Der Euro-Rettungsfonds hat jetzt die dreifache Schlagkraft
Die Eurogruppe gab am Treffen der Euro-Finanzminister die nächste Tranche des Hilfskredits für Griechenland frei. In der Frage über die Hebelung des Euro-Rettungsfonds haben sie sich geeinigt.
Die Schlagkraft des Euro-Rettungsfonds EFSF soll nach dem Willen der Finanzminister der 17 Euro-Staaten mindestens verdreifacht und möglicherweise sogar verfünffacht werden. Dies sehen Leitlinien über den sogenannten «Hebel» für den EFSF hervor.
Einen entsprechenden Beschluss hätten die Minister am Dienstagabend in Brüssel gefällt, sagte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker. Der EFSF soll demnach Kredite privater Anleger absichern und deren Ausfallrisiko teilweise übernehmen. Damit könnten Staatsanleihen von Eurostaaten minderer Bonität für Anleger attraktiver werden.
Dem ursprünglich 440 Milliarden Euro schweren EFSF stehen noch etwa 250 Milliarden Euro zum Kreditausleihen zur Verfügung. Diese Summe soll auf mindestens 750 Milliarden Euro verdreifacht werden.
Erhofft wird sogar eine Verfünffachung auf 1,25 Billionen Euro. Allerdings halten Diplomaten inzwischen nur noch eine Verdreifachung für realistisch, weil potenzielle Investoren auf die «Hebel»-Pläne der Eurostaaten skeptisch reagieren.
Beim «Hebel» handelt es sich um zwei Möglichkeiten. Einerseits um eine Art Kreditausfall-Versicherung für private Anleger sowie einen Sondertopf (Co-Investment-Fonds), in den öffentliche und private Mittel fliessen sollen. Dieser kann dann Staatsanleihen aufkaufen.
Nächste Finanzspritze für Griechenland
Nur Wochen vor der drohenden Staatspleite hat die Eurogruppe neue Notkredite für Griechenland freigegeben. In den kommenden Tagen sollen die Hellenen die letzten acht Milliarden Euro aus dem auslaufenden Rettungsprogramm erhalten, beschlossen die Euro-Finanzminister in Brüssel. Die Freigabe stand auf Messers Schneide, weil die Geberländer von allen griechischen Parteien eine schriftliche Sparverpflichtung eingefordert hatten.
«Jetzt haben wir den notwendigen politischen Konsens, die notwendige nationale Einheit und Entschlossenheit, den Weg zu gehen», hatte der griechische Finanzminister Evangelos Venizelos in Brüssel für das so dringend benötigte Geld geworben.
Ursprünglich im Oktober bewilligt
Ursprünglich hatten die Euro-Finanzminister die acht Milliarden Euro schon im Oktober bewilligt. Nach der zwischenzeitlichen Ankündigung aus Athen, über die neuen Sparmassnahmen ein Referendum abzuhalten, hatten Berlin und Paris das Geld aber wieder eingefroren. Um nach der Regierungsumbildung ein abermaliges Hickhack zu vermeiden, verlangten sie zudem eine schriftliche Zusicherung der grossen Parteien in Athen, die Sparbeschlüsse dauerhaft umzusetzen. Dagegen hatte sich der Vorsitzende der konservativen Partei Nea Demokratia, Antonis Samaras, lange gesträubt - und erst vor wenigen Tagen den Brief unterzeichnet. Ohne die Tranche wären die Hellenen noch vor Weihnachten in die Pleite gerutscht.
Mit dem frischen Geld soll der Finanzierungsbedarf bis ins kommende Jahr gedeckt werden. Bis dahin muss das neue Rettungsprogramm unter Dach und Fach gebracht werden, das auf dem EU-Gipfel Ende Oktober verabredet worden war. Daran beteiligen sich Banken und Fonds durch einen Forderungsverzicht von 50 Prozent. Sie übernehmen durch den Schuldenschnitt eine Last von 100 Milliarden Euro, 100 weitere Milliarden wollen die Europartner zuschiessen.
Zwei Hebel für den Rettungsfonds
Um Griechenland und anderen Wackelkandidaten wie Italien zu helfen, das heute für seine Staatsanleihen fast acht Prozent Zinsen zahlen musste, will die Eurogruppe den Rettungsfonds EFSF heute Abend mit zwei Hebeln ausstatten: Er soll künftig Staatsanleihen zu 20 bis 30 Prozent absichern und mit dem Geld von privaten oder staatlichen Investoren aus dem Euro-Ausland aufgefüllt werden.
Die ursprüngliche Hoffnung, durch die Versicherungslösung könne die Feuerkraft auf mehr als eine Billion Euro verfünffacht werden, hat sich indes zerschlagen. Im Licht der angespannten Marktlage «wird es sehr schwierig, die Billionen zu erreichen», sagte Luc Frieden. «Der EFSF alleine kann deswegen nicht alle Probleme lösen. Wir müssen mit dem Internationalen Währungsfonds und der Europäischen Zentralbank zusammenarbeiten.»
Doch Deutschland stemmt sich weiter entschieden gegen ein Mandat für die Europäischen Zentralbank (EZB), allen Euro-Sorgenkindern unbegrenzt Staatsanleihen abzunehmen und so das ultimative Beruhigungssignal auszusenden. Ebenso wehrte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble den Ruf nach Gemeinschaftsanleihen (Euro-Bonds) in Brüssel ab. «Das eine wie das andere ist durch die geltenden Verträge ausgeschlossen», sagte Schäuble.
Berlin gerät weiter ins Abseits
Angesichts der steigenden Zinsen sprach zwar auch Schäuble von «einer generellen Zurückhaltung der Investoren in die Eurozone». Das Marktvertrauen werde aber nur durch den Aufbau einer Stabilitätsunion allmählich wiederkehren. Paris und Berlin wollen in den kommenden Tagen Vorschläge präsentieren, wie der Weg zu automatischen Sanktionen über Vertragsänderungen eingeschlagen werden kann.
In seiner pauschalen Ablehnung von Euro-Bonds oder einer stärkeren EZB-Rolle gerät Deutschland indes immer mehr in die Isolation. So signalisierte die ansonsten eng an Schäubles Seite stehende österreichische Finanzministerin Maria Fekter Flexibilität. «Wenn es strengere Mechanismen gibt, wenn Länder unter Kuratel gestellt werden können, dann können wir über Euro-Bonds reden», sagte Fekter. «Aber derzeit sind wir noch nicht soweit.»
Noch flexibler zeigte sie sich mit Blick auf die EZB. Die Zentralbank «hat sich ja schon weiterentwickelt», sagte sie angesichts des laufenden EZB-Aufkaufprogramms für Anleihen von Staaten im Visier der Märkte. Eine Weiterentwicklung des Programms sei aber nur «unter ganz strengen Auflagen» denkbar. Auch müsse man die Inflation genau im Auge behalten.
dapd/sda/miw
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