Das letzte Wüstenversteck
Noch immer fehlt von Muammar al-Ghadhafi jede Spur. Wo versteckt sich der ehemalige Machthaber? Die Rebellen glauben, dass er sich in der Wüstenstadt Bani Walid aufhält. 200 Pickups sind unterwegs dorthin.

Truppen der neuen Führung in Libyen sind heute auf die Wüstenstadt Bani Walid vorgerückt. Die Ghadhafi-Gegner brachen am Morgen mit rund 200 Fahrzeugen auf. Es handelte sich dabei vor allem um Pickup-Trucks mit teils schweren Waffen auf den Ladeflächen. Ein Kommandant bezifferte die Truppenstärke auf rund 600 Mann. Der Konvoi startete demnach von der Küstenstadt Misrata aus und legte ungefähr die Hälfte der Strecke nach Bani Walid zurück.
Die Rebellen wollen die letzten Ghadhafi-Hochburgen einkesseln. Der Vorsitzende des Nationalen Übergangsrats, Mustafa Abdul Dschalil, erklärte, dies gelte für die Orte Sirte, Bani Walid, Dschufra und Sabha. Die Belagerung solle bis zum Ablauf eines Ultimatums in der kommenden Woche aufrechterhalten werden.
Zeichen stehen auf Blutvergiessen
Gerüchten zufolge könnten sich Ghadhafi und mehrere seiner Söhne in Bani Walid versteckt halten. Vieles spricht dafür: Es ist eines der letzten Widerstandsnester. In Bani Walid stehen die Zeichen auf Blutvergiessen. Ghadhafi-treue Anhänger wollen die Wüstenstadt gegen die Rebellen um jeden Preis verteidigen, berichtete gestern der arabische Nachrichtensender al-Jazeera. Die Rebellen verlängerten inzwischen das Ultimatum für eine Übergabe der Stadt um eine Woche auf nächsten Samstag – es könnte die letzte Woche von Ghadhafi in Freiheit sein.
Der untergetauchte Diktator gab am Donnerstagabend zu verstehen, dass er nicht aufgeben will. Er hat über zwei verschiedene Audio-Botschaften zu seinen Anhängern gesprochen. «Wir werden in jedem Tal, in jeder Strasse, in jeder Oase und jeder Stadt kämpfen», habe Ghadhafi mit Blick auf die Stämme in seiner Geburtsstadt Sirte und der Wüstenstadt Bani Walid gesagt. Teile seiner Familie sind letzte Woche nach Algerien geflüchtet. Von Ghadhafi selbst fehlt aber immer noch jede Spur.
Gelände mit vielen Bauernhöfen
Als Zufluchtsort bietet sich Bani Walid gut an. Es liegt 150 Kilometer südlich der Hauptstadt. Bani Walid ist von Tripolis aus schnell über eine direkte Verbindungsstrasse zu erreichen. Wie «Spiegel online» schreibt, sei das Gelände mit den unzähligen Bauernhöfen sehr unübersichtlich. Die Stadt erstrecke sich über viele Kilometer. Die algerische Grenze liegt nicht allzu weit entfernt.
Ein «Guardian»-Journalist beschrieb in einem Artikel Ende März die Stadt so: «Bani Walid sieht aus wie jede andere Stadt in Libyen, mit seinen Häusern aus Betonstein, den unbefestigten Strassen und den rieseigen Ghadhafi-Plakaten an den Wänden.»
Wie loyal ist Bani Walid?
In Bani Walid herrscht der Warfalla-Stamm. Er ist mit gut einer Million Angehörigen einer der grössten Stämme Libyens. Zusammen mit Ghadhafis Stamm Gaddafa galt er als treue Stütze des Regimes. Die Mitglieder wurden mit lukrativen Posten im Sicherheitsapparat und im Militär versorgt, wie «Spiegel online» schreibt.
Doch seit den frühen neunziger Jahren sei das Verhältnis zwischen den beiden Stämmen auch von Rivalität geprägt. Wo Bani Walid heute wirklich steht, ist unsicher. Ein AP-Reporter sprach mit dem 22-jährigen Aufständischen Marwan Tantoun über die Stadt. «Manche Leute unterstützen uns in Bani Walid, andere stehen auf der Seite von al-Ghadhafi, weil sie von ihm Geld bekommen», sagt er.
Ein anderer Rebell mit Namen Ahmed Belhaj sagt hingegen: «Jeder in Bani Walid ist ein Ghadhafi-Anhänger.» Er ist sich sicher, dass die «schwache» Stadt sogleich fällt, wenn die Aufständischen Sirte erobert haben.
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