Das neue deutsche Wirtschaftswunder
Deutsche Exportunternehmen haben letztes Jahr trotz Schuldenkrise und schwächelnder Weltkonjunktur erstmals die Billionen-Grenze geknackt. Für den Boom Deutschlands gibt es drei zentrale Gründe.

Der deutsche Autobauer Daimler brilliert im Geschäftsjahr 2011 mit Rekordwerten seiner Firmengeschichte. Das Vorzeigeunternehmen aus Stuttgart erzielte bei einem Umsatz von 106,5 Milliarden Euro einen Gewinn von rund 6 Milliarden. Daimler gehört zu den deutschen Unternehmen, deren Geschäfte mit anderen Ländern im vergangenen Jahr so gut gelaufen sind wie nie zuvor. Der Wert der exportierten Produkte «made in Germany» knackte 2011 erstmals die Billionen-Grenze. Das entspricht einer Zunahme von 11,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Längst sprechen Experten im In- und Ausland von einem neuen deutschen Wirtschaftswunder, wie die «Süddeutsche Zeitung» berichtet. «Die deutsche Wirtschaft stösst in eine neue Dimension vor», heisst es weiter – vielleicht gar zu euphorisch. Doch die Bundesrepublik sei auch einer der grössten Profiteure der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise.
Wachsende Nachfrage aus Schwellenländern
Und tatsächlich: Deutschland steht nach zwei Jahren aussergewöhnlich hohen Wachstums auch noch 2012 gut da, obwohl der Eurozone insgesamt eine Rezession droht. Das zeigen auch andere Zahlen: 41 Millionen Deutsche haben einen Job. Die Arbeitslosenzahl sank auf unter drei Millionen und damit auf den niedrigsten Stand seit 20 Jahren. Es gibt im Wesentlichen drei Gründe, die den deutschen Boom erklären.
Was die deutsche Wirtschaft antreibt, ist vor allem die wachsende Nachfrage aus Schwellenländern in Asien und Südamerika. So legten die Exporte deutscher Firmen ausserhalb Europas mit einem Plus von 13,6 Prozent besonders stark zu. Dies liegt insbesondere am Umstand, dass Länder wie Russland, China, Brasilien oder Indien derzeit Milliarden in ihre Energiewirtschaft, Verkehrsnetze und modernere Fabriken investieren, wie die «Süddeutsche» schreibt. «Profiteure sind Mittelständler oder Grosskonzerne vor allem aus Deutschland, die Know-how und Technik liefern können.»
Arbeitsmarktreformen und der Euro
Der deutschen Wirtschaft kommen auch die Arbeitsmarktreformen im vergangenen Jahrzehnt zugute. Löhne und Lohnkosten stiegen in Deutschland zuletzt kaum, oder sie sanken sogar – im Gegensatz zu fast allen anderen europäischen Volkswirtschaften. Damit sind deutsche Waren im Vergleich zur internationalen Konkurrenz billiger geworden. «Zu Beginn des Jahrtausends hatte die Industrie die Produktivität gesteigert, umgestellt und rationalisiert», kommentiert die «Rhein-Zeitung» (Artikel online nicht verfügbar). «Umstrukturierungen und Lohnzurückhaltung machten deutsche Firmen im Ausland so wettbewerbsfähig, dass viele Konkurrenten in die Knie gingen.»
Nicht zuletzt profitiert die deutsche Wirtschaft nach wie vor stark vom Euro – trotz aller Turbulenzen um die Gemeinschaftswährung. «Die Eurorettung mag viel kosten, doch bei einem Aus des Euro und einer Wiedereinführung der D-Mark würden sich die deutschen Waren um schätzungsweise 40 Prozent verteuern», meint die «Süddeutsche Zeitung».
Rückgang der Exporte nach zwei Boomjahren
Dass der deutsche Boom anhalten wird, ist eher unwahrscheinlich. Denn im Dezember des Rekordjahrs 2011 fielen die Exporte überraschend deutlich um 4,3 Prozent. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag rechnet damit, dass sich das Wachstum 2012 – nach zwei Boomjahren in Folge – halbieren wird. Das grösste Problem für die deutsche Wirtschaft sind die Euroländer, in die rund 40 Prozent der deutschen Exporte gehen – die Aufträge von dort sind im Dezember 2011 um fast sieben Prozent eingebrochen.
Artikel mit Material der Nachrichtenagenturen SDA, DAPD und AFP.
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