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Dekadenz ohne Stil und Verstand

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Seit etwas mehr als vier   Jahren ist Herman van Rompuy nun Präsident des Europäischen Rats. Dass der 65-jährige Belgier dabei besonders auffällig agiert hätte, wird niemand behaupten wollen. So gesehen ist sich van Rompuy treu geblieben: «Die Sphinx» nannten sie ihn in Belgien, wo er von 2008 bis 2009 als Premierminister versuchte, wenigstens ein bisschen Ordnung in die surreal anmutenden Wirren des flämisch-wallonischen Kompetenz- und Koalitionsgerangels zu bringen.Wirklich erfolgreich war er dabei nicht, doch immerhin existiert Belgien noch immer, wenn auch mehr schlecht als recht, als ein Land, das keiner seiner Bewohner wirklich haben will und das doch weiter vor sich hin vegetiert, weil alle Angst haben vor der Stunde   null. Belgien zu regieren, das heisst, zum Manager der Agonie zu werden. Wäre man böse, könnte man nun Parallelen zur EU ziehen: auch hier ein Staatsgebilde, das ziellos vor sich hin steuert.Gott sei Dank, so möchte man sagen, hat Herman van Rompuy einen Weg gefunden, um die aus diesem Zustand resultierende Melancholie künstlerisch zu verarbeiten. Haikus schreibt er, Kurzgedichte im japanischen Stil. Eines von ihnen lautet: «De nacht is vallend / De kale takken zien er / Nog eenzamer uit.» Man muss des Niederländischen nicht mächtig sein, um hier den Grundton herauszuhören. hjm
Sie war bis 2009 das erotische Alibi der FDP Deutschland. Ihr Leben war ein Steigerungslauf nach oben, Diplomatentochter, Abitur, Studium, Doktorat, Frontfrau der Partei, erfolgreiche Politikerin, Europaparlamentarierin und dreifache Mutter, Superwoman. Dann brach das Konstrukt ihrer eklektischen Existenz zusammen. Sie versagte Europa ihren Dienst, aus welchen Gründen auch immer, indem sie kaum noch zu Sitzungen ging. Im Jahr 2011 besuchte sie keine einzige des Petitionsausschusses, des einzigen Ausschusses, in dem Koch-Mehrin noch Vollmitglied war.Der Verlust ihrer einst zahlreichen Ämter lag daran, dass ihre Doktor­arbeit: «Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik   – die lateinische Münzunion 1865–1927» sich als Plagiat herausstellte. Dennoch   – das zeigt, wie das Amtseuropa funktioniert   – wurde die heute 43-Jährige vier   Tage nach Aberkennung des Titels als Vollmitglied in den europäischen Forschungsausschuss berufen. Es gab massive Kritik, und als endlich auch in Brüssel angekommen war, dass sie eine Fälscherin ist, flüchtete Koch-Mehrin in einen andern Ausschuss, den Petitionsausschuss, in dem sie dann zur Ab­wesenheitskönigin wurde. Aber das war nicht der peinlichste Auftritt ihrer Karriere. 2010 nahm sie an der Talkshow «Hart, aber fair» teil. Nach 75   Minuten Show wurde sie gefragt, um wie viel die deutsche Staatsverschuldung in dieser Zeit zugenommen habe: «6000   Euro», antwortete sie. Richtig wären 20   Millionen gewesen. 6000   Euro, das sind zwei Drittel ihres EU-Monatsgehaltes. mib
Damals hiess er «Dany le Rouge». ­Damals, das war Mai   1968, politischer Rock 'n' Roll, Studentenunruhen, Dany war Mitglied des «Ausschusses für herrschaftsfreie Kreativität», zuvorderst auf den Barrikaden, er war der Leadgitarrist und sagte: «Ich bin ein anarchistischer Marxist. Uns treibt nicht der Hunger nach Essen, uns treibt der Hunger nach Freiheit, Liebe, Zärtlichkeit.»Die Gesellschaftsordnung wurde binnen eines Sommers ummodelliert, die neuen Maximen hiessen Love, ­Peace, Happyness und Sozialismus für alle, der Geist de   Gaulles war nur noch Untergrund. Am 21.   Mai 1968 wurde Cohn-Bendit wegen revolutionärer Aktionen aus Frankreich ausgewiesen, das machte ihn endgültig zum Helden einer neuen Welt, die Bäume schützen, ­Produktionsmittel umverteilen und frei sein und gut sein wollte. Zu Kindern auch. CB schrieb: «Letztes Jahr hat mich ein sechsjähriges Genossenmädchen verführt.» 2014 wird er, 68-jährig, nach 20   Jahren auch als Co-Vorsitzender der europäischen ­Grünen zurücktreten.Was bleibt von seinem Wirken, das er als rebellischer Leadgitarrenspieler begann und als lauter Luftgitarrenspieler beendete? Dass er sich der Informationsgesellschaft zugewandt hat, im Ausschuss für Wirtschaft und Währung und für konstitutionelle Fragen sass? Seine knapp 90 000   Euro Grundgehalt. Hat er Europa Charakter gegeben oder einfach nur sich selber weiter verviel­fältigt, wie er das nach dem Sommer seines Lebens stets tat? mib

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