Der Ankläger, der Strauss-Kahn hinter Gitter bringen will
Der Ex-Chef des IWF lässt sich durch den gewieften Promi-Anwalt Benjamin Brafman verteidigen. Ihr Gegenspieler ist Cyrus Vance jr., der unerbittliche Oberstaatsanwalt von New York.

Dominique Strauss-Kahn, der am Samstag eine Hotelangestellte sexuell attackiert haben soll, wird von den New Yorker Ermittlern nicht bevorzugt behandelt. Bis vor ein paar Tagen einer der mächtigsten Männer der Welt, muss sich der 62-jährige Franzose wie ein «gewöhnlicher Sexualtäter» vorkommen. Und das ist durchaus im Sinne von Cyrus Vance jr., der die Arbeit der Anklage gegen den am Mittwoch zurückgetretenen IWF-Chef leitet. Der New Yorker Oberstaatsanwalt, der der Demokratischen Partei angehört, hatte bei seinem Amtsantritt im vorletzten Jahr ein Strafverfolgungssystem versprochen, in dem alle Verdächtigen gerecht und gleich behandelt werden sollen.
Vance gilt als Ankläger, der den Schutz von Frauen und die Prävention von Gewalt zu seiner eigenen Sache gemacht hat, wie die französische Zeitung «Le Figaro» schreibt. Vor der Volkswahl zum obersten Staatsanwalt, die er mit 91 Prozent der Stimmen gewann, hatte der 56-Jährige klargemacht, dass er gegen häusliche und sexuelle Gewalt, deren Opfer meistens Frauen sind, hart vorgehen will. Auf seiner Webseite erklärt Vance, weshalb er sich für Frauenanliegen einsetzt. Geprägt habe ihn ein Fall, den er als junger Staatsanwalt bearbeitet hatte. Bei diesem Fall aus den 1980er-Jahren ging es um die Tötung einer Frau durch ihren Ex-Verlobten.
Erfolgreiche Sammelklage gegen Boeing
Seine Karriere hatte Vance bei der New Yorker Staatsanwaltschaft begonnen – damals gab es sehr viel Kriminalität in New York. Vance bearbeitete Fälle aus den Bereichen Mord, organisiertes Verbrechen, Korruption in der öffentlichen Verwaltung und White-Collar-Kriminalität. Nach etwa zehn Jahren zog der Absolvent der Elite-Universität Yale und der Georgetown Universität mit seiner Frau nach Seattle, wo er mit Partnern eine Anwaltskanzlei eröffnete.
Beim grössten Fall, den Vance als Rechtsanwalt gewann, handelte es sich um eine Sammelklage gegen den Flugzeughersteller Boeing. Vance vertrat rund 29'000 weibliche Angestellte, die wegen ihres Geschlechts diskriminiert wurden. Schliesslich holte er einen Schadenersatz von rund 72,5 Millionen Dollar heraus.
Sohn von Carter-Aussenminister
Vor sieben Jahren kehrte Vance nach New York zurück, wo er als junger Mann als kommender Polit-Star gehandelt worden war. Er schlug aber einen anderen Weg ein als sein berühmter Vater, der ebenfalls Cyrus hiess und Ende der 1970er-Jahre – unter Präsident Jimmy Carter – amerikanischer Aussenminister gewesen war. Vance junior setzte auf die Jurisprudenz und machte als Anwalt und Staatsanwalt Karriere.
Vance, der den Ruf eines gnadenlosen Anklägers hat, könnte dereinst – nach der Behandlung des Falls Strauss-Kahn – im gleichen Atemzug mit Kenneth Starr erwähnt werden. Starr ist der Jurist und Ermittler, der sich in der Lewinsky-Affäre mit dem damaligen US-Präsidenten Bill Clinton angelegt hatte. Starrs Untersuchungsbericht führte zum Amtsenthebungsverfahren, das Clinton zuletzt doch überlebte.
Im Fall Strauss-Kahn bekommen es die Ankläger rund um Oberstaatsanwalt Vance nicht nur mit einem prominenten, reichen und mächtigen Verdächtigen zu tun. Auf der Gegenseite steht auch Benjamin Brafman, ein brillanter Promi-Anwalt und Strafverteidiger, der selbst in aussichtslosen Fällen Freisprüche herausholt. Im Falle einer Verurteilung wegen versuchter Vergewaltigung, sexueller Belästigung und weiterer Vergehen drohen dem inhaftierten Ex-Chef des IWF bis zu 25 Jahre Haft.
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