«Das Thema Wasser steht auf der Agenda»
Ab 1. Juli leitet Tobias Andrist (40) die Elektra Baselland (EBL) – er denkt an die Erschliessung neuer Geschäftsfelder.

BaZ: Nach Verwaltungspräsident Erich Geiser werden Sie am 1. Juli zum zweitwichtigsten EBL-Genossenschafter. Wie verstehen Sie Ihre Rolle?
Tobias Andrist: Zusammen mit dem Verwaltungsrat, der Geschäftsleitung, aber auch allen Mitarbeitenden will ich sicherstellen, dass unsere Genossenschaft, die bald 120 Jahre alt sein wird, sich erfolgreich weiterentwickeln kann. Ich werde das Rad nicht neu erfinden. Die EBL wird unternehmerisch innovativ und in ihrem Kerngebiet, dem Oberen Baselbiet, stark verwurzelt bleiben. Ich strebe keine komplexen Strukturen an, sondern möglichst einfache, die zu unserer Genossenschaft passen. Die Genossenschafter und Delegierten sind über den Verwaltungsrat unsere Auftraggeber und Chefs. Ihnen gegenüber stehen wir alle in der Pflicht.
Der Personalbestand stagniert. Werden Stellen in andere Länder abwandern?
Die Digitalisierung und mit ihr neue Technologien werden dazu führen, dass sich das Anforderungsprofil der Mitarbeitenden ändern wird. Und es ist richtig, dass wir bereits in Deutschland und Spanien Angestellte haben. Zudem betreiben wir Fernwärme- und Telekommunikationsnetze in anderen Regionen der Schweiz. Das hat zur Folge, dass ein kleiner Teil der Mitarbeitenden auch in Zukunft ausserhalb unseres Kerngebietes tätig sein wird. Die Zahl der Stellen dürfte mittelfristig mit weiterem Wachstum wieder steigen. Das Gleiche wird auch mit unserem Umsatz passieren.
Die EBL ist bei Weitem nicht nur eine Genossenschaft. Ihre zehn Tochtergesellschaften sind AGs oder GmbHs. Führt das nicht zu Friktionen?
Die Genossenschaft maximiert im Gegensatz zu einer AG nicht die Gewinne. Deshalb können wir als Genossenschaft eben auch in Bereiche investieren, die nicht zwingend einen Profit abwerfen. Weil wir beide Strukturen haben, können wir Risiken besser verteilen.
Anders als bei den Basler IWB fehlen bei der EBL die Bereiche Gas und Wasser.
Im Gasbereich verfolgen wir keine Projekte. Wir würden aber gerne zusätzliche Infrastrukturen in unserem Tätigkeitsbereich betreiben. Beim Fernwärme-, Stromnetz- und Telekomgeschäft zeigt sich deutlich, dass dadurch Synergien genutzt werden können. Das Thema Wasser steht auf unserer Agenda, schon weil wir grosse Fernwärmenetze betreiben. Ich habe mich in letzter Zeit intensiv damit beschäftigt. Der Wasserbereich ist stark durch die kommunale Politik bestimmt. Wir würden Gemeinden gerne vom Nutzen grösserer Netze und der Zusammenarbeit mit der EBL überzeugen.
Welche Vorteile hätte das Baselbiet, wenn die EBL für die Trinkwasserversorgung zuständig wäre?
Kanton und Gemeinden hätten die gleichen Vorteile wie etwa bei der Stromversorgung. Es ist einfacher, ein grosses Netz als annähernd hundert kleine zu betreiben. Die EBL würde ein Kompetenzzentrum schaffen und das Know-how dort bündeln. Die Gemeinden stehen bei der Wasserversorgung häufig vor grossen Herausforderungen – etwa bei Sanierungen oder Ausbauten. Gemeinderäte sind in diesen Fällen regelmässig überfordert und müssen Kompetenz zukaufen. Die EBL würde für Kontinuität und Kosteneffizienz sorgen, gewiss aber auch grosszügiger und weiträumiger planen. Es wäre eine Win-win-Situation für das Baselbiet. Das Vertrauen in die EBL als Unternehmen ist bereits gross. Die Erweiterung unseres Geschäfts auf das Wasser würde zweifellos Sinn machen. Allerdings wird noch viel Überzeugungsarbeit notwendig sein.
Würden Sie sich als Dienstleister verstehen oder ganze Infrastrukturen mitsamt den Quellen käuflich erwerben?
Wir wären in erster Linie Dienstleister, zuständig für Planung, Betriebsführung und Wartung. Zuvorderst steht nicht die Idee, Quellen zu erwerben. Gemeinden wären davon wohl auch nur schwer zu überzeugen, denke ich.
Schielen Sie auch nach dem Abwasser?
