Der Jungsoldat, der das Pentagon blamierte
Ein brisantes Video eines US-Angriffs auf irakische Zivilisten löste viel Wirbel aus, nachdem es im Internet aufgetaucht war. Der Mann, der das Video weitergab, sitzt in U-Haft. Er kommt aus den eigenen Reihen.
Es war ein Video des Grauens und der Gewalt, das die Enthüllungsplattform Wikileaks vor rund zwei Monaten veröffentlichte. Das Video zeigte einen drei Jahre zuvor erfolgten Angriff eines US-Kampfhelikopters im Irak. Aufgrund eines Fehlentscheids nahm der Apache-Helikopter Zivilisten ins Visier. Mehrere Personen kamen ums Leben. Für besondere Empörung sorgten die zynischen Sprüche der Soldaten: «Schau dir die toten Bastarde an», rief einer. «Hübsch», sagte ein anderer.
Nach der Veröffentlichung des Videos mussten sich die US-Streitkräfte rechtfertigen. Das Pentagon versuchte, die Öffentlichkeit zu beschwichtigen. Gleichzeitig nahm sie die Suche nach dem Informanten auf, der das Video Wikileaks zur Verfügung stellte.
Informant brüstet sich in Internet-Chat
Inzwischen ist der Wikileaks-Informant enttarnt worden. Laut einem Bericht der amerikanischen Webseite wired.com hat eine Polizeieinheit der US-Armee im Irak einen 22-jährigen Soldaten festgenommen. Bradley Manning, so der Name des mutmasslichen Täters, soll sich in einem Internet-Chat gebrüstet haben, die brisanten Aufnahmen des Helikopterangriffs an die Öffentlichkeit gebracht zu haben.
Der 22-Jährige, der aus dem Bundesstaat Maryland stammt, war in einer 40 Kilometer östlich von Bagdad gelegenen Militärbasis stationiert. Als nachrichtendienstlicher Analyst hatte er offenbar Zugang zu streng geheimen Informationen. Manning befindet sich inzwischen in einer amerikanischen Militärstation in Kuwait in Gewahrsam. Bislang ist noch keine Anklage gegen ihn erhoben worden.
Auch 260'000 diplomatische Nachrichten weitergegeben?
Neben dem Video des Helikopterangriffs hat der 22-Jährige Wikileaks nach eigenen Angaben noch weiteres Material zugespielt. Brisant ist vor allem die Behauptung, etwa 260'000 geheime Nachrichten aus dem diplomatischen Dienst der USA weitergegeben zu haben. «Hillary Clinton und Tausende Diplomaten würden einen Herzinfarkt bekommen, falls die Dokumente einmal öffentlich zugänglich wären», schrieb Manning. Es gehe um «beinahe kriminelle politische Geheimgeschäfte».
Adressat dieser Zeilen war der frühere Starhacker Adrian Lamo, in dem er einen Gesinnungsgenossen vermutete. Offensichtlich hatte der junge Soldat Streit mit seinen Vorgesetzten und sich innerhalb des Militärs isoliert gefühlt.
Diebstahl von Geheiminformationen war einfach
Vor diesem Hintergrund entschied er im Februar, das brisante Material zu stehlen. Und das soll nicht besonders schwierig gewesen sein: «Schwache Server, schwache Protokollierungen, schwache physische Sicherheit, schlechte Spionageabwehr, unaufmerksame Signalanalyse...eine 1-A-Gelegenheit», notierte der Irak-Soldat in einer Nachricht an Adrian Lamo. Und er stellte die Frage: «Wenn du einen solchen Zugang zu geheimen Informationen hättest - 14 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche und dies während mehr als acht Wochen, was würdest du tun?»
Ob der E-Mail-Partner geantwortet hat, ist nicht überliefert. Jedenfalls kontaktierte der frühere Starhacker das FBI und die Armeepolizei. Ein paar Tage sass der 22-jährige Manning in Haft. Das Facebook-Profil des Soldaten wurde von einem Verwandten auf seinen Wunsch mit folgender Statusmeldung aktualisiert: «Einige von euch haben vielleicht gehört, dass ich für die Weitergabe geheimer Informationen an unautorisierte Personen verhaftet worden bin. Siehe collateralmurder.com». Auf dieser Webseite war auch das brisante Video veröffentlicht worden.
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