Der Knigge fürs Dinner mit dem Chef
Weihnachtsessen können ausschlaggebend sein für den weiteren Karriereverlauf. Wie man sich am Tisch richtig verhält, damit sich das Essen nicht als Stolperstein erweist.

Diese offenbar wahre Geschichte reichen sich Personalrekrutierer herum: Ein Kandidat hatte einen Posten als Topmanager fast auf sicher. Doch als er beim Abschlussessen beim Brot kräftig zulangte, es durchschnitt, dick mit Butter bestrich und reinbiss wie ein Kind ins Pausenbrot, da war das Rennen gelaufen.
«Bei Firmenessen erkennt man, ob jemand höflich ist, oder ob er nur mit Alkohol gesprächig wird», sagt Kim Johansson. Sie ist Chefin von Salesahead, einem Rekrutierungsunternehmen in Zürich. Doch Alkohol am Mittag sei gerade bei jüngeren Kandidaten sowieso tabu.
«Es ist halt wie im richtigen Leben»
Ganz anders beim Weihnachtsessen. Es wird getrunken. Zwar sind Personalessen keine Rekrutierungsplattformen. Unternehmen drücken damit gegenüber ihren Mitarbeitenden ihre Wertschätzung aus. «Doch ist es halt wie im richtigen Leben. Es kommt darauf an, wie man sich verhält», so Johansson.
Wie man sich auf gesellschaftlichem Parkett korrekt verhält, weiss wohl keiner besser als Bernard von Muralt. Er war unter anderem Stellvertreter und amtierender Chef des Militärprotokolls, Stellvertretender Verteidigungsattaché im diplomatischen Dienst und Leiter des Büros zur Ausbildung und Betreuung der Schweizerischen Verteidigungsattachés im Ausland.
Ihn ziehen Unternehmen heute bei, wenn es bei Assessments unter anderem darum geht, Kandidaten auf stilsicheres Auftreten zu testen oder es Mitarbeitenden beizubringen.
Das Essen beginnt bei der Kleidung
«Ein Weihnachtsessen beginnt schon vor dem Essen», sagt er. Gepflegte Kleidung und gepflegte Erscheinung gehören ebenso dazu wie höfliches, zurückhaltendes Auftreten, will heissen dem Gegenüber nicht ins Wort fallen, sich dem Chef nicht aufdrängen.
Wer als Mitarbeiter höflich sein will, der wartet, bis der Vorgesetzte auf ihn zukommt. Ein Fauxpax wäre es, von sich aus das «Du» anzubieten.
«Es kommt auf die Unternehmenskultur an, doch wie ein roter Faden gilt: Die ältere Person bietet das Du der jüngeren an, der Chef dem Mitarbeitenden und die Dame dem Herrn». Ist man sich anderentags nicht mehr sicher, ob das Du noch gilt, dann wechselt man sicherheitshalber zurück zum Sie.
Nicht schlemmen
Schreitet man zum Buffet, dann gilt es als unfein, sich den Teller voll zu laden. Und was man sich selbst schöpft, isst man auch. Wird serviert, darf bei üppigen Portionen oder besonderen Beschwerden wie etwa Allergien auch etwas auf dem Teller bleiben.
Die Salatsauce übrigens unbedingt. «Es ist eine Unsitte, mit dem Brot die Sauce aufzutunken», sagt Bernard von Muralt. Es könnte dem Gastgeber auch ein falsches Signal setzen: Nämlich, dass der Gast noch hungrig ist.
Achtung Brot
Sowieso das Brot. Kein Wunder, hat es schon manchem Bewerbungskandidaten die Karriere verhagelt. Steht es noch so verlockend, wohlriechend und begleitet von Buttertöpchen auf dem Tisch, ist es doch eher als Instrument gedacht.
Ein Gang an sich ist Brot nicht. «Brot ist da, um Speisen zu begleiten oder dem Salat auf die Gabel zu helfen», sagt Bernard von Muralt. Brot wird immer gebrochen und stückchenweise gegessen.
Darauf angesprochen, dass der richtige Umgang mit Messer und Gabel in einigermassen zivilisierten Kreisen wohl kaum mehr zu Fragen Anlass geben könne, sagt Bernard von Muralt: «Leider ist dem nicht so; erstaunlich viele brauchen das Messer wie einen Spachtel.»
Das Messer sollte ausschliesslich zum Schneiden verwendet werden. Wird es nicht gebraucht, bleibt es auf dem Teller. Braucht man die Gabel für einen Moment nicht, liegen Messer und Gabel leicht gekreuzt im Teller. «Furchtbar ist dieses links und rechts auf den Tellerrand abstellen.»
Wein, Bier, Fondue
Alles in allem gehe es bei den Umgangsformen darum, nicht unangenehm aufzufallen. «Vorsicht mit Alkohol», rät Bernard von Muralt darum generell - ein Ratschlag, den man auch befolgen soll, wenn keine traditionellen Weihnachtsessen durchgeführt werden.
Viele Unternehmen sehen nämlich inzwischen von traditionellen Weihnachtsessen ab, hat Adrian Houriet, Marketingleiter von «Erlebnis Schweiz» festgestellt. Das Unternehmen organisiert Mitarbeiteranlässe.
Beliebt seien Mischformen: Etwa ein Curlingspiel und ein anschliessendes Fonduessen. Für Houriet ist das eine Idealform, weil sportlich Aktives und Gemütlichkeit verbunden werden.
Mitarbeiter sollen sich kennenlernen
Zwischen 100 und 150 Franken geben die Unternehmen pro Person durchschnittlich für solche Anlässe aus. Houriet empfiehlt, Mitarbeitende aus diversen Abteilungen in Teams zu mischen. «Das wirkt auf die Motivation», sagt er.
Und sollte der Mitarbeiter nach gewonnener Curlingpartie beim Fondue dem Chef unangebrachterweise in bester Laune zuprosten mit dem Vermerk «Du, ich bin dann der Hans», dann erwidert der höfliche Chef diskret: «Hans, das ist ein sehr schöner Vorname.»
SDA/mrs
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