Der Hype um selbstfahrende Autos zerschellt an der Realität
Uber bringt seine autonomen Taxis einfach nicht auf die Strasse. Das stellt seine Existenz infrage.

Der Plan war ambitioniert: Der Fahrdienstvermittler Uber rechnete 2016 damit, schon in diesem Jahr 75'000 autonome Fahrzeuge betreiben zu können. Damit hätte Uber den grössten Kostenblock, die Bezahlung der Fahrer, stark reduzieren können. Gemäss Plan sollten im Jahr 2022 bereits 13 Grossstädte weltweit mit solchen Roboter-Taxis bedient werden.
Nun will Uber an die Börse. Und im Verkaufsprospekt sind Fakten und keine Visionen gefragt. Daher erklärte Raquel Urtasun, Chefingenieurin der Uber Advanced Technologies Group: «Wir werden zwar autonome Fahrzeuge noch in unserer Lebenszeit erleben. Doch die Frage nach dem Zeitpunkt ist nicht klar.» Es werde noch «lange dauern», bis die Technologie breit einsetzbar sei.
Investoren sind skeptisch
Der Hype um autonome Fahrzeuge hat kürzlich bereits mit dem Börsengang von Lyft einen Dämpfer erlitten. Das Unternehmen büsste in wenigen Tagen über 20 Prozent an Marktwert ein. Das ist ein klares Indiz für die Skepsis vieler Anleger angesichts der Tatsache, dass Lyft mit jeder Fahrt Verlust macht. Dabei fehlte es nicht an warnenden Hinweisen.
Im Börsenprospekt skizzierte Lyft einen deutlich langsameren Fahrplan für selbstfahrende Autos, als es die Promotoren der neuen Technologie noch vor wenigen Monaten taten. Demnach würde es bis zu 10 Jahre dauern, bis eine Flotte fahrerloser Taxis verfügbar sei. Und erst fünf Jahre später könnten dann solche Roboter-Taxis ausserhalb von Städten für längere Distanzen eingesetzt werden.
Geschürt wurden die Erwartungen in Sachen selbstfahrender Autos in erster Linie durch Uber und dessen Gründer Travis Kalanick. 2016 bezeichnete er die rasche Einführung der autonomen Technologie als «existenziell» für das Unternehmen. Umgehend kaufte Uber das Konkurrenzunternehmen Otto auf und heuerte dessen Chefingenieur Anthony Levandowski an, der als Wunderkind der neuen Technologie gefeiert wurde.
«Venture-Capital-Firmen decken den Verlust jeder einzelnen Fahrt. Ein solches Geschäftsmodell kann nur eine beschränkte Zeit überleben.»
Seither hat Uber gemäss Schätzungen von Techcrunch mehr als 900 Millionen Dollar in selbstfahrende Autos investiert. Die Ingenieure waren davon überzeugt, dass die Übernahme von Otto die Entwicklung der fahrerlosen Flotte um Jahre beschleunigen würde und die ersten 75'000 Wagen bereits 2019 unterwegs sein könnten.
Doch die Euphorie verflog. Der Kauf von Otto habe die Entwicklung nicht beschleunigt, sondern sogar behindert, erklärte Chefingenieur John Bares gemäss kürzlich publik gewordenen Gerichtsunterlagen. So habe Otto nicht einmal über eine brauchbare Lasertechnik verfügt. Stattdessen habe die Integration von Otto Uber stark gebremst.
Einen weiteren Rückschlag erlebte Uber mit der tödlichen Kollision eines autonomen Fahrzeugs mit einer Fussgängerin in Arizona. Die Testfahrten konnten erst vor kurzem wieder – und in reduzierter Form – aufgenommen werden.
Video: Uber-Unfall mit selbstfahrendem Auto
Es zeigt sich eben, dass das Verhalten von Fussgängern, Fahrradfahrern und anderen Autolenkern schwer voraussehbar ist. Der menschliche Faktor macht die autonome Technik komplex und teuer und zwingt Uber nun dazu, gemeinsam mit General Motors und Waymo an der Sicherheitsfrage zu arbeiten.
Uber und Lyft brauchen aber einen raschen Durchbruch. Beide Firmen schreiben grosse Verluste und können die Profitschwelle nur erreichen, wenn sie Kosten sparen. Erschwert wird die Lage für Uber zudem dadurch, dass das Wachstum bereits stagniert. Das Unternehmen hat deshalb auch den Ausgabepreis der neuen Aktien etwas gesenkt. Jedoch liegt der erwartete Börsenwert mit 90 bis 100Milliarden Dollar noch immer ausserordentlich hoch.
Doch der Druck der Investoren, die das Unternehmen in luftige Höhe geboten haben, ist gross. «Faktisch subventionieren die Venture-Capital-Firmen das Geschäftsmodell derzeit noch, indem sie den Verlust jeder einzelnen Fahrt decken», sagt Jason Schlotzer, Wirtschaftsprofessor an der McDonough School of Business. «Ein solches Geschäftsmodell kann nur eine beschränkte Zeit überleben.»
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