Januar

Es ist kaum zu glauben, wie weit weg gewisse Dinge schon scheinen. Als das Jahr beginnt, ist die Region noch in einem emotionalen Ausnahmezustand. Das Coronavirus (erinnern Sie sich noch daran?) sorgt für dauernden Gesprächsstoff. Die lokalen Gastronomieunternehmen kämpfen mit trüben Aussichten, weil der Bundesrat kurz vor Weihnachten noch einmal die Massnahmen verschärft hat. Sitzplatzpflicht, 2-G-Regel und Maskenpflicht sind zum Jahresbeginn das höchste der Gefühle.
Die neue Omikron-Variante sorgt für viele Erkrankungen. Gleichzeitig müssen die Experten, fast ein wenig zähneknirschend, feststellen, dass nur wenige Patienten den Weg ins Spital suchen.
Sogar weltweit zu reden gibt der Fall eines berühmten Corona-«Bschissers»: Tennis-Champion und Impfverweigerer Novak Djokovic will in Australien sein Racket schwingen. Aber so ganz sauber sind seine Einreisedokumente nicht – ihm wird Down Under die Einreise verwehrt. Plötzlich wird Djokovic von Milliarden von Menschen leidenschaftlich gehasst – als hätte er persönlich das Tor zur Hölle aufgestossen. Im Rückblick sieht das wohl so manch einer entspannter.
Februar

Einen Monat später ebbt Corona langsam ab. Die Baslerinnen und Basler machen sich so langsam Gedanken um die wirklich wichtigen Dinge: Was ist eigentlich mit der Fasnacht? Könnte man nicht vielleicht doch eine richtige machen, wenn Corona plötzlich ziemlich harmlos ist? Die Basler Regierung findet: nein.
«Wir wollen kein Volksfest für die ganze Region», sagt Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger in einer seiner letzten Medienkonferenzen, bei der Corona (und damit er selbst) noch irgendwie wichtig ist. Basel erlaubt dann ein bisschen Fasnacht – aber versucht zu verhindern, dass die Menschen den Weg nach Basel finden.
Das Sterben gerät noch vor der Fasnacht wieder ins Bewusstsein – allerdings nicht wegen Corona, sondern weil russische Truppen Ende Februar in die Ukraine einmarschieren.
März

Im März ist dann tatsächlich Fasnacht. Aber für einmal bleibt das Interesse hinter anderen Themen zurück. Der Krieg in der Ukraine beschäftigt die Menschen enorm. Statt einen Cliquenkeller zu suchen, überlegen sich viele, wo der nächste Luftschutzbunker wäre – Putins Drohung mit dem Atomkrieg drückt ein wenig auf die Stimmung in der Region.
Trotz Kriegswahnsinn machen im März aber auch viele «gewöhnliche» Themen in der Region Schlagzeilen: Beispielsweise die neuen Reiseziele, die ab dem Euro-Airport angeflogen werden können, oder nackte Tierschützer, die vor der Basler Boutique Bongénie Grieder gegen das Töten von Tieren für Pelzmäntel demonstrieren. Die Menschen sehnen sich nach der Pandemie offensichtlich nach ein bisschen Normalität.
April

