«Das war die Rede seines Lebens»
Längst schien Bundesrat Schmid abgeschrieben. Zu früh vielleicht, wie seine heutige Rede zum Rüstungsprogramm zeigt: Der VBS-Chef zeigte sich so kämpferisch wie noch nie. Ob er das Parlament doch noch zu überzeugen vermag?
Was hat der VBS-Chef in der Vergangenheit nicht verbale Prügel einstecken müssen. Seit Monaten steht er im Kreuzfeuer der Kritik, zuletzt wurde er von einem früheren Parteikollegen gar als «teildement» verunglimpft. Heute nun sahen die Parlamentarier einen anderen Samuel Schmid: Keine halblauten Entschuldigungen und keine Notlügen mehr. Stattdessen suchte der Berner konsequent die Offensive – und punktete im grossen Stil.
«Das war die Rede seines Lebens. Noch nie habe ich Schmid so engagiert und authentisch gesehen. Da bäumt sich ein Politiker gegen die drohende Niederlage auf», urteilte Kommunikationsberater Patrick Rohr, der Schmids Rede für Redaktion Tamedia analysiert hat. Der frühere Moderator der «Arena» kennt Schmid: Er erinnert sich an fade Auftritte in der Politsendung. Und reibt sich über Schmids Befreiungsschlag die Augen: «In der gut gefüllten grossen Kammer herrschte aufmerksame Ruhe – und das über alle Parteigrenzen hinweg. Schmid ist es auf eindrückliche Weise gelungen, das Publikum in Bann zu ziehen».
Streit ums Rüstungsprogramm versachlicht
Das lag auch an der rhetorischen Qualität von Schmids Rede: «Er hat hervorragend argumentiert und die Beweisführung in Kausalketten jeweils sauber aneinandergereiht. Seine Sprache war bildhaft, mit konkreten Beispielen und stimmigen Vergleichen angereichert», so Rohr. Sehr geschickt habe der Bundesrat überdies versucht, den Streit um das Rüstungsprogramm zu versachlichen: «Statt einzelne politische Kräfte direkt anzugreifen, benutzte er Drittperson-Formulierungen. Damit hob sich Schmid von den Attacken der SVP merklich ab.»
Für Rohr lässt die furiose Rede Schmids nur eine Interpretation zu: «Es gibt Menschen, die grossem Druck nicht standhalten können. Sie werden nervös und fahrig. Bei Schmid hat der immense Druck offenbar eine gegenteilige Reaktion ausgelöst: Er ist über sich hinausgewachsen und hat seine defensive Haltung abgelegt. Das Lavieren der vergangenen Wochen ist damit in den Hintergrund gerückt.»
Meinungsumschwung noch möglich
Ob Schmid die drohende Niederlage noch abwenden kann? Rohr glaubt, dass der Zug für den VBS-Chef noch nicht abgefahren ist – obwohl eine Niederlage beim Rüstungsprogramm laut Politexperten kaum mehr abzuwenden scheint. «Ich könnte mir vorstellen, dass Schmid mit seiner Rede durchaus zu einem Meinungsumschwung beitragen kann.» Ob der Bundesrat seinen Kopf tatsächlich noch aus der Schlinge ziehen kann, entscheidet sich morgen. Dann stimmt der Nationalrat über das Rüstungsprogramm ab. Lehnt er die Vorlage ab, dürfte es für Schmid noch schwieriger werden, sich am Bundesratssitz festzuklammern.
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