«Der Alpenraum darf nicht mehr nur als Randregion angesehen werden»
Für den Kulturgeografen Werner Bätzing droht der Verlust der europäischen Kulturlandschaft.

Die Alpen entsiedeln sich, in immer mehr Tälern wird die Landwirtschaft aufgegeben. In der Schweiz gibt es Stimmen, die von «alpinen Brachflächen» sprechen und diese aus wirtschaftlichen Gründen aufgeben wollen. Ist das der richtige Weg?
Das wäre ein grosser Fehler. Wer von Brachflächen spricht, hat nicht verstanden, worum es geht. Die Alpen sind eine seit Jahrtausenden vom Menschen intensiv genutzte Kulturlandschaft. Wenn jetzt die landwirtschaftliche Nutzung zu grossen Teilen aufgegeben wird, so lässt sich dieser Prozess nicht aufhalten, so lange nach marktwirtschaftlichen Massstäben gedacht wird und die Öffentlichkeit in peripheren Regionen keine Entwicklungschance sieht. Ein Rückzug aus solchen Gebieten birgt grosse Risiken. Wer die Natur nach der Aufgabe der Bewirtschaftung in den Alpen einfach sich selber überlässt, nimmt damit auch dynamische Umwandlungsprozesse wie Verbuschung und Verwilderung in Kauf, die sehr rasch durchaus katastrophale Folgen haben könnten.