Um Flugzeuge geht es auch im April. Genauer: um einen weissen Jumbojet. Die Boeing 747 ist 10 Jahre lang nutzlos auf dem Euro-Airport herumgestanden. Nur 42 Stunden hat der Riesenvogel in der Luft verbracht. Noch ein letztes Mal hebt das Flugzeug nun ab: zum Überflug nach Arizona, wo der Maschine ein tristes Dasein auf einem Flugzeugabstellplatz droht.
Ebenfalls schrottreif ist die Tschudy-Villa in Sissach. Je nach Sichtweise schon bevor oder erst nachdem der Eigentümer die Bagger auffahren lässt, um das Gebäude heimlich plattzumachen. Der Kanton hat dem Eigentümer zuvor provisorisch verboten, das Haus mit Baujahr 1924 abzureissen. Die Aktion wird dann mithilfe der Polizei gestoppt. Seither steht in Sissach eine Gebäuderuine.
Für positive Nachrichten hat im April stattdessen Zolli-Elefant Tusker gesorgt: Das Tier ist mit einem auf Video festgehaltenen Kunststück innert weniger Tage zu einem Star in den sozialen Medien geworden. Tusker legt einen riesigen Baumstamm auf eine Stahlsäule. Er tariert dann den Stamm so lange mit Stosszahn und Rüssel aus, bis er sich im Gleichgewicht befindet.
Mai
Begonnen hat der Mai so, wie er es in Basel eigentlich immer tut: mit einer Demonstration, mit Schmierereien und Schlägereien. In diesem Jahr ist ein Fotograf der BaZ das Opfer. Er wurde vom Mob attackiert, weil er dokumentiert, wie der Schwarze Block mit Zerstörung fremden Eigentums für eine bessere Welt eintritt. Nun ja.

Der Frühling ist zudem die Zeit, in der der FC Basel üblicherweise einem anderen Team zum Schweizer Meistertitel gratuliert. Auch in diesem Jahr bleibt den Baslern nichts anderes übrig. Für Schlagzeilen sorgt Rotblau aber trotzdem: Der ehemalige Topskorer Alex Frei wird der neue Trainer der Erfolglosen.
Juni

Kaum wird es Sommer, bewegt ein tragischer Todesfall im Gartenbad Bachgraben die Region. Ein 5-jähriges Mädchen ist im Lehrschwimmbecken ertrunken. Auch Wochen später ist die Anteilnahme riesig. Die Verantwortlichen müssen sich kritischen Fragen zu den Sicherheitsvorkehrungen stellen.
Kurz vor den Sommerferien geht es im Grossen Rat heiss her. Das Parlament soll entscheiden, ob im Stadtkanton flächendeckend Tempo 30 eingeführt wird. Die Gegner verfügen eigentlich über eine kleine Mehrheit. Doch weil einige der bürgerlichen Grossräte bereits in den Sommerferien weilen, setzt sich Links-Grün doch noch durch. Danach gehen die fassungslosen Bürgerlichen verbal aufeinander los.
Juli

Im Hochsommer diskutiert die Stadt – mal wieder – über ein Flugzeug. Obwohl der schweizerische Luftraum für russische Maschinen gesperrt ist, landet eine Maschine aus Moskau am Euro-Airport. Der Flieger der russischen Regierung hat sowohl von der Schweiz als auch von Frankreich eine Sondergenehmigung erhalten. Grund für den Flug ist die Verschiebung von Botschaftspersonal.
Zu reden gibt im Juli zudem die Geschichte eines Mannes, der die Polizei um Hilfe bittet und am Ende ohne Führerschein dasteht. Der 82-Jährige hat eine Notiz erhalten, dass jemand einen Parkschaden an seinem Auto verursacht habe. Bei der Polizei macht der Senior aber einen derart verwirrten Eindruck, dass die Polizei zum Schluss kommt, dem 82-Jährigen besser gleich den Führerschein abzunehmen.
August

Ein Sommer im Zeichen des Schwingens! Im Gegensatz zum Fussball wird in der Traditionssportart in diesem Jahr in der Region Basel ein Schweizer Meister gekürt. Pardon. Im Schwingen gibt es Könige. Am Esaf in Pratteln wird Wicki Joel aus Sörenberg LU in den sportlichen Adelsstand gehoben. Für die meisten Menschen in der Region, zumindest jene, die so tun, als verstünden sie etwas vom urchigen Treiben im Sägemehl, ist aber der Event an sich wichtiger als der König.
Kaum zurück vom Esaf, muss sich die Region mit dem Frieren auseinandersetzen. Nicht weil es im August so furchtbar kalt ist, sondern weil die Behörden uns auf den Strommangel vorbereiten. Ein ganzes Bündel von Massnahmen wird kommuniziert. «Besorgen Sie sich Bargeld in kleinen Scheinen», lautet beispielsweise einer der Tipps.
Apropos Geldscheine: Ein stolzes Bündel muss eine unbelehrbare Frau an den Staat abgeben, weil sie noch schnell vor einem Tram durchfahren will. Das hat nur mässig geklappt. In der Gerichtsverhandlung macht sie dann alles andere als eine gute Figur – und legte am Ende kräftig drauf.
September
Schadenfreude und Häme muss sich einen Monat später die Basler Polizei gefallen lassen. Die Polizisten verfolgen einen Velofahrer mit ihrem Tesla, der sich einer Kontrolle entzogen hat. Als sie dann aussteigen wollen, scheitert das Unterfangen, weil sich die Türen angeblich nicht richtig öffnen liessen.

