«Das Wasser verschluckt uns!»
Harvey kam als Hurrikan und überschwemmt nun mit seinem Dauerregen weite Teile von Texas. Tausende fliehen auf Dächer und setzen verzweifelte Notrufe ab.
Nachdem Hurrikan «Harvey» in Texas schwere Verwüstungen angerichtet hat, bringt er nun sintflutartigen Regen. Dieser bedroht zunehmend dicht besiedelte Gebiete in dem US-Staat.
Der Wetterdienst erwartete in Teilen der Millionenmetropole Houston die Rekordmenge von fast 1,3 Metern Niederschlag. «Das Ausmass und die Intensität dieses Regens geht über alles bislang Dagewesene hinaus und führt zu katastrophalen Überschwemmungen», erklärte der Wetterdienst.
Schadenssumme wie bei Katrina
Die Hochwasserschäden durch Harvey könnten laut Experten ähnlich hoch liegen wie bei Katrina. 2005 gab es wegen des dortigen Sturms in den US-Bundesstaaten Louisiana und Mississippi versicherte Hochwasserschäden von mehr als 15 Milliarden Dollar. Jetzt seien hauptsächlich Kosten wegen der Regenfälle und Überschwemmungen zu erwarten, weniger wegen des Windes, teilte der Branchendienst Insurance Information Institute am Sonntag mit. Für präzise Schätzungen sei es allerdings noch zu früh, da der Sturm noch weiter wüte.
Da sich der Sturm kaum vom Fleck bewegt, dürfte er das Katastrophengebiet noch tagelang mit Starksturm, massiven Regenfällen, Überschwemmungen und Flutwellen beuteln.
Nationalgarde aktiviert
Obwohl der am Freitagabend mit Windgeschwindigkeiten von mehr als 200 Kilometern pro Stunde nordöstlich von Corpus Christi über die Küste hereingebrochene Hurrikan sich bis heute zum Tropensturm abschwächte, wurde die Lage insbesondere in Houston immer dramatischer. Beide Flughäfen dort wurden geschlossen. Im gesamten Staat seien 250 Fernstrassen wegen Überflutung gesperrt, sagte Gouverneur Greg Abbott in Austin. Er aktivierte 3000 Mitglieder der Nationalgarde.
Mit steigendem Hochwasser gingen bei den Einsatzzentralen immer mehr Notrufe ein. Houstons Bürgermeister Sylvester Turner teilte mit, er habe ein Kongresszentrum als Notunterkunft öffnen lassen. Dort trafen bis zum frühen Nachmittag bereits mehrere Hundert Menschen ein. Pritschen für sie fehlten noch.
Über 2500 Notrufe eingegangen
Turner rief die Bewohner auf, ihre Autos stehen zu lassen und zu Hause zu bleiben. Sollte das Wasser kommen, sollten sie auf das Dach flüchten. Im Haus zu bleiben, könnte zur tödlichen Falle werden. Turner verteidigte seine Entscheidung, die 2,3 Millionen Einwohner der viertgrössten Stadt des Landes nicht zur Evakuierung aufgefordert zu haben. Niemand habe in dem Flachland voraussagen können, wohin die Fluten genau kommen werden.
Feuerwehrchef Samuel Pena sagte, von Mitternacht bis gegen 10.30 Uhr hätten seine Leute auf mehr als 2500 Notrufe reagiert. Weitere 1000 Anrufe müssten noch bearbeitet werden. Zudem habe die Feuerwehr in der Nacht innerhalb von drei Stunden mehr als 250 Mal Menschen aus Fahrzeugen im Hochwassergebiet gerettet. Menschen nutzten alles Erdenkliche, um sich über Wasser zu halten: Schlauchboote, Luftmatratzen, sogar Strandspielzeug – wenn es nur schwamm und Halt gab.
Mindestens drei Tote
Nach einer vorläufigen Bilanz kamen bis heute drei Menschen ums Leben, bis zu 14 erlitten Verletzungen. Präsident Donald Trump kündigte – voraussichtlich am kommenden Dienstag – einen Besuch im Katastrophengebiet an, «sobald diese Reise erfolgen kann, ohne Störungen zu verursachen».
Trump lobte die Einsatzkräfte: «Grossartige Koordination zwischen Behörden auf allen Regierungsebenen.» Es ist der erste grosse Notfalleinsatz seiner Amtszeit. Am Freitag hatte er Texas vorab zum Katastrophengebiet erklärt und damit Bundeshilfe für den Staat mobilisiert. Am Sonntag beriet er mit seinem Kabinett über die Lage dort. Er erklärte, oberste Priorität habe die Rettung von Leben.
Der Direktor der Behörde für Katastrophenmanagement des Bundes, Brock Long, sagte, der Bund richte sich auf eine «gewaltige Hilfsmission» ein. Diese Katastrophe sei ein einschneidendes Ereignis.
Hilfe von Privaten
Menschen aus gefluteten Wohnungen, Speichern oder Autos zu retten, war die dringendste Aufgabe der Hilfsmannschaften. Der Sheriff von Harris County, Ed Gonzales, gab Notrufe über Twitter weiter. Darunter den einer Frau, die schrieb: «Ich habe zwei Kinder bei mir und das Wasser verschluckt uns.»
Die Behörden in Harris County baten private Bootsbesitzer, die Rettungsarbeiten zu unterstützen. Einer derer, die dem Aufruf folgten, sagte, in einigen Gegenden reiche das Wasser bis Schulterhöhe. Ausser Menschen, die sich in Sicherheit bringen wollten, habe er auch viele schwimmende Hunde im Wasser gesehen, sagte Jimmy Gonzalez weiter.
Das öffentliche Spital in dem County wurde evakuiert, weil der Strom ausfiel. Die 10'000-Einwohnerstadt Rockport nordöstlich von Corpus Christi bot ein Bild der Verwüstung: Umgestürzte Strommasten, Holzrahmen von auseinandergerissenen Häusern waren mit anderen Trümmerteilen auf Strassen verteilt. Rund 300'000 Haushalte schnitt Harvey von der Stromversorgung ab.
dapd/sda/nxp
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