Ich schliesse nichts aus. Die Situation präsentiert sich aber anders, da das Abwassergeschäft vom Kanton dominiert ist. Aber auch hier muss man sich fragen, wie kleinräumig man arbeiten will. Für die EBL spricht, dass sie kein fremder Anbieter wäre. Schliesslich gehören wir unseren Baselbieter Genossenschaftern. Von einem Ausverkauf wichtiger Infrastruktur könnte also keine Rede sein. Wir sind deshalb sehr gerne bereit, Hand zu bieten für gute Lösungen im Wasser- und Abwasserbereich. Am Ende des Tages entscheiden aber die Gemeinden und der Kanton darüber, ob sie dies wollen.
Gibt es schon konkrete Gespräche mit Gemeinden.
Ja. Wir haben bereits Gespräche geführt. Aktuell hat dieses Thema aber keine Priorität. Dies würde sich aber sofort ändern, wenn Gemeinden mit klaren Absichten auf uns zukommen würden.
Auf wie hoch würden Sie die Kostenersparnisse veranschlagen?
Im Detail wurde dies noch nicht quantifiziert. Würden Wassernetze im Baselbiet aber zentral gemanagt, müssten die Kosten zweifelsfrei deutlich tiefer liegen.
Welche Prioritäten setzen Sie zudem?
Ein grosses Ziel wird es sein, den Wachstumszyklus in der Zeit von 2000 bis 2012, der uns als Unternehmen extrem weitergebracht hat, auf ein neues Niveau zu heben. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an das Fernwärmegeschäft und die Telekommunikation. Auch für Genossenschaften gilt, dass Stagnation im Wettbewerbsumfeld einen Rückschritt darstellt. Natürlich können wir nicht pausenlos wachsen, sondern müssen unser Wachstum jeweils verarbeiten und Fremdkapital abbauen.Die letzten sechs Jahre waren für die Konsolidierung erforderlich. So konnten wir unsere Schulden stark abbauen und sind heute fit für neue Investitionen.
An welche Investitionen denken Sie?
Diese betreffen den Netzbereich ebenso wie die Fernwärme, den Stromvertrieb, die Stromproduktion oder die Telekommunikation. Unser Fokus wird sich deshalb von innen wieder nach aussen richten. Ich denke etwa an Gemeindestromnetze südlich unseres Stammgebiets. In Itingen sind wir neu für die gesamte Betriebs- und Geschäftsführung verantwortlich. Die Gemeinde bleibt Besitzerin des Netzes. Wir machen aber die ganze Arbeit. In der Telekommunikation wollen wir unsere Netze optimieren und kleinere, angrenzende Netze erwerben. Bei der Fernwärme wollen wir schweizweit weiterhin stark expandieren. Hier sind wir einer der wichtigsten Anbieter überhaupt.
Unter Ihrem Vorgänger Urs Steiner hat sich die EBL stark auf neue Erneuerbare Energien konzentriert. Sind diese Investitionen langfristig rentabel?
Ja, davon bin ich überzeugt, weil Wind- und Sonnenstrom laufend günstiger werden. Einige grosse Offshore-Parks in Deutschland verzichteten kürzlich auf Förderungsgelder. Sie sind rentabel. Gestehungskosten von 4,5 bis fünf Cent sind noch nicht das Ende der Fahnenstange. Die Marktpreise haben sich nämlich seit 2016 beinahe verdoppelt.
Die EBL besitzt rund sieben Prozent am Energieversorger Alpiq. Dieser hat sein Industriegeschäft verkauft. Wird die EBL ihre Beteiligung behalten?
Der Strombezugsvertrag mit der Alpiq respektive Atel ist 100 Jahre alt. Wir waren zu klein, um uns selbstständig an grossen Wasserkraftwerken zu beteiligen. So kamen wir indirekt zu einem Strombezugsvertrag. Mit dem Verkauf der Gebäudetechnik kommen wir bei Alpiq zurück zu den Wurzeln. Wir halten an unserer Beteiligung fest, um langfristig gute Strombezugsverträge zu Gestehungskosten generieren zu können. Zumeist liegen diese Preise unter den Marktpreisen und sind damit für die EBL und unsere Kunden rentabel.
Wie bereiten Sie sich auf die Liberalisierung des Strommarktes vor?
Der Markt wird noch einmal massiv durchgeschüttelt werden. Die Anforderungen an die Systeme werden steigen. Das Kundengeschäft wird aufwendiger und schwieriger. Unsere Erfahrungen mit Schweizstrom in Deutschland werden uns helfen, unseren Marktanteil zu erhöhen. Wir haben ein klares Wachstumsziel. Die EBL hat aktuell einen Anteil von knapp zwei Prozent am Stromgeschäft in der Schweiz. Diesen möchten wir in vernünftigen Schritten steigern. Riesensprünge erwarten wir deshalb nicht.
Was werden Sie anders machen?
Kann ich diese Frage in zwei Monaten beantworten? Nein, Scherz beiseite. Der Weg, den wir in den letzten 16 Jahren gegangen sind, war ein guter. Wir waren mutig, suchten Chancen, packten auch Dinge an, deren Ausgang nicht ganz vorhersehbar war. Diesen Geist will ich für das Unternehmen bewahren. Unser Fokus liegt auch weiterhin auf dem Baselbiet.
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