Der Entscheid und seine Signalwirkung
Dass das AKW Mühleberg vom Netz geht, ist mehr als ein Abschalten. Der Entscheid hat Signalwirkung aus mehreren Gründen. Und klar ist auch: Die Atomlobby ist damit nicht am Ende.
Das AKW Mühleberg soll 2019 vom Netz genommen werden. Dies hat die Betreiberin BKW AG entschieden. Man kann zwar nicht unbedingt von einem Paukenschlag reden, ein solcher Entscheid hat sich seit einigen Wochen abgezeichnet. Mühleberg stand vor der Wahl, entweder für Hunderte Millionen Franken in die Sicherheit zu investieren oder das AKW 2017 vom Netz zu nehmen. Aus dem Entweder-oder ist ein typisch schweizerischer Kompromiss entstanden: Man lässt Mühleberg bis 2019 am Netz und investiert dafür 200 Millionen Franken in Betrieb und Instandhaltung.
Der heutige Entscheid hat aber Signalwirkung, weil das AKW Mühleberg wie kein anderes Atomkraftwerk in der Schweiz im Mittelpunkt der seit Jahrzehnten geführten Auseinandersetzung zwischen Atomlobby und Atomgegnern stand. Nun ist der endlose Streit um Gutachten, Betriebsbewilligungen und Sicherheitsprüfungen, und angebliche oder tatsächliche Verfehlungen der Aufsichtsbehörden zu Ende. Der Entscheid hat auch Signalwirkung, weil damit der von Bundesrat und Parlament nach der Atomkatastrophe von Fukushima beschlossene Atomausstieg etwas konkreter wird.
Bislang konnte man höchstens von einem «halben Ausstieg» sprechen, zumal Bundesrat und Parlament keine fixen Laufzeitbeschränkungen beschliessen wollten. Man kann auch jetzt noch nicht von einem «ganzen Atomausstieg» sprechen, aber man ist diesem Ziel ein bisschen näher gekommen. Noch wichtiger als das absehbare Ende von Mühleberg ist jedoch das Bekenntnis der Betreiberin BKW, sie wolle ihre Investitionen in den Ausbau der Wasserkraft und der Windenergie im In- und Ausland und in neue innovative Produkte und Dienstleistungen verstärken. Das ist gut für die «Energieperspektiven 2050», mit denen Bundesrat und Parlament das neue Energiezeitalter in der Schweiz einläuten wollen.
Das AKW Mühleberg wird aber auch konkrete Anhaltspunkte liefern, was kostenmässig in den kommenden Jahren in Sachen Stilllegung von Atommeilern auf die Schweiz zu kommt. Bisher gibt es hierzu Schätzungen und Berechnungen. Von Deutschland weiss man dagegen, dass solche Schätzungen der Realität hinterherhinken.
Es wäre aber zudem ein Fehler, zu glauben, dass die Atomlobby in der Schweiz nun die Waffen streckt. Die Gesuche zum Bau dreier neuer Atomkraftwerke hat man bis heute nicht zurückgezogen. Die grösste Schweizer Partei, die SVP – und mit ihr auch die FDP –, setzt weiter auf Atomenergie. So gesehen wird das Gezerre um Atomkraft auch in den kommenden Jahren noch weitergehen – aber wenigstens nicht mehr um Mühleberg und hoffentlich auch nicht mehr unter Mitwirkung der BKW.
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