Soll & HabenDer falsche Weg!
Falls die Konzernverantwortungsinitiative angenommen wird, wird ein konstruktiver Weg zerstört.

Am 29. November stimmt die Schweiz über eine für die Wirtschaft höchst gefährliche Initiative ab, über die Volksinitiative «Für verantwortungsvolle Unternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt». Die Initianten haben mittlerweile zwar den medienwirksamen Titel «Konzernverantwortungsinitiative» für ihr Vorhaben etabliert, dieser ist jedoch schlichtweg falsch, denn – wie es der offizielle Name sagt: Alle Unternehmen wären betroffen, ganz generell. Also nicht nur grosse Konzerne, sondern auch die KMU. Bereits Ende 2016 ist die Initiative zustande gekommen. Seither fand einerseits eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit statt, und andererseits hat sich auch das Parlament immer wieder mit dem Vorhaben befasst. Bundesrat und Parlament lehnen die Initiative ab.
Schon heute engagieren sich Schweizer Firmen weltweit an vorderster Front für die Verbesserung von Menschenrechten und Umweltschutz. Auch in Ländern, in denen beispielsweise Kinderarbeit oder ungenügend umgesetzte Umweltschutzregulierungen vorkommen, arbeiten sie eng mit lokalen Partnern zusammen und suchen nach Lösungen, um die Verhältnisse zu verbessern.
Die Unternehmensverantwortungsinitiative zerstört diesen konstruktiven Weg. Sämtliche Schweizer Unternehmen könnten künftig haftbar gemacht werden für behauptete Verstösse von Dritten, beispielsweise von Lieferanten. Unsere Firmen würden so weltweit erpressbar – und quasi gezwungen, sich aus riskanten Ländern zurückzuziehen und die Zusammenarbeit mit lokalen Geschäftspartnern zu beenden. Damit stellt die Initiative nicht nur die gesamte Schweizer Wirtschaft vor massive Komplikationen, sondern schadet auch den Menschen in den Entwicklungsländern – also denjenigen, denen sie ja angeblich helfen will …
Gemäss der Initiative müssten Schweizer Unternehmen künftig über eine Sorgfaltspflichtprüfung sicherstellen, dass von ihnen kontrollierte Unternehmen und sämtliche Geschäftsbeziehungen weltweit – darunter fallen auch Kunden und Lieferanten – international anerkannte Menschenrechte und Umweltstandards einhalten. Die Schweizer Firmen müssten dies auch jederzeit beweisen können. Ohne diesen Beweis würden sie für den Schaden aufgrund einer Verletzung von Menschenrechten oder Umweltstandards haften, auch wenn dieser durch ein Drittunternehmen verursacht wurde, das für das Schweizer Unternehmen oder seine Tochtergesellschaften im Ausland Leistungen erbracht hat. Bei Verstössen im Ausland könnten künftig Schweizer Gerichte angerufen werden. Falls die Kläger die Gerichtskosten und die eigenen Anwaltskosten nicht aus eigener Kraft zu finanzieren vermöchten, hätten auch ausländische Kläger Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege in der Schweiz.
Bundesrat, Parlament und Wirtschaft lehnen die völlig übers Ziel hinausschiessende Initiative klar ab. Die Anliegen der Initianten wurden von den Politikern aber nicht einfach überhört. Das Parlament nahm sie vielmehr auf und verabschiedete einen indirekten Gegenvorschlag, der automatisch in Kraft tritt, wenn das Volk die Initiative ablehnt.
Dieser Gegenvorschlag verfolgt einen international erprobten Ansatz, der von vielen Staaten und Territorien in den letzten Jahren implementiert worden oder derzeit in Planung ist. Er schafft über neue Offenlegungs- und Transparenzpflichten sowie die Einführung spezifischer Sorgfaltspflichten zu Kinderarbeit und Konfliktmineralien die Basis für eine international abgestimmte und sachgerechte Regulierung – und somit einen Weg der Zusammenarbeit statt des Gegeneinanders. Das ist besser für alle Beteiligten, sowohl in der Schweiz als auch in den ärmsten Ländern.
Der Gegenvorschlag sorgt auch dafür, dass die Schweiz ihre Gesetzgebung im Gleichschritt mit ihren wichtigsten Partnerländern weiterentwickeln kann. Eine solche international koordinierte Herangehensweise ist für den Schweizer Wirtschaftsstandort essenziell. Machen wir also den Weg dazu frei – und sagen am 29. November Nein zur radikalen Unternehmensverantwortungsinitiative!

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