Dem Zoo schwimmt die SP davon
Von den Genossen erhält das Ozeanium keinen Support – sie beschliessen Stimmfreigabe.

Ist das Ozeanium, das der Zoologische Garten Basel an der Heuwaage bauen will, ein «Fischgefängnis»? Ein «rein kommerzielles Projekt», das Mehrverkehr produzieren und das Klima schädigen wird? Oder hat es Potenzial, zur neuen «Touristenattraktion» zu werden?
Das Ozeanium als Fluch, das Ozeanium als Segen – zwischen diesen Extremen bewegen sich die Delegierten der SP Basel-Stadt, als sie am Donnerstagabend im Volkshaus über das Grossprojekt reden. Am 19. Mai befinden die Stimmberechtigten darüber.
«Basel liegt am Rhein und damit sozusagen am Meer», sagt SP-Grossrätin Toya Krummenacher, die für die Ja-Parole wirbt: «Wir müssen Verantwortung für das Meer übernehmen. Genau das ist auch das Ziel des Ozeaniums.» Als Biologin stehe sie Grossaquarien durchaus kritisch gegenüber. Der Zolli sei aber europäisch, ja weltweit vernetzt und eine «glaubwürdige Institution». Er verfolge mit dem Ozeanium «keine Rentabilitätsziele», und es flössen für Bau und Unterhalt «keine Gelder des Kantons».
«Beitrag zur Bildung»
Krummenacher betont in ihrem Votum, die Behauptung der Gegner, wonach 80 Prozent der Fische beim Transport ins Ozeanium stürben, seien «nicht glaubwürdig». Pro Besucher und Jahr werde ausserdem «weniger Wasser verbraucht als in einem durchschnittlichen Hallenbad». Sie sagt an die Adresse ihrer Genossen: «Das Ozeanium wird in Basel ein Lernerlebnis für die breite Bevölkerung schaffen.»
Krummenacher findet im Plenum zwar Zuspruch: «Ich wünsche mir, dass das Ozeanium gebaut wird, denn es kann auch einen grossen Beitrag zur Forschung leisten», lautet der Tenor, oder: «Der Zolli, der im Winter wenig und im Sommer viele Besucher hat, könnte damit seine Betriebssituation verbessern.»
«Bloss Unterhaltung»
Doch die skeptischen Stimmen überwiegen. SP-Grossrätin Sasha Mazzotti, die für die Nein-Parole wirbt, verschafft ihnen mit ihrem Vortrag Aufwind. «Der Zolli ist so beliebt wie Roger Federer», sagt Mazzotti, «man neigt dazu, deswegen blind zu sein.» Sie sei «für den Zolli, aber gegen das Ozeanium». Wenn Zoo-Direktor Olivier Pagan behaupte, mit dem Ozeanium wolle man die Besucher zum Nachdenken anregen und sie sensibilisieren, zum Ökosystem Sorge zu tragen, mache sie das stutzig: «Die Menschen müssen die Umwelt selber lieben lernen; ein Ozeanium ist für sie doch bloss Unterhaltung.»
Mazzotti kritisiert die mit dem Ozeanium verbundene «Kommerzialisierung des öffentlichen Raums». Sie sagt, der Zolli habe «gut vierzig Jahre Zeit gehabt, uns mit seinem Vivarium die Lebenswelt der Fische näherzubringen». Jetzt müsse er nicht kommen und «Fische für das Ozeanium nach Basel verfrachten».
Ihre Welle der Kritik schwappt auf die Delegierten über. «Der Zolli wischt die Tatsache unter den Tisch, dass 90 Prozent der für Grossaquarien bestimmten Meerestiere gefangen werden müssen, weil man sie nicht züchten kann. Ich frage mich, ob man so etwas unterstützen soll», sagt eine Delegierte. Eine andere schliesst sich ihr an: «Ja, man muss die Tiere abfischen, dabei ist bereits ein Grossteil der Ozeane überfischt!» Eine Frau erhebt die Stimme: «Der Bund hat erklärt, es sei unmöglich, beim Zierfischhandel die Herkunft zu kontrollieren. Wenn der Bund das nicht kann, kann das der Zolli noch viel weniger.» Ein Mann kritisiert: «Das Ozeanium ist reine Eventkultur. Man wird Besucher aus 300 Kilometer Distanz herankarren. Allein schon aus Gründen des Klimaschutzes müssen wir Nein sagen.»
«Zusätzlicher Verkehr»
Toya Krummenacher hält dagegen: «Ich hoffe, dass ihr dem Zolli und seinen Fachleuten, die sich extrem für die Tiere und den Umweltschutz engagieren, Vertrauen entgegenbringt.» Sasha Mazzotti kontert: «Das Ozeanium soll jährlich über 650 000 Besucher anziehen, das schafft zusätzlichen Verkehr.»
Die Genossen, die noch im Oktober im Grossen Rat geschlossen hinter dem Projekt standen, stimmen ab – und beschliessen zunächst die Nein-Parole.
Aber damit ist die Versammlung noch nicht zu Ende. SP-Nationalrat Beat Jans stellt Antrag auf Stimmfreigabe – und hat Erfolg: 57 Delegierte sind dafür, 38 dagegen. SP-Regierungsrat Hans-Peter Wessels erklärt, warum das vernünftig sei: «Es gab gute Argumente für ein Ja und ein Nein zum Ozeanium. Wir sollten den Befürwortern mit einer Nein-Parole nicht das Maul verbieten.»
Nach den Grünen, die gar nichts vom Projekt halten, schwimmt dem Ozeanium nun auch ein Teil der Sozialdemokraten davon. Es könnte eng werden am 19. Mai.
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