettert, aber der Unmut der Gegner des früheren Regierungschefs war nicht mehr zu bändigen. Seit Tagen gehen nun zehntausende Demonstranten in Bangkok auf die Strassen und fordern die endgültige Abschaffung des «Systems Thaksin». Getragen wird der Protest von ehemaligen Gelbhemden, Demokratiebefürwortern, königstreuen Aktivisten, Studenten und Angehörigen der Mittelschicht.
Ungenierter Populismus
Die thailändische Landbevölkerung jedoch liebt den Aufsteiger und Milliardär Thaksin, der seinerzeit eine kapitalistische Politik mit populistischen Geschenken für die Armen paarte. Sein ungenierter Populismus brachte ihm gar den Spitznamen «Berlusconi Asiens» ein, in Anspielung auf den umstrittenen früheren italienischen Regierungschef.
Lange Zeit galt Thaksin als Wunderkind. Zuerst stieg der Enkel eines armen chinesischen Einwanderers in der nordthailändischen Provinz Chiang Mai zu einem der reichsten Unternehmer des Landes auf; sein Familienclan wurde mit Seidenhandel reich. In den 90er Jahren ging er in die Politik und verbuchte 2001 den grössten Wahlsieg in der Geschichte Thailands. Der Jurist, der seinen rasanten Aufstieg gern als Tellerwäscher-Märchen beschrieb, wurde vom Volk fast wie ein König verehrt.
Dass er einen autokratischen Stil pflegte, wichtige Posten gern mit Verwandten besetzte und seine politische Macht auch geschäftsmässig nutzte, nahmen Thaksin aber viele übel. Den entscheidenden Riss bekam das Bild des Siegertyps im Januar 2006, als bekannt wurde, dass seine Familie ihre Anteile am Telekom-Konzern Shin Corp steuerfrei für rund 1,6 Milliarden Euro nach Singapur verkauft hatte.
Seither gibt es praktisch keine politische Krise in Thailand, in der Thaksin keine Rolle spielte. Bisher vergeblich hoffen einige in der derzeit hochexplosiven Lage auf ein Machtwort des hoch angesehenen Monarchen. Doch der 85-jährige König Bhumibol Adulyadej ist seit einigen Jahren schwer krank - und tritt kaum noch in der Öffentlichkeit in Erscheinung.
AFP/wid
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