Der Spülkasten
Ein Rohrbruch im dritten Stock flutet Untergeschosse im Biozentrum. Der Bezugstermin ist offen.

Freitag, 26. April, Nachmittag. Das Wochenende stand kurz bevor. Wasseralarm im Neubau Biozentrum. Erneut. Immerhin wusste die Basler Berufsfeuerwehr gleich, wo sie von der Spitalgasse aus in diesen Pannenbau vorrücken musste. Denn schon am Vortag war eine Equipe im Gebäude, weil ein Schweisser einen Feueralarm ausgelöst hatte. Geflutet war an jenem Freitag nach Ostern das zweite und dritte Untergeschoss; das Wasser stand ein bis zwei Zentimeter hoch auf den Betonböden. Auslaufendes Wasser unter den Hohlböden, beschreibt die Feuerwehr die Situation vor Ort.
Ein Glück, dass technische Geräte wie etwa Computeranlagen im Keller verschont blieben. Dann kamen während gut zwei Stunden Wassersauger der Berufsfeuerwehr zum Einsatz. Die Bauleitung organisierte flugs Austrocknungsanlagen. Der Schaden sei der Versicherung gemeldet worden, schreibt das Baudepartement im Namen der Bauherrschaften Kanton Basel-Stadt, Uni Basel und Kanton Baselland.
Reihe von Wasserschäden
Es ist längst nicht der erste Wasserschaden am Biozentrum. Der schlimmste wurde im vergangenen Herbst kommuniziert, als Wasser über die Betonplatte und Schlammsammler ins Untergeschoss des Gebäudes eindrang. Nachuntersuchungen haben zudem ergeben, dass die Entwässerung im Fussgängerbereich der Velorampe nicht ausreichen. Ebenso beim Eingang, wo zwei äussere Abläufe undicht sind. Es dürfte für weitere Verzögerungen beim Bau führen, der schon im Sommer 2016 hätte in Betrieb genommen werden sollen.
Im vergangenen Jahr ist zusätzlich auch eine Wasserleitung in einem Lüftungsgerät geborsten und hat Teile der Technikzentrale beschädigt. Dann, im Januar, regnete es aus den Lüftungen im obersten Stockwerk: unsorgfältig verschweisste Nähte bei den Anlagen sorgten dafür, dass der 15. Stock gewässert wurde. Der Schaden vom Freitag ist bloss ein weiterer auf einer langen Liste.
Der Verdacht, dass all diese Vorfälle im Biozentrum systembedingt sind, bestätigt nun ein ehemaliger Projektleiter. Dies, nachdem ihn die BaZ mit der Erklärung des Baudepartements zum jüngsten Vorfall konfrontiert hat. Dieses schrieb zum Vorfall vom 26. April: «Der Schaden ereignete sich im Rahmen eines periodischen, normalen Spülprozesses der Wasserleitungen, der dazu dient, Verunreinigungen zu vermeiden. Das abfliessende Wasser wurde von einer Pumpe und Wassertank im Keller nicht ordnungsgemäss weggepumpt. In der Folge staute sich das Wasser in den Fallrohren bis in die Höhe der 3. Etage, von wo aus es in einen Elektroschacht ausgetreten ist.» Und von dort floss es über mehrere Stockwerke wieder bis ins dritte UG, vergass man beim Baudepartement noch zu erwähnen.
Gebaut wie ein Siphon
«Mich wundert gar nichts mehr», lacht der ehemalige Projektleiter und erklärt, dass das Biozentrum nie hätte so gebaut werden dürfen. Als sinnloser Siphon sei die Entwässerungsanlage konzipiert. Man sammle das Wasser im dritten Untergeschoss, um es mit teurer Energie wieder hinauf ins Kanalisationsnetz zu pumpen, statt es gleich auf dieser Höhe einleiten zu lassen. Ohnehin sei die Sanitärplanung dermassen schlecht gewesen, dass man die Steig- und Fallrohre durchs ganze Gebäude zweimal gebaut habe. Schon der Baubeginn habe sich für den Generalunternehmer Erne AG um sechseinhalb Monate verzögert – wegen der gesamthaft schlechten Planung.
Dann zum Spülprozess selber: Es ist eine neue Auflage von Beamten, die zur Überzeugung gekommen sind, dass die während der Bauzeit meist unbenutzten Wasserleitungen regelmässig gespült werden müssten. Ein normales Durchspülen bei Inbetriebnahme des Gebäudes reiche nicht mehr. Die Spülprozesse, die in Perioden von 72 Stunden angesetzt und protokolliert werden müssen, führen vor allem bei grösseren Bauprojekten zu immensen Aufwänden, sodass Herstellerfirmen auf diese Auflage reagierten und versuchten, Neuentwicklungen zu lancieren.
Bauherren tragen Mitschuld
Die Schuld für die vielen Pannen auf Baupfusch zurückzuführen, hält der Projektplaner für zu billig. Vieles falle auf die Bauherren zurück, die Ausstattungen «an der Grenze des technisch Machbaren» eingefordert hatten. In diesem Zusammenhang erwähnt er auch die bereits defekte Fassade, die von der Fassadenfirma Gartner AG zwar entwickelt und bemustert worden sei, aber nicht mehr von ihr getestet wurde, nachdem der Metallfassadenbauer Aepli in Gossau den Zuschlag erhalten hatte. Indessen mussten wegen der defekten Fassade bereits vor Inbetriebnahme Musfeld-Kräne auffahren, obschon auf dem Gelände bei Aepli weit mehr Tests mit der Fassade gemacht worden seien, als bei der Ausschreibung eingefordert wurden.
«Die Sache ist so überreizt wie in der Formel 1. Auf der Teststrecke funktioniert der Wagen, und im Rennen verbläst es den Motor», vergleicht der Planer die Probleme mit dem Biozentrum. So habe Basel-Stadt von Erne AG etwa verlangt, Fassadenrinnen einzubauen, die das Bauunternehmen für eine Fehlkonstruktion hielt und sich darum weigerte, sie einzubauen. «Aber irgendjemand hat es dann doch gemacht.»
Einen neuen Bezugstermin, der schon zum vierten Mal verschoben wurde, mag das Basler Baudepartement nicht mehr nennen. Angeblich würden derzeit auch aussergewöhnlich viele Regiearbeiten im Verhältnis zur Bausumme vergeben – nachträgliche Arbeiten, die nach Aufwand verrechnet werden und deshalb viel teurer sind. Auf Anfrage, in welchem finanziellen Rahmen sich diese Regiearbeiten bewegen, schreibt das Baudepartement: «Eine Beurteilung, ob es sich um ‹aussergewöhnlich viele Regiearbeiten› handelt, ist schwierig, weil uns vergleichbare komplexe Bauvorhaben fehlen.» Man darf die Antwort auch so deuten: Der Bauherrschaft ist die Übersicht verloren gegangen.
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