Die Polizei bestätigt später den Vorfall und gibt zu Protokoll: «Bei korrekter Anwendung kann es nicht vorkommen, dass die Tür nicht geöffnet werden kann.» Das Justiz- und Sicherheitsdepartement ist allerdings schon froh, wenn überhaupt einer den Job macht. Da kann man nicht auch noch prüfen, ob die Bewerber wissen, wie man aus einem Auto aussteigt.
Oktober

Im Herbst sorgte ein wirklich wichtiges Thema in Basel für viel Gesprächsstoff. Eine Frau wird aus einem Basler Café gewiesen, weil sie innerhalb von zwei Stunden nur einen Tee konsumiert und ihren Laptop im Lokal aufgeladen hat. Skandal! Die Wogen gehen in den Kommentarspalten hoch – auf beiden Seiten.
Einfach zur Erinnerung: In der Ukraine tobt zur gleichen Zeit noch immer ein Krieg. Und genügend Strom für den Winter hat der Bundesrat bisher nicht in unsere Steckdosen gefüllt.
Eine gebürtige Baslerin wird derweil im Oktober beinahe Bundesrätin. Nein, nicht Eva Herzog – sie hat später bei der richtigen Wahl bekanntlich den Kürzeren gezogen. Gemeint ist Michèle Blöchliger, Regierungsrätin des Kantons Nidwalden. Alle sind begeistert, eine Frau bei der SVP! Und sie hat noch nichts Dummes gesagt! Einen Tag später ist es dann bereits wieder vorbei mit Herrliberg, ähm, mit der Herrlichkeit. Blöchliger hat irgendwie «vergessen», dass sie auch Engländerin ist.
November/Dezember

Es ist Fussball-WM. Nach monatelangen Diskussionen über Katar wird tatsächlich Fussball gespielt. Diverse europäische Nationen wollen ein Zeichen setzen und vergessen dabei ein wenig, dass Liebe keine Spiele gewinnt. Die Schweizer zeigen immerhin gegen Serbien Haltung – und Granit Xhaka in den Schritt. Aber immerhin hat es genützt. Gegen Ronaldo folgt dann allerdings eine schlaffe Leistung. Jänu. Wer will schon in Katar Weltmeister werden?
Apropos Griff in den Schritt: Das machen viele beim Serra-Kunstwerk auf dem Basler Theaterplatz seit Jahren ganz ungeniert. In diesem Jahr erfreut sich Serras Stahl-Toilette auch für das grosse Geschäft zunehmender Beliebtheit. Sehr zum Ärger der Stadtreinigung, die täglich mehrmals die Kackhäufchen wegputzen muss.
Eva Herzogs Nichtwahl in den Bundesrat ist aus Basler Sicht der Tiefpunkt in diesem Jahr. Zwar hat man sich am Rheinknie längst daran gewöhnt, dass der FCB gegen Hinz und Kunz verliert. Aber dass nun sogar jurassische Schwarznasenschafe der Basler Selbstverliebtheit den Platz an der Sonne streitig machen, das hat keiner kommen sehen (wollen).
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Das hat Basel 2022 bewegt – Nackte Wut, eingesperrte Polizisten und viele Kackhäufchen
Über diese Geschichten hat die Region Basel im vergangenen Jahr gelacht, geweint und gestritten.