Der enttarnte Plagiatsjäger
Die Internet-Plattform Vroniplag outete deutsche Spitzenpolitiker, die zu Unrecht einen Doktortitel trugen. Jetzt ist klar, wer der Gründer von Vroniplag ist. Geht es ihm wirklich nur um die Reinheit der Wissenschaft?
Seit einem halben Jahr überprüfen anonyme Internet-Aktivisten die Doktorarbeiten von deutschen Politikern auf Plagiate. Die Webseite Guttenplag machte den Anfang und brachte Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) zu Fall. Dann war Vroniplag an der Reihe und entlarvte zunächst Veronika Sass, Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), als Plagiatorin. Danach flogen auch die FDP-Europaparlamentarier Silvana Koch-Mehrin und Jorgo Chatzimarkakis auf.
Wer hinter Vroniplag steckt, war bis vor kurzem unklar. Aufgrund von Indiskretionen in Internet-Foren machte das Boulevardblatt «Bild» die Identität des Gründers der Anti-Plagiats-Webseite publik. Kurz zuvor hatte er «Spiegel Online» ein Interview gegeben – mit Namen und Foto. Der Mann, der sich im Internet Goalgetter (Torjäger) nennt, heisst Martin Heidingsfelder. Der 45-jährige Plagiatsjäger aus dem fränkischen Erlangen im Freistaat Bayern arbeitet als selbstständiger Programmierer. Zudem ist er Geschäftsführer einer Firma in der Online-Marktforschung – und Mitglied der SPD.
Verdacht auf parteipolitische Interessen
Nach der Enttarnung des Plagiatsjägers sagte Chatzimarkakis, dem der Doktortitel inzwischen aberkannt wurde, auf Anfrage der «Bild»-Zeitung: «Es stellt sich die Frage, ob hinter diesen Aktivitäten nicht der Anspruch wissenschaftlicher Reinheit, sondern eher parteipolitisches und kommerzielles Interesse steht.»
Gemäss Medienberichten weist Martin Heidingsfelder den Verdacht zurück, dass er und seine Mitstreiter aus parteipolitischem Interesse die Doktorarbeiten von FDP-Politikern unter die Lupe genommen haben. «Das ist Unsinn», sagte der IT-Unternehmer. «Ich bin nur einer von vielen.» Und Vroniplag sei kein Projekt der SPD. Es gebe auch einen SPD-Politiker, dessen Doktorarbeit von Vroniplag untersucht worden sei. Dieser habe nach Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe seine Promotionsurkunde freiwillig zurückgegeben. Der 45-Jährige, der sich als einfaches Mitglied der SPD bezeichnet, betont, dass er keine kommerziellen Interessen verfolge. Es gehe ihm um die Reinheit der Wissenschaft. Politiker und Anhänger von CDU/CSU sowie FDP glauben dies aber nicht.
Plagiatsjäger decken weitere Fälle auf
Gemäss einer Einschätzung der Zeitung «Welt» geht die Karriere des einst geheimnisvollen Vroniplag-Gründers langsam zu Ende. Kürzlich sei es zwischen Heidingsfelder und den rund 20 Leuten, die zum Kernteam von Vroniplag gehören, zum Bruch gekommen. Weil sich Heidingsfelder zu sehr in den Vordergrund gedrängt haben soll, seien ihm die erweiterten Administratorenrechte für die Vroniplag-Webseite entzogen worden. Laut «Welt» sieht es so aus, als ob er sich langsam vom Projekt verabschiedet.
Die Arbeit der Plagiatsjäger geht jedenfalls weiter. Wie das Wochenblatt «Zeit» berichtet, steht Sachsens Kultusminister, Roland Wöller (CDU), unter Verdacht, seinen Doktortitel zu Unrecht zu tragen. Die TU Dresden überprüft nun die Dissertation von Wöller.
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