Er machte Salvini rasend
Mit «Soldi» ist der Italiener Mahmood durchgestartet. Nun trat er im Zürcher Mascotte auf.

«Und jetzt», ruft Mahmood im ausverkauften Mascotte, klatscht dann zweimal in die Hände – und das durchgehend junge, vorwiegend weibliche Publikum kreischt. Denn der Doppelklatscher bedeutet: Nun kommt «Soldi», der Titel, auf den alle hier gewartet haben.
Ein zorniger Song ist es, über den Vater, der die Familie verliess und sich für den Sohn nur dann interessiert, wenn er Geld will. Und es ist ein schlauer Song: Die Mischung aus Rap und Ohrwurm, aus orientalisierenden Melodien und den brachialen Beiträgen der drei Bandmitglieder funktioniert auch im Mascotte. Nicht zuletzt, weil man beim Doppelklatscher so schön mitmachen kann.
Im Februar hat Mahmood mit «Soldi» das Festival von Sanremo gewonnen, danach wurde er beim Eurovision Song Contest in Tel Aviv Zweiter damit. Zur Bilanz hinzu kommen inzwischen fast 140 Millionen Youtube-Aufrufe, vier Platinauszeichnungen, Platz eins in der italienischen Hitparade (und auch in der Schweiz immerhin Platz fünf), ein Vertrag bei Universal Music. Und Geld, vermutlich. Ein paar Stunden vor dem Konzert sitzt Mahmood jedenfalls in Markenkleidung beim Interview und beantwortet Fragen: knapp, höflich, weit diplomatischer, als es seine Bühnenauftritte erwarten lassen.
Und plötzlich wurde Sanremo politisch
Warum Sanremo?, will man wissen – denn an ein Canzoni-Festival passt sein arabisch angehauchter Elektropop kaum. Er habe halt die grosse Plattform gebraucht, um bekannt zu werden, sagt Mahmood. Die fettesten Schlagzeilen verdankte er dann allerdings nicht seinem Sieg, sondern dem damaligen Innenminister Matteo Salvini, der twitterte, er hätte den zweitplatzierte Ultimo gewählt. Damit wurde Sanremo plötzlich politisch und Mahmood zum Vorzeigeopfer von Salvinis Fremdenfeindlichkeit.
Er selbst hat sich nicht beteiligt an den Diskussionen, auch im Gespräch mag er sich nicht dazu äussern. «Salvini hat halt einfach einen anderen Musikgeschmack», sagt er nur. Und: «Über Politik spreche ich nicht.» Muss er vielleicht auch gar nicht, die Musik sagt genug. «Heute schneide ich die Haare bei Mustafà / ich bin aus Milano Süd, aber es wirkt wie Afrika» singt er etwa in «Mai figlio unico»: Dass so etwas einem Salvini missfällt, liegt zweifellos nicht nur an der Melodie.
Aber Mahmoods Welt ist nun mal diese: Zwar wurde er in Mailand geboren, vor 27 Jahren, als Sohn eines ägyptischen Vaters und einer sardischen Mutter. Er ist Italiener durch und durch, schon als Kind hat er das Festival von Sanremo am Fernsehen verfolgt, seine Idole waren Lucio Dalla und Paolo Conte. Aber er spielt mit seinem zweiten Hintergrund, holt ihn in den Vordergrund: in den Texten, in der Musik, in den Videos, die er auf die Leinwand hinter der Bühne projiziert. Oder auch, wenn er bei der einzigen arabischen Zeile in «Soldi» das Mikrofon ins Publikum hält.
Perfekte Nachlässigkeit
Professionell ist das gemacht, wie der ganze Auftritt. Mit den schweren Schnürstiefeln und den Hosen in Schwarz und Signalorange sieht Mahmood aus wie ein durchdesignter Gleisarbeiter. An den choreografischen Elementen hat er gefeilt, bis er sie in perfekter Nachlässigkeit draufhatte; auch seine Stimme wirkt oft betont unterspannt.
Er weiss einiges anzufangen mit ihr, im lockeren Sprechgesang, in den Mitsingrefrains, bei den Ausflügen ins Falsett. Die Stücke seines Debütalbums «Gioventù bruciata» sind abwechslungsreich, wenn auch alle auf ähnlich Weise; es musste halt schnell gehen. Nach einer knappen Stunde ist das Material durch, Mahmood drückt Fanhände («ich fühle mich ja wie der Papst») und verabschiedet sich mit dem Versprechen, ein zweites Album werde folgen. Bald, sehr bald. Er will den Moment nutzen, um weiterzukommen. Bei der nächsten Ausgabe von Sanremo wird er jedenfalls nicht mehr dabei sein.
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