Demonstranten besetzen Ministerium in Kiew
Mehrere Dutzend Demonstranten haben die Kontrolle über das Justizministerium in der ukrainischen Hauptstadt übernommen. Die Proteste weiteten sich auf das ganze Land aus.
Regierungsgegner in der Ukraine haben am Sonntagabend das Justizministerium in Kiew besetzt. Dutzend Demonstranten warfen die Fenster im Erdgeschoss des Gebäudes im Zentrum der Hauptstadt ein und übernahmen die Kontrolle über das komplette Ministerium.
Ein maskierter Demonstrant sagte der Nachrichtenagentur AFP, es seien nur drei Sicherheitsleute im Gebäude gewesen und diese hätten keinen Widerstand geleistet. Alle vier Etagen seien von Demonstranten besetzt, sagte er.
Die Mitarbeiter des Ministeriums könnten am Montag kommen und Dokumente holen – aber nicht ihrer Arbeit nachgehen. Unmittelbar nach der Besetzung des Ministeriums begannen die Demonstranten mit der Errichtung von Barrikaden. Dazu nutzten sie unter anderem Müllcontainer.
Klitschko: «Nicht unter diesem Präsidenten»
Die Demonstranten in Kiew fordern den Rücktritt von Präsident Wiktor Janukowitsch und vorgezogene Neuwahlen. Die Proteste hatten im November friedlich begonnen – aus Protest gegen die EU-Abkehr des Präsidenten.
Janukowitsch hatte den Oppositionsführern am Samstag überraschend eine Machtteilung angeboten: Arseni Jazenjuk sollte Ministerpräsident, Witali Klitschko sein Stellvertreter werden. Während Jazenjuk das Angebot zum Regierungseintritt nicht rundweg ablehnte, aber weiterreichende Zugeständnisse forderte, legte sich Boxchampion Klitschko fest.
Er sagte der «Bild»-Zeitung (Montagsausgabe): «Ich kann mir nicht vorstellen, Vize-Premier unter diesem Präsidenten zu sein. Das wäre ein Verrat an unseren eigenen Leuten gewesen. Es führt kein Weg an Janukowitschs Rücktritt vorbei.»
Proteste von Odessa bis Kharkiw
Die Proteste erfassen zunehmen auch andere Städte ausserhalb Kiews. Das ukrainische Fernsehen zeigte am Sonntag in einer Live-Übertragung Bilder aus der Grossstadt Saporischschja im Osten des Landes, wo mehrere Tausend Menschen versuchten, ein Gebäude der öffentlichen Verwaltung zu stürmen. Die Menge wurde von der Polizei mit Tränengas und Blendgranaten zurückgedrängt.
In Dnepropetrowsk, dem Geburtsort der inhaftierten Oppositionsführerin Julia Timoschenko, versuchten 3000 Demonstranten, in das Hauptquartier der Regionalregierung zu gelangen. Auch in Odessa und Kharkiw spielten sich lokalen Medien zufolge ähnliche Szenen ab, allerdings mit weniger Teilnehmern.
EU ermahnt Janukowitsch
Die EU hat den ukrainischen Staatschef Wiktor Janukowitsch aufgerufen, seine in den vergangenen Tagen angebotenen Zugeständnisse auch umzusetzen. Die Regierung müsse «ihre Versprechen erfüllen», erklärte die EU-Vertretung in Kiew am Montag. «Die Verhandlungen müssen fortgesetzt werden», hiess es weiter.
Seit die Proteste gegen Janukowitsch vor einer Woche zunehmend gewalttätig wurden und bei Zusammenstössen mit Sicherheitskräften laut Aktivisten fünf Menschen getötet wurden, hat sich die EU wieder stärker in den Konflikt eingeschaltet. Am Donnerstag wird die EU-Aussenbeauftragte Catherine Ashton zu Gesprächen mit beiden Seiten in Kiew erwartet.
sda/AFP/chk
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