Der Expertenblick auf den Schweizer Startgegner
Gernot Rohr kennt die Equipe von Gabun im Detail. Der frühere YB-Coach betreute die Afrikaner bis im Frühling und kümmerte sich auch intensiv um die Entwicklung des ersten Schweizer Olympiagegners.

Als wundersam mag Gernot Rohr die erstmalige Olympiaqualifikation von Gabun nicht bezeichnen. Die Mannschaft habe im vergangenen November die Vorrunde mit Glück überstanden, erinnert er sich. «Im Halbfinal und im Final wurden wir extrem unterschätzt.» Senegal und Gastgeber Marokko, im Vergleich zum Ministaat mit nur knapp 1,5 Millionen Einwohnern Fussballgiganten, fanden gegen den krassen Aussenseiter kein Mittel.
«Gabun ist ein Team ohne Hang zur Selbstinszenierung. Die Spieler sind motiviert und seriös genug, ihr Ego nicht über das Kollektiv zu stellen», so Rohr. Er denkt nicht, dass die Akteure von Trainer Claude Mbourounot vor der europäischen Galerie von ihrer Spielweise abrücken werden: «Sie sind gut geschult und hatten in ihren Stammclubs schon früh viel Verantwortung zu tragen. Oft rücken sie schon mit 16 oder 17 ins Kader der Erstligisten vor. 50 Prozent haben zudem bereits erste Erfahrungen im A-Nationalteam gesammelt.»
Das Schwergewicht der Equipe ist zweifelsfrei Pierre-Emerick Aubameyang. Der 23-jährige Stürmer besitzt das Potenzial für eine bedeutende Karriere. In Saint-Etienne geniesst er nach 15 Treffern in der vergangenen Ligue-1-Saison einen Sonderstatus. Als Junior spielte er im Trikot der AC Milan – sein Vater arbeitete als Scout für die Italiener.
Rohr, in Bordeaux einst der Mentor von Zinédine Zidane, hält viel von Aubameyang: «Er ist einer der schnellsten Stürmer, mit dem ich je gearbeitet habe. Nach vielen Wechseln hat er in Saint-Etienne sein Glück gefunden.» Ein ähnlich hohes Niveau attestiert er Gabuns Regisseur Lévy Madinda: «Er besitzt alle nötigen Qualitäten. Weshalb er bei Celta Vigo nur im B-Team spielt, ist mir ein Rätsel.»
Sportminister war federführend
Gefördert wurde das bislang erfolgreiche Projekt in erster Linie von René Ndemezo Obiang. Der langjährige Sportminister und frühere Fussballer stellte die finanziellen Ressourcen bereit. «In Gabun werden die Coaches der Auswahlen vom Staat bezahlt. René hat auch ausserhalb des Verbandes enorm viel bewirkt und neue Ausbildungszentren finanziert, wo französische Experten tätig sind. Die Jugendarbeit ist exzellent.»
Gernot Rohr denkt, dass sich auch die strengeren Visa-Vorschriften positiv auswirken, wonach ausländische Clubs keinen unter 18-jährigen Afrikaner ohne Familiennachzug mehr engagieren dürfen. «So werden die jungen Talente nicht mehr einfach entwurzelt und später ihrem Schicksal überlassen.» Das habe auch zur Folge, dass sich die Einheimischen spürbar mehr um die Ausbildung ihrer Hoffnungsträger kümmern müssten.
Ndemezo Obiang ist inzwischen nicht mehr im Amt. Ganz unberührt von den politischen Veränderungen am Regierungssitz ist offenbar auch die Olympiakampagne nicht geblieben. «Im Umfeld der Nationalmannschaft tauchten plötzlich Leute auf, die ich zuvor nie gesehen habe und mischten sich ein», meldet Rohr aus Cap Ferret. Auch deshalb endete sein persönliches Engagement in Zentralafrika früher als gewünscht.
Widersprüchliche Aussagen
Die neuen Entscheidungsträger haben in den letzten Tagen vor dem Olympia-Auftakt gegen die Schweiz in Newcastle suboptimal operiert. Bruno Ecuele figurierte bis 24 Stunden vor dem Startspiel auf der offiziellen Teamliste, obschon für den 24-jährigen Abwehrchef die Freigabe des Ligue-1-Vereins Lorient nicht vorlag. Erst nach zunächst widersprüchlichen Aussagen bestätigte «Fégafoot» am Mittwochmorgen endgültig: «Ecuele ist nicht dabei. Wir haben im Moment nicht 18 Spieler.»
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