Brillanter Marco OdermattUnd wieder lässt er die Konkurrenz staunend zurück
Der Nidwaldner gewinnt in Val d’Isère auch den zweiten Riesenslalom der Saison – trotz spezieller Vorbereitung und schwierigen Bedingungen.

Manchmal kann ein Blick zurück aufschlussreich sein. Ziemlich genau drei Jahre ist es nun her, seit in Val d’Isère letztmals ein Riesenslalom stattgefunden hat. Der Sieger? Natürlich Marcel Hirscher. Der Überfahrer dominierte in seiner letzten Saison nochmals nach Belieben. Doch an jenem 8. Dezember 2018 schafften es auch zwei Schweizer in die Top 10: Loïc Meillard (5.) und Marco Odermatt (7.). Ein paar Tage zuvor wurde Thomas Tumler in Beaver Creek mit Startnummer 49 überdies sensationell Dritter. Die jungen Wilden unterstrichen damit ihre Ambitionen in jener Disziplin, in welcher die Schweizer über sieben Jahre auf einen Podestplatz warten mussten.
Tempi passati.
An diesem Samstag in Val d’Isère zeigt sich eindrücklich, wie sich die Dinge geändert haben. Odermatt gewinnt auch den zweiten Riesenslalom der Saison, Meillard (7.) und Justin Murisier (9.) schaffen es in die Top Ten, insgesamt holen sechs Schweizer Weltcuppunkte.
«Die schlechteste Vorbereitung, die ich je hatte»
Und natürlich steht Odermatt über allen. Für den Nidwaldner scheint im Moment kein Hindernis zu gross, keine Herausforderung zu schwierig. «Jeder Sieg hat eine spezielle Geschichte», sagt er im SRF-Interview. Er erwähnt die Vorbereitung, «die schlechteste, die ich je auf ein Rennen hatte». Zuletzt war Odermatt in Nordamerika, holte in den beiden Super-Gs von Beaver Creek Platz 1 und 2 und verblüffte in der Abfahrt von Lake Louise mit Rang 4. «In den letzten zwei Monaten stand ich praktisch nur auf den langen Ski», sagt er.
Hinzu kommt das Wetter: Weil in Val d’Isère rund 50 Zentimeter Neuschnee fallen, müssen zuerst Lawinen gesprengt werden, ehe die Helfer die Piste präparieren können. Weil sie dafür auch Maschinen einsetzen müssen, präsentiert sich die Unterlage entsprechend unruhig. Und das macht die Face de Bellevarde, welche für die Athleten per se eine Herausforderung ist, noch unberechenbarer.
Als die Besten am Nachmittag ins Geschehen eingreifen, ist der Himmel nach kurzen Aufhellungen wieder bedeckt. Wie tückisch das sein kann, demonstriert Filip Zubcic – der Dritte des ersten Laufs scheidet nach einem Rutscher aus. Weitaus besser gelingt der «Blindflug» Alexis Pinturault. Der Lokalmatador und Gesamtweltcup-Sieger der letzten Saison büsste in der Ouvertüre knapp drei Zehntel auf Odermatt ein, nun setzt er ihn mit einem souveränen Auftritt unter Druck.
Auf einer Stufe mit Paul Accola
Und wie reagiert dieser? Fulminant! Odermatt gelingt die fünftbeste Laufzeit, letztlich distanziert er Pinturault um sechs Zehntel, dem drittplatzierten Manuel Feller nimmt er gar über einer Sekunde ab.
Angesichts seiner Erfolge und der Selbstverständlichkeit, mit welcher er diese erringt, geht manchmal glatt vergessen, dass Odermatt erst 24 ist. Mit nun sieben Weltcupsiegen steht er in der Schweizer Bestenliste auf derselben Stufe wie Joël Gaspoz und Paul Accola, der nicht nur wegen seiner sportlichen Leistungen (Gesamtweltcup-Sieger und Olympia-Bronzemedaillengewinner) Legendenstatus erlangte.
Odermatt sagt: «Ich bin überrascht, wie es im Moment funktioniert. Das musst du geniessen, so einen Flow hast du nicht immer.» Es ist nicht zuletzt die Bescheidenheit, welche diesen Ausnahmekönner auszeichnet.
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