Das Scheitern einer ganzen Gesellschaft
Paul Austers «Sunset Park», benannt nach dem heruntergekommenen Häuserblock in Brooklyn, ist vor allem eines: eine Metapher für den Verlust.
Ein verlassenes Haus in einer abgehalfterten Gegend von Brooklyn, gleich neben einem Friedhof. An diesem beklemmenden Ort führt der Zufall vier junge Menschen zusammen. Sie alle sind auf der Flucht vor der Vergangenheit und auf der Suche nach sich selbst.
Für die Geschichten von Paul Auster sind der Zufall, die Einsamkeit und die Suche nach Identität ebenso typische Themen wie New York oder die Welt der Literatur. Aber der Roman «Sunset Park», benannt nach dem heruntergekommenen Häuserblock in Brooklyn, ist vor allem eines: eine Metapher für den Verlust.
Vor sieben Jahren hat sich der junge Miles Heller aus New York abgesetzt. Damals beschloss er, sein Zuhause und seine Eltern hinter sich zu lassen - und vor allem jenen Ort und jene Zeit, die sein Leben dramatisch veränderten: Damals starb sein Halbbruder Bobby bei einem Unfall, für den Miles sich schuldig fühlt.
Zwangsgeräumte Häuser
Die Flucht aus New York führt ihn zunächst nach Florida, wo er durch einen Zufall die junge Pilar kennenlernt. Als die Beziehung zu der Minderjährigen ihn ins Gefängnis zu bringen droht, flieht er erneut: Er geht zurück nach New York und zieht in das verlassene Haus in Sunset Park.
Hier trifft Miles drei andere junge Menschen, deren Leben ähnlich wie seines geprägt sind von Scheitern, Tragik oder Schuld. Jeder von ihnen versucht auf seine Art, die Erinnerung an eine Welt zu bewahren, die längst nicht mehr existiert: Miles fotografiert in zwangsgeräumten Häusern Objekte, die die verschuldeten Besitzer zurückgelassen haben. Ellen ist eine frustrierte Malerin, die von erotischen Fantasien besessen ist. Alice eine Expertin für das amerikanische Kino der 1940er-Jahre. Und der Jazz-Musiker Bing repariert Gegenstände, die niemand mehr braucht.
Mit gewohnter Präzision beschreibt Auster jede Person und verwebt ihre Leben geschickt zu einer spannenden Geschichte, die den Leser bis zur letzten Seite fesselt. «Sunset Park» ist ein düsteres Buch, das Auster schon vor drei Jahren schrieb, während der Immobilienkrise in den USA. Es beschreibt die Verzweiflung einer Generation, die zwar keinen Krieg erlebt hat, aber dennoch durch eine Welt am Rande des Zusammenbruchs irrt. Letztlich dokumentiert der Roman das Scheitern einer ganzen Gesellschaft.
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